Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
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Staat(en):
Deutschland
Österreich
Gebirgsabgrenzung:
Loisach bis Garmisch-Partenkirchen -- Kankerbach -- Kranzbach -- Isar bis Scharnitz -- Drahnbach -- Seefelder Sattel -- Niederbach -- Inn -- Gurglbach -- Nassereith -- Fernpaß -- Ehrwald -- Loisach
1. Winterbegehung des Waxensteingrates.
Leise rieselt der Schnee. Um 5 Uhr abends kommen wir mit der Bahn am Schneefernerhaus an, von wo wir zu Fuß das Münchener Haus am Gipfel erreichen wollen. Nur 300 m Höhenunterschied sind zu überwinden. Am Hang besteht Lawinengefahr, und so beabsichtigen wir den Grat auf dem kürzesten Weg zu erreichen. Nach Überwindung einiger Schwierigkeiten, bedingt durch den Grenzübergang, gelangen wir kurz vor Mitternacht endlich am Münchener Haus an. Alles befindet sich in tiefem Schlaf. Der Wind tobt hier noch stärker. Glücklich sind wir, die erste Hürde genommen zu haben. Ein äußerst liebenswürdiger junger Herr im Postobservatorium nahm uns auf und bringt heißen Kaffee. Am Morgen sehen wir noch in die Bundestagsdebatte am Fernsehschirm hinein. Gespannt empfindet man so etwas als besonderes Erlebnis.
Das Seil um die Brust geschlungen, beginnen wir am nächsten Tag mit der großen Fahrt. Der Grat von der Zugspitze bis zum Waxenstein ist unser Ziel. Bisher war er im Winter noch unbegangen. Man hatte uns schon vorher unüberwindliche Schwierigkeiten prophezeit. Das Wörtchen „unüberwindbar“ ist jedoch sehr relativ, und uns schreckt es nicht ab. Herrlich glitzert der Schnee in der Morgensonne, und grandios offenbart sich die weite Winterlandschaft vor uns. Das Tal wird durch ein einheitliches, mit dem Auge undurchdringliches Wolkenmeer zugedeckt, welches von unzähligen Gipfeln durchstoßen wird. Das Spiel von Schatten, Licht und auseinanderstiebendem Pulver ist berauschend. Wäre es nicht schöner, sich jetzt in die Sonne zu legen, sich zu aalen und zu genießen, statt aufmerksam nach dem Weiterweg Ausschau halten, jede Sicherungsmöglichkeit ausnützen, jede neue Schwierigkeit überlisten und sich außerdem noch beeilen? Es ist eine Art Arbeit, die man sich freiwillig aufbürdet, bei der man nur wenig Zeit findet, zu staunen oder gar sich der Muße zu widmen. Auf messerscharfem Grat, immer direkt auf ihm, oft von riesigen Wächten überlagert, schieben wir uns Meter um Meter vorwärts. Wenn es gar nicht mehr anders geht, reiten wir einfach. Es ist fast reine Schnee- und Eisarbeit. Felskletterei kommt nur selten vor. Wo sie vorhanden ist, sind die Steine, obwohl starker Frost herrscht, so wackelig und brüchig, daß einem einfach jeder Griff und Tritt auszubrechen droht. Spät am Abend beziehen wir das erste Biwak. Ein tiefes Schneeloch sowie eine gute Ausrüstung lassen uns die Nacht gemütlich vergehen. Der nächste Tag bringt das härteste Stück Arbeit. Drei Stunden brauchen wir für eine einzige Seillänge.
Senkrechtes Eis, darunter nicht nagelbarer Fels und darüber eine etwa zwei Meter ausladende Gratwächte bilden die Schwierigkeit. Auch die nächsten Seillängen sind noch schwer. Zu erwähnen wäre hier noch eine etwa 6 m hohe Steilstelle, die sich Fred, mein Bruder, am Seil herunterläßt. Zum Abseilen ist nichts vorhanden, so
mache ich es ganz kurz, indem ich nämlich in die Gratwächte herunterspringe; diese bricht ab, Fred hält und zieht mich zum Stand.
