Tobler Wolfgang

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Biografie:
Wolfgang Tobler
* 1955 — + 1989
Hallo Wolfgang, heute ist ein wundervoll klarer und kalter Winter­ tag, ideal zum Südwandklettern. — Grad so ein Wetter hatte es auch bei unserer ersten gemein­ samen Bergtour 1973 in der Stadelwand-Ver­schneidung. Damals bist Du als Seilerster ge­ klettert, und auch jetzt hast Du wieder die Führung übernommen auf einer Tour, die wir wohl alle einmal früher oder später in Angriff nehmen müs­sen.
Nur wenige gemeinsame Bergfahrten haben uns verbunden, aber Deine letzte „Tour“, fernab von Gipfeln und Tälern, hat uns einander nahege­bracht. 1973 warst Du für mich der Inbegriff des erfah­renen Felskletterers, der, seiner Zeit weit voraus, erste Zeichen für das kommende Freiklettern setzte. Für uns junge Bergsteiger bedeutete es damals ein echtes Erfolgserlebnis, eine „Tobler- Erstbegehung“ stilgemäß wiederholen zu können.
So war unter anderem der „Weg der Freiheit“ in den Blechmauern ein Meilenstein Deiner vielen Kletterfahrten.
Heute — 16 Jahre später — weiß ich, daß sich Deine Leistungen nicht nur durch Routen wie die Philipp-Flamm-Verschneidung, den Franzosen­ weg auf die Große Zinne und den Buhlweg im Gesäuse ausdrücken lassen.
Trotz Deines großen Freiheitsdranges warst Du auch immer ein liebevoller und zärtlicher Fami­lienvater, der seinen persönlichen Erfolg nicht in endlosen Seillängen und höchsten Schwierig­keitsgraden ausgedrückt sehen wollte.
Als wir gemeinsam 1984 zur Südkante des Großen Mühlsturzhorns aufbrachen, lernte ich auch Dein tiefes Verständnis für die Natur und Deinen großen Respekt vor allem Lebenden schätzen. Einmal traf ich Dich dann im Wienerwald, weit weg vom gro­ßen Rummel der Kletterfelsen. Damals hast Du mir ein wenig von Deiner Philosophieerklärt: „daß es den Tod nur deshalb gibt und geben muß, damit ein Leben überhaupt stattfinden kann, und daß auch nichts so richtig stirbt, weil alles immer wie­ der in anderer Form erscheint“. An diesem Vor­frühlingstag im Wienerwald mit letzten Schnee­ flecken, vermoderndem Laub und dem ersten zarten Grün, da konnte ich diese Gedanken verste­hen.
Du warst nie ein einfacher Mensch, Wolfgang, und Du hast es Dir auch nie einfach gemacht; du hast faule Kompromisse immer verabscheut und vieles in Frage gestellt. — Manche Antworten auf Deine vielen Fragen konntest Du am Berg und in der Natur finden.
Jetzt bist Du, viel zu früh für uns alle, gemäß Dei­ner Philosophie endgültig eins mit dem Ganzen geworden und weißt nunmehr alle Antworten auf Deine Fragen.
Es sei uns ein Trost!
F. Kromer
Quelle: Österr. Alpenzeitung 1990. Folge 1489, Seite 13-14


Erste Route-Begehung