Gesamter Westgrat

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Routen Details:
Neues vom Kaunergrat.
Von Karl Berger in Innsbruck.
Madatschspitze. (I. Ersteigung am 17. August 1903.)
Watzespitze ülber den Westgrat. (I. Begehung am 18. August 1903.)



Wir gingen an der Südseite des Grates vor und kamen flink weiter, weil wir gewöhnlich gleichzeitig stiegen. Nur einzelne Stellen, eisige Bänder und sicheren Haltes barer Fels hielten uns etwas auf. Auf dem Punkte 3403 fanden wir den Steinmann der ersten Ersteiger,
dreier Herren aus München, die von Norden durch eine Eisrinne heraufgekommen waren; ihr Anstieg ist wahrscheinlich schwieriger als der unsere. Nun übersahen wir den ganzen Grat; er ist anfange waagrecht und prangt im Wechsel glanzvoller Wächten und dunkler Türme, dann krümmt er sich in überhangenden Gebilden, wie ein Hahnenkamm, zum Gipfel auf; infolge der vielen Hindernisse, die uns von ihm schieden, war die Vorstellung, ihn vor Anbruch der Nacht zu erreichen, schwer zu gewinnen. Allein die Erfahrung ließ auch nicht einmal die
Versuchung aufkommen, umzukehren. Nun wurden wir beständig in Spannung gehalten. Ein Turm nach dem andern stellte uns scheinbar glattes, rotbraunes Gemäuer in den Weg; vergeblich! Dem einen kamen wir auf Schleichwegen in die Flanke und erklommen ihn an ihr
durch überhängende Spalte, den anderen gingen wir auf seiner Stirnseite an. Und wie sich so alles Unmöglichscheinende ergab, da wurden wir übermütig; da freute uns der furchtbare Sturm, der uns manchmal an die Felsen drückte, daß die Arme entlastet wurden und gleich darauf wieder unsere ganze Kraft in Anspruch nahm. Wir fühlten uns mit Wonne unserer Aufgabe voll gewachsen. Rasch nahten wir dem Gipfel, weit rascher, als wir geglaubt hatten. Nun hielten wir uns mit dem linken Arme, wie an einem Geländer, an einer Wächtenwölbung, die nicht gangbar war, und traten mit den Füßen tief in den steilen Schnee. Dann mußten wir an dünnen, stufenweise an hoher Wand niederführenden Leisten auf den jähen Firn hinab, der von Süden heraufreichte. Auf einem wagrechten Gratstücke war Hechus nahe daran, von einem unerwarteten Windstoße in die Nordwand hinausgeschleudert zu werden.
Uns zur Rechten lag das reine Firnfeld, das zwischen Süd- und Nordgipfel herabzieht und mit seinen Furchen aussah, wie ein von oben nach unten gespanntes Tuch. Der Südgipfel überhöhte uns nicht mehr viel, doch standen wir nun an der dem Hauptgipfel vorgelagerten Turmgruppe, die vom ganzen Anstiege das Fraglichste zu sein schien.
Wir wurden in die Nordwand hinausgedrängt. An scharfkantig angebrochenem, teils überhängendem Fels hingen wir über Eisfluchten. und Platten. Etwa 100 m von der Wand überschauten wir; ihre tieferen Teile verbargen sich uns unter Überhängen. Es blieb uns die Wahl, entweder in eine schmale Scharte hinaufzusteigen oder einem großen, losen Blocke zu trauen, von dem wir glaubten, auf der Nordseite ein Stück weiter und dann hinauf zum Grat zu kommen. Wir taten das erstere. Einer nach dem andern nahm im Reitsitze die Scharte
ein, durch die der eisige Sturm raste wie ein wildes Tier. Mit Selbstüberwindung hieß es ausharren in dieser Lage und ruhig das Seil handhaben. Einer nach dem andern hangelte an der Südseite an bauchigem Fels hin, mit den Händen krampfhaft in einem wagrechten Spalte weitergreifend. Die Griffe waren groß, allein für diese Übung fast zu flach. Doch Gefahr war keine, weil die Sicherung nicht besser sein konnte. Nun hielt uns nichts mehr auf. Ungeduldig, rascher wurde unsere Bewegung. Den Gipfel hatten wir früher fast wie etwas Unerreich¬
bares betrachtet und nun wir ihm nahe waren, wurde die Geduld von der Freude gebrochen. Vom Punkt 3403 bis zum Gipfel hatten wir 4 Stunden gebraucht.

Quelle: Miteilungen des DÖAV 1905, Seite 161 - 164 (Auszug aus dem Artikel von Karl Berger)

Datum erste Besteigung:
18.08.1903
Gipfel:
Waze (Hauptgipfel)
Erste(r) Besteiger(in):
Berger Karl (Innsbruck)
Franzelin Eduard
Hechenbleikner Ingenuin