Vom Riffelkopf, dem letzten Ausläufer der Riffelzacken, eilen wir dann schnell gegen das Höllental. Mittlerweile ist die Nacht eingebrochen. Mir ist der Abstieg völlig unbekannt. Mein Bruder war ihn vor wenigen Monaten gegangen, doch jetzt im Winter hatte sich das Bild so verändert, daß er auch nur noch raten kann. An über 80 Grad geneigten Latschenhängen versuche ich abzusteigen. Umsonst; eine warme Nacht in der Höllentalhütte bleibt sehnlicher Wunsch. Zu allem Unglück löst sich mir noch der Schneereifen und fällt hinab. Nichtsdestotrotz steigen wir wieder an, bis wir etwa um Mitternacht unterhalb des Schönecks angelangt sind. Das Wetter hat sich sehr verschlechtert. Der Frost hat nachgelassen, und schwerer Schnee fällt in dichten Flocken herab. Schnell graben wir uns direkt unter dem Fels ein Biwakloch. Die Stelle ist ungünstig. Trotzdem bleiben wir hier; ich traue mich nicht einmal herauszutreten. Immer wieder geht eine Lahne über uns hinweg. Oberhalb befindet sich ein kleines steiles Schneefeld, das uns dauernd den Segen herunterschickt. Gefährdet sind wir dadurch nicht. Der Schneestaub dringt in alle Fugen ein, so daß wir bald naß wie Wasserratten sind. Alles ist einfach naß, sogar die Schlafsäcke. Das Gepäck in der Frühe ist doppelt bis dreifach so schwer. Der Schlafsack läßt sich zu einer Wurst zusammendrehen und wie ein Aufwischlappen auswringen. Trotz der guten Ausrüstung sind wir eben doch noch nicht genügend gut gewappnet. Vor allem wäre statt des Zeltsackes ein Zeltsackzelt nötig. Im Sommer hatten wir so etwas mit. Es wiegt nur 300 g mehr als der Sack und hat den großen Vorteil, daß es wesentlich geräumiger ist. Es liegt mit seiner Oberfläche nicht am Körper an. Dadurch wird verindert, daß das Kondenswasser in die Kleider eindringt. Außerdem ist im Sack für Schuhe und Rucksack viel zu wenig Platz. Unsere Schuhe sind in der ersten Nacht so steifgefroren, daß sie nur mit äußerster Gewalt wieder anzuziehen waren.
Tagsüber hört es zu schneien auf, doch diesig bleibt es weiter. Noch einige kurze schwierige Stellen, dann stehen wir am Gipfel des Großen Waxensteines. Die Mittagsscharte nach Grainau zu sieht unpassierbar aus. Dauernd fegen hier Lawinen hinab. Ins Höllental weiß ich den Abstieg noch vom vorigen Winter. Ferner wollen wir unsere durchweichten Kleider trocknen, und das geht wohl am besten in der Höllentalhütte. Der Weg ist bis zur Hälfte leicht, im unteren Teil aber gefährlich. Der ganze Wandteil wird von Lawinen überstrichen. Sämtliche Rinnen, Ritzen und Platten sind mit eishartem Schnee überschmirgelt. Nur eine halbe Seillänge noch, dann hätte ich wieder festen Boden unter den Füßen. Gerade rampfe ich mich mit meinen Steigeisen durch einen soeben von einer Staublawine durchstreiften Kamin, als von oben her der Ruf ertönt: „Ich fliege!“ Einen Augenblick später liegt mein Bruder etwa 35 m unter mir. Die vorige Lawinenrinne querend, glitt er aus und sauste etwa 70 m tiefer. Er rührt sich noch. Schnell trachte ich, aus der Lawinenbahn herauszukommen. Zur Hütte ist es nicht mehr weit. Da kommt auch schon so ein Ungeheuer, so mächtig, daß wir minutenlang im Staub eingehüllt sind. Bis auf einige Schürfverletzungen hat sich mein Bruder nur den Arm ausgekugelt.
