Südwestgrat

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Routen Details:
Der erste Ersteiger der Vertainspitze 3541 m. ist Julius Payer. 1) Um möglichst frühzeitig auf dem Gipfel anzulangen und für die topographischen Arbeiten daselbst genügend Zeit zu erübrigen, beschloss er, im Rosimthale zu bivouakiren, und verliess am 27. August 1865 mit den Führern J. Pinggera und Veit Reinstadler, zu denen sich noch ein Träger gesellte, um 5 Uhr nachmittags Sulden. Bei den Gampenhöfen stiegen sie die dünnbewaldeten Hänge nach Osten hinauf und kamen dann, quer über die Bergflanke traversirend, zu einem Absatze des Rosimthales, dem Rosimboden. Nachdem sie sich hier mit Holz versehen hatten, wanderten sie bis zur Waldgrenze hinauf (7 Uhr) und übernachteten daselbst unter einem Felsen. Am nächsten Morgen brachen sie mit Ausnahme V. Reinstadler's, welcher auf dem Bivouakplatze zurückgelassen wurde, um 4 Uhr 30 auf. Ihr Weg führte in nordwestlicher Richtung am Hang der Rosimwände hin zu deren Gratkamm hinauf, welcher sodann in nordöstlicher Richtung so lange verfolgt wurde, bis das Rosimjoch genau im Osten stand, worauf nach rechts abbiegend die Südflanke der Vertainspitze gequert und der vom Rosimjoch nach Nordwesten führende Grat gewonnen wurde. Über die Blöcke, welche den obersten Teil des Berges ausmachen, erreichten sie, von Block zu Block klimmend, um 7 Uhr 45 den Gipfel. Nach 2stündigem Aufenthalte wurde die Spitze wieder verlassen und unter derselben sogleich über den Firnhang abgestiegen, welcher sich vom Südostgrat nach Süden herabzieht. Über die zertrümmerten Steilhänge wurde der Nordrand des Rosimferners gewonnen und längs demselben, als sich dessen Steigung mehrte, auf der rechten Seitenmoräne der Rosimboden um 1 Uhr erreicht.
Eine Variante des Payer'schen Weges führten E. Calberla aus Leipzig und H. Tappeiner aus Meran mit Peter Dangl am 9. September 1869 aus. 2) Sie brachen um 7 Uhr von Sulden auf, folgten bis auf den Rosimboden der Route Payer's, wichen aber hier von derselben ab, indem sie den Felsgrat der Rosimwände weiter verfolgten und erst kurz unterhalb des Gipfels nach Traversirung des Südhanges auf die Payer'sche Route kamen und um 11 Uhr 45 die Spitze erreichten. Der Unterschied bestand also darin, dass sie den Südwestgrat der Vertainspitze etwas länger verfolgten als der erste Ersteiger.
Ein Weg, welcher bei Ersteigungen der Vertainspitze öfters gewählt wurde, führt vom linken Ufer des Zaythales über die Nordwesthänge des vom Gipfel der Vertainspitze nach Südwesten herabziehenden Absenkers auf die Südschulter und über den flachen Trümmerrücken zum Gipfel.
Theodor Harpprecht und P. Dangl waren es, welche am 13. August 1873 zuerst auf dieser Route den Gipfel erreichten, 3) worauf im selben Jahre O. Schück und H. Römmel aus Köln mit dem gleichen Führer am 21. September folgten. 4) Im Jahre darauf erstieg M. von Frey aus Salzburg vom Zaythale aus die Vertainspitze ohne Führer.
Durch die steinige Rinne, welche, von Sulden aus gut sichtbar, in die Einschartung zwischen den beiden Gipfeln der Vertainspitze hinaufzieht, bewerkstelligte E. Suchanek aus Wien mit Josef Reinstadler am 20. August 1881 5) einen directen Aufstieg, welchen R. Mitscher aus Berlin am 17. September 1881 mit P. Dangl wiederholte.6)
Eine Variante dieses Aufstieges führten A. von Krafft, Dr. R. Kiesewetter aus München und Dr. C. Bröckelmann aus Wiesbaden am 8. August 1891 aus, indem sie rechts von dem Couloir über die steilen, ungünstiger Verhältnisse wegen grösstentheils schwierigen Felsen zum Punkt 3389 der A.-V.-Karte emporkletterten und von dort über den Südgrat die Spitze erstiegen.7)

1) Petermann, Geogr. Mitth. 3867, Erg.-Heft Nr. 18, 7.
2) Zeitschrift des DÖAV Band II.
3) Tourist 1873, 392.
4) Tourist 1873, 422.
5) Österreichische Alpenzeitung. 1881, 274.
6) Dangl's Führerbuch.
7) Mitteilungen des DÖAV 1891, 267.

Quelle: Auszug aus Eduard Richter: Erschließung der Alpen, Band II, Seite 126-127


Datum erste Besteigung:
28.08.1865
Gipfel:
Vertainspitze (Cima Vertana)
Erste(r) Besteiger(in):
Payer Julius
Pinggera Johann