Köchler Hansjörg

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Biografie:
Hansjörg Köchler
Mitglied der Karwendler
Am 3. Mai 2015 ist Hansjörg Köchler für immer von uns gegangen. Er hinterlässt bei allen, die ihn gekannt haben, tiefe Betroffenheit und Traurigkeit – und bekannt und beliebt war Hansjörg in weiten Bergsteigerkreisen in ganz Tirol und in Fachkreisen im weiten Alpenraum. Besonders seine Angehörigen und seine Freunde vermissen ihn.
Hansjörg wurde 1938 in Innsbruck als ältester von 3 Geschwistern geboren. Die Kriegsjahre verbrachte die Familie in Sistrans, wo sich Hansjörg im bäuerlichen Umfeld besonders wohl fühlte. Sein Vater kam aus dem Krieg nicht mehr zurück, die Mutter führte die familieneigene Bäckerei in der Innsbrucker Schlossergasse selbst weiter; Hansjörg trat als Lehrling ein und schloss seine Ausbildung als Bäcker- und Konditor-meister ab. Schon ganz jung entdeckte er seine Liebe zu den Bergen, die zu seiner großen Leidenschaft wurde und zusammen mit einem ausgeprägten Gefühl für Kameradschaft und Hilfsbereitschaft für sein ganzes Leben bestimmend werden sollte. Bald kam er mit älteren Bergsteigern aus dem Alpinen Klub Karwendler zusammen und begann mit schwierigen Klettereien in der näheren Umgebung von Innsbruck. Als er mit 16 Jahren als Klubanwärter bei einer Klettertour in den Kalkkögeln stürzte und einen Beckenbruch erlitt, war seine Sorge nicht die Verletzung, sondern die Angst, deswegen nicht in den damals exklusiven Klub aufgenommen zu werden. 1956 wurde Hansjörg doch in den Alpinen Klub Karwendler aufgenommen, wurde wegen seiner Kameradschaftlich-keit und Hilfsbereitschaft überaus beliebt und war bald Mittelpunkt der damals extremen Jungen – in dieser Gemeinschaft durchstieg er fast alle schwierigen Klassiker im Wetterstein, Karwendel, Kaiser und viele in den Dolomiten; auch die erste Begehung der Knapp-Köchler-Führe 1959 an der Schüsselkar oder die erste Winterbegehung der Goldkappl-Südwand waren dabei. Seine besondere Liebe aber gehörte den großen alpinen Fels- und Eistouren in den Westalpen und in den Weltbergen (z.B. Ortler N-Wand, Badile NO-Wand, Uschba, Pik Kommunismus). Als Bäckermeister hatte er es besonders schwierig; oft kam man nach großen Touren (manchmal mit Biwak) am Sonntag erst spät nachts zurück und während die Kameraden noch schnell einige Stunden Schlaf nachholten, musste Hansjörg direkt in die Backstube einrücken, wo man schon auf ihn wartete. Dadurch hatte Hansjörg ständig Schlafdefizit. Das ging so weit, dass er bei einer Gedenkfeier auf einem Gipfel im Stehen einschlief und zum Gaudium seiner absteigenden Kameraden die längste Zeit allein stehend zurückblieb. Dafür konnte er jedoch die noch studierenden, finanzschwachen Freunde mit Brot und Bäckereien unterstützen.
Hansjörg hatte aber auch ein „Privatleben“; er verliebte sich in eine junge, fesche Sellrainerin, die Witwe eines sehr früh verstorbenen Klubkameraden, (damals pendelte er täglich zwischen Sellrain und Innsbruck), heiratete seine Trude und lebte wieder ständig in der Schlossergasse, bis er in Sadrach gebaut und seinen endgültigen Wohnsitz gefunden hatte.