Arg ist ein Stück an der Flanke des Kleinen Waxensteines, wo sonst ein herrlicher, bequemer Sommerweg führt, der aber jetzt überhaupt nicht mehr sichtbar ist. Auch hier ist der Schnee stellenweise eishart, so daß wir Stufen schlagen müssen. Es ist unglaublich, wie Fred dies alles mit einer Hand zu meistern versteht. Ich selbst gehe mit solcher Konzentration, daß vom Gewicht am Rücken nichts mehr zu spüren ist. Einige Stunden später erreichen wir Hammersbach. Heilfroh, wieder der Menschheit anzugehören, freuen wir uns schon auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation.
H. Mather
Quelle: Der Bergsteiger 1954-55, Heft 08 Mai 1955, Seite A 114-115
Wettersteingrat von Mittenwald zur Zugspitze über 38 Gipfel
Erste Winterbegehung
Ein langer, langer Weg ist dies, und über 38 Gipfel führt er. Schon mehrmals wurde der Wettersteingrat im Winter angegangen und stückweise auch überklettert. Auch wir träumten seit zwei Jahren von ihm, Zeitmangel und ungünstiges Wetter hatten bisher unsere Pläne vereitelt. Diesmal stand der Wettersteingrat fest auf unserem Wunschzettel, und alles war entsprechend vorbereitet.
Nach den Kaiserfahrten und hartem Training auf Wanderungen und Dauermärschen fühlten wir uns stark genug. Außerdem hatten wir Teilstücke des Grates schon im Herbst und im vergangenen Winter genau erkundet und vierzehn Tage vor Beginn der Fahrt an verschiedenen Stellen Blechdosen mit speziellem Proviant hinterlegt. Schnelligkeit schien uns am Grat ausschlaggebend zu sein. Dies setzte möglichst leichtes Gepäck voraus. Wir rechneten mit einem Zeitaufwand von fünf Tagen, also mit vier Biwaks. Wir errichteten Proviantlager in der Nähe der Meilerhütte am Dreitorspitzgatterl, in der Wangscharte, am Gatterl und am Zugspitzeck. Nur einige Grenzwachtkameraden waren unterrichtet, um notfalls eingreifen zu können, und unser alter Freund Fischer-Franzl. Ihn wollten wir vom Grat aus besonders grüßen, hatten wir doch vor, auf der Dreitorspitze bengalisches Licht anzuzünden (die Dose war das schwerste Stück unserer Ausrüstung; zudem brannte das Zeug nicht und flog schließlich in hohem Bogen in die Tiefe!).
Weihnachten ist vorüber. Am Dienstag, dem 27. Dezember 1955, ziehen wir am Spätnachmittag, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet, von Mittenwald los. Verwundert blickte man uns nach, und wer uns später durch die große Schneerinne zur Unteren Wettersteinspitze emporsteigen sah, wirr wohl den Kopf geschüttelt haben. Doch unser Ziel stand fest.
Am Grat empfängt uns schneidend kalter Wind. Dank der Großzügigkeit guter Freunde sind wir mit wattierten Anorak: und Hosen ausgerüstet. Deren hellblaue Farbe steht in leuchtendem Kontrast zur winterlichen Landschaft. In unserer Vermummung, mit großen Brillen und Gesichtsmasken kommen wir uns wie Berggeister vor. Nur mit meinen Schuhen hapert es. Ich konnte mich nicht entschließen, statt in meine mit Tricounibeschlag versehenen alten Treter in schöne hohe Doppelstiefel zu schlüpfen.
Es liegt viel Schnee. Um die Kälte weniger zu spüren, lege ich ein rasches Tempo vor. Nach der Überschreitung der Wetterköpfe beruhigt sich das rasende Blut etwas. Gleichmäßig stapfen wir auf Schneereifen dahin, Über die lang gestreckte Wettersteinwand führt nun der Weg. Nacht ist es geworden, und darin sehen wir beide, Hannes und ich, eine Besonderheit. Kein Stern ist zu sehen. Von der Zugspitze her ziehen uns schwere Wolken entgegen. Die Witterung ist nicht als besonders gut anzusehen, aber im Notfall können wir ja immer noch ins Tal absteigen.
