Schaller Hermann

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Biografie:
Schaller Hermann,28.7.1906 in München, + 9.8.1931 Absturz Kanchenzönga-Nordostsporn
(Himalaya,Nepal/Tibet)

Mitglied im Akademischen Alpenverein München (AAVM)
Hermann Schaller beging viele der schwierigsten Wände in den Ost-und Westalpen.
Ein großer Erfolg hatten zwei junge Bayern am 26.und 27.April 1930. Die Münchner Karl Brendel und Hermann Schaller meisterten den Südgrat der Aiguille Noire de Peuterey im ersten Anlauf und hatten damit bewiesen, dass die Kalksteinkletterer ihre Technik auch im Granit einsetzen konnten. Diese Route galt lange Zeit als die schwierigste in den Westalpen.

1926 1.Beg.Mitterkarturm-Nordkamine,2200m, (Karwendel)
1928 1.Beg.Grabenkarspitze-Nordwand ,2472m, (Karwendel)
1929 1.Winterbest.Erenspitze,2756m, (Ötztaler Alpen)
1930 1.Beg.Aiguille Noire de Peuterey-Südgrat "Brendel-Schaller",V+/A0,1200 HM,3773m, (Montblancgebiet)
1930 Beg.Montblanc-Peutereygrat,V,4807m, (Montblancgebiet)
1930 10.Beg.Civetta-Nordwestwand "Solleder-Führe",3220m, (Dolomiten)
1931 Teiln.2. Deutsche Himalaya-Expedition zum Kangchendzönga,8586m, (Himalaya,Nepal)
Beg.Schüsselkarspitze-Südwand,2537m, (Wetterstein)
Beg.Lalidererspitze-Nordwand,2583m, (Karwendel)
Beg.Praxmarerkarspitze-Nordwand,2641m, (Karwendel)
Beg.Fleischbank-Ostwand "Dülfer-Führe",V+,400 HM,2187m, (Wilder Kaiser)
Beg.Totenkirchl-Direkte-Westwand "Dülferführe",V+/A1, 450 HM,2193m, (Wilder Kaiser)
Beg.Schönangerspitze-Nordwand,VI-,2264m, (Wetterstein)
Best.Fünffingerspitze,2996m, (Langkofelgruppe,Dolomiten)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu


geboren in München (Deutschland)
gestorben am Kangchendzönga (Nepal)