Eine Wende in seinem Leben brachte 1970 die Teilnahme an der klubeigenen Expedition zum 8400 m hohen Lhotse Shar im Himalaya. Um so lange wegbleiben zu können, gab er die Bäckerei auf (die in der Folge verkauft wurde) und musste sich nach der Rückkehr für einen neuen Beruf entscheiden. Er legte die Bergführer-Prüfung ab und über Vermittlung von Wastl Mariner wurde Hansjörg Leiter der Bergsteigerschule des Österr. Alpenvereins, die er 28 Jahre lang erfolgreich führte. Nun wurde das Bergführerwesen und die alpine Sicherheit der Mittelpunkt seiner Tätigkeit. Er nahm sich besonders der Ausbildung der Bergführer in Österreich an, und war vor allem im Rahmen des Alpenvereins, aber auch darüber hinaus als Mitglied in vielen bundesweiten und internationalen Sicherheitskreisen und Gremien (u. a. in der IKAR) tätig. Da ging es um neue Lehrmethoden, um neue Ausrüstung, um Rettungsgeräte und viel um Lawinenkunde. Hansjörg wuchs mit den gestellten Anforderungen und wurde zu einer allseits anerkannten Persönlichkeit. Nun war Hansjörg viel unterwegs, zu den Kursen seiner AV-Schule, zu Ausbildungskursen (u.a. auch in der Türkei), zu Tagungen und alpinen Veranstaltungen und nicht zuletzt mit seinen Klubkameraden (er war jahrelang Klubvorstand, bis zuletzt Kassier und Chronist). Seine Frau Trude und seine Stieftochter Gabi mussten ihn in dieser Zeit oft vermissen.
Eine Krebserkrankung an der rechten Hand hat ihn etwas eingebremst, doch diese Krankheit hat Hansjörg bald überwunden. Er war bald wieder viel im Gebirge unterwegs, auf extremen Schitouren (er war ein ausgezeichneter Schifahrer) speziell beim Eisklettern an gefrorenen Wasserfällen, und er ging wieder auf Expeditionen (am Alpamayo, am Huascaran, auf Trekking in Nepal). Für uns im Klub war er nach wie vor Mittelpunkt – mit seiner reichen Erfahrung wusste er überall Bescheid, kannte jede Tour und jedes Tal und konnte uns bestens beraten. Sein Ausrüstungslager war sagenhaft und er half jedem damit aus; vor allem unsere jungen Kameraden rüstete er oft für ihre Touren aus. Er war stets für seine Kameraden da, auf ihn war immer Verlass.
Als seine Frau Trude schwer an Krebs erkrankte, pflegte sie Hansjörg jahrelang aufopfernd bis zu ihrem Tod 2008. Er selbst wurde in letzter Zeit durch ein schweres Rückenleiden immer mehr eingeschränkt, sodass ihm jede Tätigkeit unmöglich wurde. Als ihm die jahrelangen Schmerzen unerträglich wurden, die Ärzte auch nicht mehr helfen konnten und keine Hoffnung mehr auf Besserung bestand, schied er aus dem Leben und gab sich in Gottes Hände.
Wir, seine Angehörigen und Freunde, wir sind traurig, aber es bleibt die Erinnerung an einen guten Freund, mit dem uns viele schöne Erinnerungen verbinden und den wir so in Erinnerung behalten wollen, wie er unter und mit uns gelebt hat – als fröhlichen, großartigen und verlässlichen Kameraden, der unser Leben bereichert hat und dem wir dafür dankbar sind.
Für den Alpinen Klub Karwendler
Raymund Ruf

1959 1.Beg.Schüsselkarspitze-Westgratturm-Südwand „Knapp-Köchler“,VI-/A1,300 HM,2538m, (Wettersteingebirge)
1967 Best.Elbrus,5633m, (Kaukasus)
1969 5.Beg.u.1.Winterbeg.Goldkappel-Südwand „Rebitsch-Führe“,VI+,2793m, (Tribulaungruppe,Kalkkögel,Stubai)
1969 1.Beg.Martinswand-Westriss „Wagner-Köchler-Führe“,VI/A2,1330m, (Karwendel)
1970 Teiln.Innsbrucker Lhotse Shar-Expedition, (Himalaya,Nepal/Tibet)
Beg.Ortler-Nordwand „Ertl-Schmid-Führe“,bis 60°,1200 HM,3902m, (Ortlergruppe)
Piz Badile-Nordostwand „Cassin“,VI/A1,900 HM,3308m, (Bergell)
Best.Uschba,4710m, (Kaukasus)
Best.Pik Kommunismus (Pik Ismoil Somoni),7495m, (Pamir)

G.Schauer

Geboren am:
1938
Gestorben am:
03.05.2015
application/pdf Hansjrg_Kchler_-_AV_Mitteilungen_1998-1-1.pdf

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