Wir sehen die dunklen Konturen des Öfelekopfes und der Dreitorspitze. Die Nachtstunden sind hier oben am Grat voll besonderer Romantik. Es werden überschritten die Drei-Scharten-Köpfe, der Musterstein und die Törlspitzen, alles bei tiefem Schnee. Dann gibt es im Windschatten unserer alten Meilerhütte eine Brotzeit mit wunderbarem heißem Getränk. Dazu schnurrt der Kocher und vermittelt ein Gefühl von Behaglichkeit.
Das Wetter will am kommenden Tag nicht besser werden. Trotzdem entschließen wir uns, das folgende Gratstück bis zur Wangscharte anzugehen. Uns beiden ist ja jeder Schritt wohlbekannt, wenn auch im Winter mit erheblichen Veränderungen am Grat zu rechnen ist. Der Weiterweg über die Signalkuppe und die Dreitorspitze ist ein mühseliges und schwieriges Unternehmen und erfordert ganze Willenskraft. Nicht nur, daß der Wind an Stärke zunimmt, auch die Kälte wird immer empfindlicher. Nur langsam ist unser Vordringen. Das Gratstück zwischen Karlspitze und Schüsselkarspitze-Westgrat hatte ich mir im Herbst genauestens angeschaut, aber jetzt bei Nebel und Wind ist das Gelände schwierig und ungemein verändert. So finden wir nach vielen Stunden kaum den Abstieg zur Wangscharte und müssen zwei Abseilhaken schlagen. Eine Weile suchen wir nach unserer hier deponierten Proviantschachtel, dann ziehen wir weiter über den Ostgrat der Scharnitzspitze und deren Westgrat hinab. Es wird höchste Zeit, uns auf das erste Biwak einzurichten. Wohlgeborgen sind wir an windgeschützter Stelle unter zwei Zdarskysäcken. Eine lange und kalte Winternacht folgt. Frierend erwache ich um 4 Uhr. Es drängt mich zum Weiterweg, die Ungewißheit macht mich nachdenklich, doch die Wärme des Kameraden beruhigt mich wieder. Endlich kommt die für den Aufbruch festgesetzte Stunde. Für die ganze lange Fahrt hatten wir einen Stundenplan festgelegt, den wir möglichst einzuhalten versuchten.
Guter alter Oberreintalschrofen, wie viele schöne Stunden schenktest du mir schon! Die Überschreitung ist heute schwieriger, als ich dachte. Direkt am Grat bleiben wir, und wenn es sein muß, wird abgeseilt. Das Wetter ist gegen uns. Der Wind bringt leichten Schneefall, und dies gerade auf der längsten Gratstrecke. Die Erkundung dieses Gratstückes hatte Hannes im Herbst bzw. im Frühwinter als Aufgabe erhalten. Er kannte deshalb das Gelände besser als ich und führte auch hier. Es ist ein weiter, endlos erscheinender Weg. Heftiger Wind bläst von Südwesten her. Linksseitig sind wir vollkommen vereist. Bestens bewährt hat sich die mitgenommene Gesichtssalbe; man hat uns gesagt, daß sie nicht nur als Hautcreme, sondern auch als Brotaufstrich und zur Schuhpflege zu verwenden sei. Lang zieht sich die Überschreitung des Hinterreintalschrofens hin, endlich stehen wir auf dem Gipfel des Hochwanners. Die Windstärke verdoppelt sich. Hier ist nun wieder mein Gebiet, aber kaum finde ich weiter zum Kleinwanner. Wir umgehen ihn auf der Südseite und steigen mit Schneereifen mühsam zum Hohen Kamm hinauf. Es bleibt uns eben noch Zeit, eine Biwakhöhle im Wächtengrat herzurichten. Während Hannes nach der Proviantschachtel sucht, gestalte ich das Loch möglichst gemütlich aus. Wunderbar ist so eine Schneehöhle hoch oben am Berg! Wir fühlen uns geborgen und sind in bester Stimmung, nicht zuletzt wegen des feinen Inhalts der Schachtel. Der Kocher schnurrt, und fast die ganze Nacht sind wir mit dem Wechseln der nassen Kleider beschäftigt.