Hermann Schaller
Es ist eine großartige Berglandschaft. Sie hat wohl auf der Erde nicht ihresgleichen. Im Westen der Kanchendzönga: eine einzige ungeheuere Mauer aus Eis, im Süden der Simvu und die herrliche Gestalt des Siniolchu, wolkenumwogt, im Norden zackige Felsberge, aus dem freien Osten aber grüßen die heiligen Berge Tibets. Mitten dahinein haben unsere Freunde dem Freund Hermann Schaller ein Grabmal erbaut, eine Steinpyramide, dreimannshoch; es ist vielleicht das schönste und großartigste Grab der Erde.
Seine Kameraden haben ihm keinen Sarg bereiten können, aber tief in unsere Herzen wollen wir ihn betten, dort wollen wir ihn bewahren als einen unserer Besten und Treuesten, als einen echten Bergkameraden, allzeit dienst- und opferbereit, ein Feind der Ehrsucht, ein Freund der Tat, wagemutig und umsichtig, zäh und ausdauernd, nach dem Höchsten strebend, aber immer einfach und bescheiden, von ruhiger Art und von stiller innerer Fröhlichkeit, ein harmonisch in sich beschlossener Mensch, dem das, was uns das Höchste zu sein scheint: die Berge, sein Ein und Alles waren. Er war ein A.A.V.M.ler von echtem Schrot und Korn, wie er sein soll, uns allen und denen, die nach uns kommen, ein leuchtendes Vorbild. Er war, wie es im „Guten Kameraden" heißt, ein Stück von uns ...
Im Frühjahr 1928 kam er zu uns und fühlte sich bald in unserem Kreise heimisch. Er war ein Mensch, der als Bergsteiger zu den Besten von uns zählte und jeden freien Tag war er in den Bergen. Er war, wie als Mensch, auch als Bergsteiger kein „Blender" ; langsam und in durchdachtem üben steigerte er sein Können und bald war er auf jeder Art von Gelände Meister; im glatten Kaiserfels, im morschen Getrümmer des Karwendels — seiner eigentlichen Bergheimat —, in den Steilwänden der Dolomiten, auf winterlich verschneiten Graten und im blanken Westalpeis, bewegte er sich mit gleicher Sicherheit. Die Kurve seiner alpinen Leistungen steigt von leichten Fahrten bald zum Schwierigsten an, was es in den Alpen überhaupt gibt. Seine Felsfahrten umfassen das Äußerste, was bisher dort geleistet ward: Lalidererwand, Fleischbank Ost- und Totenkirchl Westwand, die Südwand der Schüsselkarspitze, die düsteren Nordwände der Schönanger- und Praxmarerkarspitze und endlich die ungeheuere Civettamauer sind nur einige Namen aus vielen. Seine schönsten Siege in den Westalpen aber sind neben zahlreichen anderen Fahrten, der Peteretgrat zum Mont Blanc und die erste Erkletterung des großartigen Südgrates der Aiquille Noir, Das waren die großen äußeren Erfolge. Sie würden wenig besagen, wenn man sonst von unserem Hermann nichts wüßte. Denn das „Wie" er in den Bergen war, wie er sich als Tourengefährte und Kamerad gab: das eigentlich war das Ausschlaggebende. Er war der idealste Begleiter, den man sich denken konnte, ein Mensch, der wenig sprach, aber desto mehr tat, ein Vorbild an Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit und Kameradschaftsgeist, Ein Streit mit ihm war unmöglich, immer blieb er gleich ruhig, fröhlich und in gefährlichen Augenblicken, in Situationen, wo es ums Leben ging, in eiskalten Biwaknächten und grausigen Unwettern blieb er wie immer: sicher, still, durch nichts aus dem Gleichgewicht zu werfen und von aufopfernder Hilfsbereitschaft. Es ist nur ein einziges Beispiel, aber wieder steht es für viele: in einem eiskalten Biwak an der Fünffingerspitze zog er seine Jacke aus, um damit einen schwächeren, frierenden Begleiter zu schützen. Und das Schönste: daraus wurde keinerlei Aufhebens gemacht, er tat es in einer prächtigen Selbstverständlichkeit, ohne ein Wort darüber zu verlieren, ohne sich dessen irgendwie zu rühmen.
„Der Kangchenzönga ist das höchste Ziel, das sich ein Bergsteiger stellen kann, um das es wert ist sein Leben einzusetzen.“ So steht in seinem Tagebuch (das ebenfalls ein prachtvolles Zeugnis für seine innere Klarheit ist) unter dem 6. Dezember 1930. Er hat es eingesetzt und auch hingegeben. Schon 1929 war er als Ersatzmann für die Kantschexpedition aufgestellt worden; damals aber wurde es noch nichts. Als dann 1931 wieder Bauers Ruf an ihn erging, da war er der Begeistersten einer. Im Ringen dann um den großartigen und widerspenstigen Berg stand er stets in der vordersten Linie. Sicher und zuverlässig, zäh und ausdauernd, wie nur je, löste er die heikelsten Aufgaben und blieb immer der gleiche gute Kamerad auf den man sich felsenfest verlassen konnte, und in den Tagebüchern seiner Gefährten steht immer wieder zu lesen, wie Hermann für sie gesorgt hat.
Dann hat er mit seinem Trägergefährten Pasang hinab müssen in das eisige Grab. Es war nicht sein Verschulden — es war eben Schicksal, Bergsteigerschicksal, um dessen Sinn wir nicht wissen und nach dessen Sinn wir nicht fragen; wir wissen nur: es war ein schöner und großer Tod; er starb nicht den Strohtod, er starb wie ein Soldat auf dem Felde der Ehre und der Kameradschaft.
Der Kranz, den seine Kameraden um einen Eispickel geschlungen haben, der an seinem schlichten Grabmal Totenwache hält, ist nun wohl welk. Frisch aber in unseren Herzen die Erinnerung an ihn, unseren Kameraden, der dort den ewigen Schlaf schläft und den wir nicht vergessen wollen.
Ernst Beigel.
Quelle: 39. Jahresbericht des Akademischen Alpenvereins 1930/1931, Seite 9-10




Geboren am:
28.07.1906
Gestorben am:
09.08.1931

Erste Route-Begehung