Nordwand - "Nieberl/Klammer-Führe"
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Routen Details:
Seekarlspitze 2240 m. Erster Aufstieg über die Nordwand direkt aus dem Ampmoosboden.(Joseph Klammer und Joseph Nieberl, am 26. September 1909.)
Von der Ampmoosalpe feilt etwas rechts (westlich) von der Falllinie des Gipfels der Seekarlspitze in deren Nordwand eine Felskulisse auf, welche im oberen Teile einen deutlich erkennbaren Kamin bildet und mit kleiner Terrasse abschließt. Oberhalb derselben ist von ebenda ein zweiter Kamin sichtbar.
Unsere Absieht war, genannte Terrasse zu gewinnen. Wir stiegen zu diesem Zwecke, von der Alpe zuerst etwas absteigend, nach rechts über Geröll zum Fuße der Wand empor, um bei der Felskulisse einzusteigen. Links eine schwarze, wasserüberronnene, senkrechte Wandpartie. Über anfangs brüchige, schwierige und sehr steile Wandstufen (von Steinschlag weißgeschlagen) etwa 85 m gerade empor zu einem kleinen Geröllfleck, hier 5 m horizontal nach links in einen senkrechten Riß und durch ihn auf eine von der Wand getrennte Plattentafel. Kurze Traverse nach links auf einen plattigen Vorbau (Gufel), auf diesem wieder einige Meter nach Westen und dann durch eine kurze Rinne etwas absteigend auf einen kleinen Standplatz. Von da außergewöhnlich schwere und exportierte Traverse ca. 8 m nach rechts (dieselbe bewegt sich an plattiger, für Hand und Fuß kaum das notwendigste bietender Wand), um mit weitem Spreizschritt in einen schräg nach rechts aufwärts ziehenden, moorigen Einriß zu gelangen. In diesem etwa 16m sehr anstrengend empor, bis er in einen Kamin übergeht; über einen eingeklemmten Block auf einen Geröllfleck. Der Kamin hat nun in seiner Fortsetzung vier sehr schwere Überhänge unmittelbar hintereinander, ungemein anstrengend, der letzte Überhang von äußerster Schwierigkeit. Somit war die anfangs erwähnte kleine Terrasse gewonnen. (2 Stunden und 40 Minuten zu nicht ganz 100 m.)
Hier setzen zwei Kamine an; wir stiegen im rechten, kürzeren der linke dürfte ungangbar sein) 20 m schwierig empor, das Schlußstück bildet ein sehr schwerer Überhang. Wir kamen auf anfangs begrüntes, sehr steiles, schweres und gefährliches Schrofenterrain, welches wir etwa 70 m weit emporkletterten. Westlich folgen in kurzen Zwischenräumen mehrere Plattentafeln, die mit der Wand kaminartige Verschneidungen bilden. Wir kletterten teils auf ihrer Kante, teils schlüpften wir im Grunde der Verschneidung hindurch. So gelangten wir in sehr interessanter Kletterei über weitere Schrofen in eine Art Wandfalte, welche weder Griffe noch Tritte bietet und nur durch Druck gegen die Wand sowie durch Verklemmen des linken Fußes überwältigt werden kann; äußerst schwierig und exponiert. Diese schräg in die Wand eingerissene Wandfalte setzt sich gegen Osten in ein die ganze Nordwand schräg nach links aufwarte ziehendes, vielleicht 200 m langes, scheinbares Band fort. Der passendste Ausdruck für dieses eigenartige Gebilde ist vielleicht — geologisch gesagt — Schichtenlinie; denn von einem Bande gewöhnlicher Art kann wegen vollständigen Mangels eines Bandbodens nicht die Rede sein. Wir verfolgten diese Schichtenlinie ungefähr 25 m lang, winzige Haltepunkte für Hand und insbesondere für Fuß, teilweise freihangelnd, ganz außergewöhnlich schwer und anstrengend, furchtbar exponiert. Wegen einfallenden Nebels und Gewitters mußten wir den Gedanken, die Schichtenlinie in ihrer ganzen Lange bis unter die Gipfelfallinie zu verfolgen, aufgeben — jedenfalls eine höchst interessante und seltene Arbeit — und strebten dem Westgrate zu, den wir in kurzer Zeit durch einen sehr schweren Riß unterhalb des Gipfels erreichten.
6 Stunden vom Einstiege. Die Wand ist über 400 m hoch, ddurchschnittlich70-80° geneigt, teilweise senkrecht; eine eigentliche Gliederung fehlt ihr, Gestein gut. Außergewöhnlich schwere und ausgesetzte Kletterei.
Quelle: 14. Jahresbericht der Sektion Bayerland des DÖAV 1909, Seite 88-90
Datum erste Besteigung:
26.09.1909
Gipfel:
Seekarlspitze
Erste(r) Besteiger(in):
Klammer Joseph
Nieberl Joseph