Am nächsten Morgen ist zunächst Beratungsstunde. Das Wetter ist unverändert. Wir wagen uns an das schwierigste Gratstück: die Überschreitung der Gatterlköple. Sonnspitzen und Plattspitzen, was seid ihr für herrliche Gebilde, im Winter aber ist der Weg schwierig und problematisch. Sehr langsam kommen wir vorwärts, im Auf- und Absteigen oft kaum einen Weiterweg findend, Doch damit hatten wir gerechnet und das Tagesziel entsprechend festgesetzt. Wo es geht, suchen wir Schutz vor dem Westwind und halten uns ostseitig am Berg. Schnaufpausen unter riesigen, drohenden Wächten folgen jetzt oft, dann wieder vollkommen vereiste, schwierigste Wandstücke, die alle Kraft verlangen. Am Wetterwandeck gibt ein Aufklaren den Blick nach Westen frei. Da — die mächtige Südwand! Großartig ihr Anblick! Schon wieder zieht Nebel darüber. Doch nun wissen wir wenigstens bestimmt, wo wir uns bewegen. Über eine Stunde rasten wir an geschützter Stelle. Äußerst schwierig ist der Weiterweg über die drei Wetterspitzen. Der Sturm pfeift eisig. Der Kamerad folgt kurz hinter mir wie ein Schatten. Große Wächten halten uns sehr auf. An der nördlichen Wetterspitze entdecken wir einen prächtigen Platz für das dritte Biwak. Es ist höchste Zeit. Wir sind stark vereist und auch hungrig. Also rasch eingegraben in den Schnee! Der Zdarskysack gibt wieder einmal besten Schutz. Nach harten Biwakstunden wird der auf-kommende Tag freudig begrüßt. Bald sind wir wieder auf dem Weg zum letzten Ziel. Schwierig ist der Aufstieg zum Schneelernerkopf, dann geht es auf dessen windgeschützter Ostseite weiter. Hinunter zur Scharte und auf dem Grat zum Zugspitzeck, wo die letzte Proviantschachtel auf uns wartet. Weiter geht's bei Nebel. Irgendwo unter uns muß das Schneefernerhaus sein. Orkanartig schwillt der Sturm an. Hannes führt. Plötzlich verliert er Boden unter den Füßen und stürzt nach Norden ab. Zum Glück nur wenige Meter. Ich bin knapp hinter ihm und kann ihn halten. Doch seine rechte Gesichtshälfte ist arg zerschlagen, das Nasenbein gebrochen. Mir zog das einschneidende Perlonseil einen Bluterguß in die rechte Hand.
Kurze Zeit später drückten sich zwei vollkommen vereiste Gestalten beim Gipfelkreuz der Zugspitze stumm die Hände. 82 Stunden nach dem Aufbruch! Im Schneefernerhaus dauert es lange, bis wir unter bester Obhut auftauen und uns wieder freuen und lachen können.
Frage niemand nach dem Sinn und Zweck solcher Unternehmungen. Freiwillig nehmen wir all die Strapazen und Entbehrungen auf uns, nicht ohne vorher jahrelang Erfahrungen gesammelt zu haben. Laßt uns diese Wege gehen, sie sind uns Bedürfnis und inneres Gesetz!
Georg Maier
Quelle: DAV Mitteilungen 1956, Heft 3, Seite 42-43
Aus dem Wetterstein-Gebirge
Eine großartige Leistung vollbrachten sechs bzw. fünf Mitglieder der AV-Sektion Oberland, München.
Albrecht Helmut, Bundsack Eduard, Jordan Manfred, Obster Reinhold, Wels Horst und Wolf Günter.
Sie bewältigten in der Zeit vom 15. bis 21. Februar 1959 erstmals zusammenhängend den Grat von der Barbarahütte zur Zugspitze (Jubiläumsgrat) und weiter über Schneefernerkopf, Hochwanner, Schüsselkarspitze, Leutascher und Partenkirchener Dreitorspitze, Meilerhütte, Musterstein, Wetterwand und Wetterspitzen nach Mittenwald. Einzelne Teile dieses gewaltigen Grates wurden schon Jahre zuvor im Winter überschritten. Am 15. Februar um 4.00 Uhr verließen die sechs Münchner die Barbarahütte. Bei der Überschreitung des Jubiläumsgrates verlor einer der Teilnehmer seinen Rucksack, der auf die Seite der Meilerhütte hinunterkollerte. Um 18.30 Uhr des gleichen Tages erreichten sie das Münchner Haus auf der Zugspitze, wo sie von Anselm Barth, dem Wirt, in Empfang genommen wurden.
Am folgenden Tag galt es, den verlorenen Rucksack zu suchen. Am 17. wurde die Überschreitung ohne den jungen Reinhold Obster fortgesetzt; er wollte von Anfang an nur den ersten Teil mitmachen. Nach dem Grat, der mit dem Schneefernerkopf das Zugspitzplatt umrahmt, gelangten die fünf Bergsteiger ins „Gatterl", wo sie ihr erstes Biwak bezogen. Schon im Dezember hatten sie sich drei Lebensmittel-Depots eingerichtet: Gatterl, Wangscharte und Meilerhütte. Die Pakete wogen etwa 10 Kilo und enthielten Schokolade, Dörr-obst, Nüsse, geröstete Haferflocken, geröstetes Brot, Honig, Hershey-Sirup, Ovomaltine, Benzin und Speck, der allerdings nicht mehr genießbar war. Am Abend des ersten Biwaks trat leichter Schneefall ein. In der Nacht besserte sich das Wetter aber wieder.
Weiter gings am nächsten Tag (18. 2.) über Hoher Kamm, 2371 m, Kleiner Wanner, 2546 Hochwanner, 2746 m, Hinterreintal-Schrofen, 2674 m, und Teufelsgrat, 2634 m, bis in die Grateinsenkung vor dem Hundsstallkopf, 2559 m, wo das zweite Biwak eingerichtet wurde. Die gute Wetterlage hielt weiterhin an.
Es folgte am 19. 2. die Fortsetzung über Hundsstallkopf, Oberreintal-Schrofen, 2623 m, und Scharnitzspitze, 2463 m, bis in die Wangscharte, wo das zweite Depot jedoch ausgeplündert war und das dritte Biwak durchgehalten wurde. Das an diesem Tag bewältigte Teilstück erwies sich als das schwierigste. Trotz des unvorhergesehenen Mangels an Lebensmitteln konnte am 20. 2. die Überschreitung fortgesetzt werden: Schüsselkarspitze, 2537 m, — Westgrat, Leutascher Dreitorspitze, 2673 m, — Südwestgrat, Partenkirchner Dreitorspitze, 2633 m, Meilerhütte, 2376 m. Dort wurde das dritte Depot wohlbehalten vorgefunden und genächtigt. Der 21. 2. sah alle fünf Bergsteiger in bester Verfassung bei der Überschreitung des sehr langen Grates über Musterstein und Wetterwand nach Mittenwald.
Über diese großartige Fahrt konnte man anschließend in Tageszeitungen und alpinen Zeitschriften, von denen der Pressebericht ungeprüft übernommen worden ist, lesen, daß an der Meilerhütte zwei Bergsteiger die Überschreitung wegen leichten Erfrierungen abbrechen mußten, was mit diesem authentischen Bericht richtiggestellt sei. Der gleiche Grat, jedoch in umgekehrter Richtung und nur bis zur Zugspitze, wurde im Dezember 1958 in der unwahrscheinlich kurzen Zeit von vier Tagen von den beiden Ulmern Georg Maier und Hannes Niederberger überschritten.
Das Unternehmen der „Oberländer" stand nicht, wie die Tagespresse meldete, mit irgendwelchen Vorbereitungen für eine Himalaya-Expedition in Verbindung.
Quelle: Der Bergkamerad 1958/59, Seite 464-465
Winterbegehungen. Am 1. Januar 1959 durchstiegen Georg Maier, Hannes Niederberger und Hans Simon erstmals im Winter die Südwestwand der Westlichen Plattspitze. Anschließend überschritt die Dreierseilschaft in der Zeit vom 2. bis 6. Januar ebenfalls erstmals im Winter den gesamten Grat der Mieminger Gruppe bei sehr viel Neuschnee, und zwar 17 Gipfel, begonnen mit dem Nordgrat der Drachenköpfe über Grünstein, Griesspitzen, Hochplattig Hochwand bis zur Hohen Munde.
Quelle: DAV Mitteilungen 1959, Heft 1, Seite 18
Winterbegehung des Wettersteingrates.
Drei Seilschaften der Sektion Oberland (München) unter Führung des Jungmannschaftsleiters Horst Wels brachen am 15. Februar vom Kreuzeck auf, um auf dem Jubiläumsweg zur Zugspitze zu steigen und von hier den gesamten Hauptgrat des Wettersteins bis Mittenwald zu überschreiten. Das "Garmisch-Partenkirchner Tagblatt" berichtet über die großzügige bersteigerische Unternehmung:
„Die sechs jungen Münchner, von ihrer Sektion vorbildlich ausgerüstet, waren am 15. Februar von der Barbarahütte um 4 Uhr aufgebrochen und hatten den Jubiläumsweg gemacht, auf dem sie schon einen Rucksack verloren, der unter anderem ihren Spezialkocher enthielt. Er war bei den Inneren Höllentalspitzen in das "weiße Tal" gekollert. Spät am Abend kamen die Bergsteiger wohlbehalten im "Münchner Haus" an. Bei Anselm Barth schliefen sie sich noch einmal richtig aus vor ihrem strapaziösen Unternehmen, zu dem noch eine Extratour hinzukam, weil man ins "weiße Tal" eine Suchaktion unternehmen mußte, um den Rucksack wiederzufinden. Am 17. Februar begann die eigentliche Tour. Sie führte über Zugspitzeck, Schneefernerkopf, Plattspitzen, Gatterlkopf, Gatterl (1. Biwak), Kleinen und Großen Wanner, Oberreintalschrofen (2. Biwak kurz vor der westlichen Wangscharte), Scharnitzspitze, Schüsselkarspitze, Leutascher und Partenkirchner Dreitorspitze (3. Nächtigung in der Meilerhütte). Hier mußten zwei der Bergsteiger die Tour abbrechen, weil sie sich leichte Erfrierungen zugezogen hatten. Für die vier anderen war von der Meilerhütte aus noch die gesamte Querung über den Wettersteingrat nach Mittenwald zu bewältigen. Sie kamen dort am 22. Februar um 14 Uhr wohlbehalten an. Glücklicherweise war während der ganzen Woche das Wetter - wenn auch bei scharfer Kälte - heiter geblieben. In umgekehrter Richtung wurde der Wettersteingrat bereits einmal im Winter begangen. Am 27. Dezember 1955 brachen die Ulmer Georg Maier und Hannes Niederberger von Mittenwald auf und folgten trotz Kälte und Sturm dem Grat über 38 Gipfel bis zur Zugspitze. Die beiden Ulmer hatten dreimal biwakiert.
Quelle: DAV Mitteilungen 1959, Heft 1, Seite 57
Gipfel der Gebirgsgruppe:
Alpspitze
Arnplattenspitze (Hintere Arnspitze)
Arnspitze Große
Arnspitze Mittlere
Bärnheimatkopf
Bayerländerturm
Berggeistturm Oberer
Berggeistturm Unterer
Bernadeinwand
Blassenspitze
Breitenkopf (Mieminger Berge)
Brunnentalkopf
Drachenkopf Hinterer (Mieminger Berge)
Drachenkopf Vorderer (Mieminger Berge)
Drei Scharten
Dreizinkentürme
Frauenalplkopf
Frauenalplspitzen
Gaif Hoher
Gamsanger (Wettersteingebirge)
Gatterlkopf Mittlerer
Gatterlkopf Östlicher (Vorderer)
Gatterlkopf Westlicher (Hinterer)
Gehrenspitze
Grießspitze Östliche
Grießspitze Westliche
Grünstein
Haberlenz
Handschuhspitze
Hinterreintalschrofen
Hirschbichlkopf
Hochblassen Hauptgipfel
Hochblassen Signalgipfel
Hochplattig Hauptgipfel
Hochplattig Ostgipfel (Signalgipfel)
Hochplattig Westeck
Hochwand Nordostgipfel
Hochwand Südwestgipfel
Hochwannenkopf
Hochwanner (Wettersteingebirge)
Hochwannig
Höhlenkopf (Wettersteingebirge)
Höllentalspitze Äußere
Höllentalspitze Innere
Höllentalspitze Mittlere
Höllentorkopf (Wettersteingebirge)
Höllkopf
Hundsstall Großer
Hundsstall Kleiner
Hundsstallkopf Großer
Hundsstallkopf Kleiner
Iglsköpfe Nordgipfel
Iglsköpfe Südgipfel
Issentalköpfl
Jungfernkarkopf
Karkopf (Mieminger Berge)
Kirchturm Großer
Kirchturm Kleiner
Kreuzjoch (Wettersteingebirge)
Leutascher Dreitorspitze
Marienbergspitze Östliche
Marienbergspitze Westliche
Mitterspitze Mittlere (Mieminger Berge)
Mitterspitze Östliche (Mieminger Berge)
Mitterspitze Westliche (Mieminger Berge)
Mitterturm
Munde Hohe Ostgipfel
Munde Hohe Westgipfel
Musterstein
Oberreintaldom
Oberreintalkopf Nördlicher
Oberreintalschrofen
Oberreintalturm
Öfelekopf Ostgipfel
Öfelekopf Westgipfel
Pantherkopf (auch Nussenkopf oder Gschwendtnerkopf)
Partenkircher Dreitorspitze - Mittelgipfel
Partenkircher Dreitorspitze - Nordostgipfel
Partenkircher Dreitorspitze - Westgipfel
Plattspitze Östliche (Wettersteingebirge)
Plattspitze Westliche (Wettersteingebirge)
Predigtstuhl (Wettersteingebirge)
Rauhkopf (Wettersteingebirge)
Riffelköpfe Mittlerer
Riffelköpfe Östlicher
Riffelköpfe Westlicher
Riffelspitze Nördliche
Riffelspitze Südliche
Riffeltorkopf
Riffelwandspitze Große
Riffelwandspitze Kleine
Roßberg (Wettersteingebirge)
Rotplattenspitze
Scharnitzspitze
Schartenkopf (Mieminger Berge)
Schneefernerkopf
Schönangerspitze
Schönberg(Wettersteingebirge)
Schöneckspitze
Schoßkopf Östlicher
Schoßkopf Westlicher
Schüsselkarspitze
Schüsselkarspitze - Westgratturm
Schüsselkarturm Oberer
Schüsselkarturm Unterer
Signalkuppe (Wettersteingebirge)
Simmering
Söllerkopf Östlicher
Söllerkopf Westlicher
Sonnenspitze Hauptgipfel - Ehrwalder Sonnenspitze (Mieminger Berge)
Sonnenspitze Signalgipfel (Mieminger Berge)
Sonnenspitzl (Wettersteingebirge)
Tajakopf Hinterer
Tajakopf Vorderer
Törlspitze - Östliche (Wettersteingebirge)
Törlspitze - Westliche (Wettersteingebirge)
Törlturm - Östlicher (Wettersteingebirge)
Törlturm - Westlicher (Wettersteingebirge)
Tschirgant
Vollkarspitze
Wampeter Schrofen - Nordgipfel
Wampeter Schrofen - Südgipfel
Wangscharte Östliche
Wangscharte Westliche
Wankspitze Südliche
Wanner Kleiner
Waxenstein Großer
Waxenstein Hinterer - Hauptgipfel
Waxenstein Hinterer - Windhaspel
Waxenstein Kleiner
Wetterspitze Mittlere (Wettersteingebirge)
Wetterspitze Nördliche (Wettersteingebirge)
Wetterspitze Östliche (Wettersteingebirge)
Wettersteinkopf
Wettersteinspitze Obere
Wettersteinspitze Untere
Wettersteinwand
Wetterwandeck
Zirbelkopf
Zugspitze
Zugspitzeck
Zundernkopf Mittlerer
Zundernkopf Nördlicher
Zundernkopf Nordwestlicher
Zundernkopf Südlicher
Zwölferkopf (Wettersteingebirge)
Höchster Gipfel der Gebirgsgruppe:
Zugspitze
Höhe:
2.964 m