Jori Francesco

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Biografie:
Jori Franz (Francesco) "Checco", Bergführer, * Alba bei Canazei, später Vigo di Fasso,
Mezzo Corona (Etschtal), Gröden,
10 Jahre Hüttenwirt Schlernhäuser,
8 Jahre Hüttenwirt Kölner Hütte,
10 Jahre Hüttenwirt Marmolata-Haus (Rifugio Castiglioni),
+ Trient

Francesco Jori, von Freunden Checco genannt, war der Schwager des Alpinisten Giovanni Piaz und arbeitete als Schullehrer in Alba, Vigo di Fassa sowie Mezzocorona und später als Rektor in Gröden. Anschließend wurde er Bergführer und Hüttenwirt. Er bewirtschaftete das Schlernhaus, die Kölner Hütte und bis zu seinem Tod das Rifugio Marmolada. Als Bergsteiger war er ein außergewöhnlich guter Kletterer und vertrat die Idee des Freikletterns ohne technische Hilfsmittel („Wo ich einen Haken brauche, um durchzukommen, habe ich zu verzichten“).
Am 19. August 1909 gelang ihm mit der Deutschen Käthe Bröske die Erstbegehung der Punta Fiames-Südostkante (Fiameskante). Eine Wiederholung dieser Route (V, 450 Höhenmeter) gelang erst 1922. Die Tour wurde in den folgenden Jahrzehnten zu einem Kletterklassiker in den Dolomiten. Am 9. August 1911 gelang ihm zudem mit Giovanni Piaz und Irma Glaser die Erstbegehung der Delagoturm-Südwestkante "Delagokante". Auch diese Route (IV+, 100 Hm) wurde eine der meistbegangenen Touren der Alpen und gilt als die schönste Kantenkletterei der Dolomiten. Am 3. Februar 1914 gelang ihm darüber hinaus die erste Winterüberschreitung der Vajolet-Türme.
Als seine größte Leistung gilt die Erstbegehung der 1500 m hohen Agnèr-Nordwand,eine der höchsten Dolomitenwände, vom 14. auf den 15. September 1921 mit Arturo Andreoletti und Alberto Zanutti. Jori nahm zu dieser Tour im Schwierigkeitsgrad V lediglich vier Haken mit, die er jedoch nicht benötigte. Nach 34 Stunden erreichten die drei den Gipfel und nannten die Route "Via Jori". Sie bedeute damals eine der größten Führen in den Dolomiten. Sie ist neben der Nordkante eine der bekanntesten Touren am Agnèr. Eine Begehung im Winter gelang erst 1968 durch Reinhold Messner, der anschließend in einem Brief an Jori seine Bewunderung über die Leistung der Erstbegehung von 1921 zum Ausdruck brachte.
Zu Joris weiteren Erstbegehungen zählen unter anderem Piz Serauta und Kleiner Vernel-Südanstieg an der Marmolata, die Cima dell'Omo-Nordrinne, und der Colac-Südostanstieg.
Trotz seines ungewöhnlichen Könnens,seiner Sicherheit und Übersicht im Fels ist Francesco Jori immer einer der bescheidensten Bergsteiger geblieben und wurde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
Einige Monate nach dem Tod seiner Frau, starb Francesco Jori 1960 an den Folgen einer Operation.

Quelle: Rivista Mensile 1961, Seite 49
Quelle: Der Bergsteiger 1982, Heft 5, Seite 55 mit Porträt

Francesco JORI
Er durchkletterte die höchste Dolomitenwand
* 16. Oktober 1889 in Alba, (+) 7. Dezember 1960 in Alba
Ein Klassiker ist im allgemeinen ein „mustergültiger“ Künstler, also ist ein alpiner Klassiker ein mustergültiger Bergsteiger. So einer war Francesco Jori ohne jeden Zweifel. Er galt als außerordentlich leistungsfähig, bescheiden und hilfsbereit. Man nannte ihn kurz „Checco“, daheim in Alba im hintersten Fassatal, wo er am 16. Oktober 1889 geboren wurde (in Hiebelers „Alpen-Lexikon“ ist als Geburtsjahr irrtümlich 1899 angegeben). Die Jori sind ein Jahrhunderte altes ladinisches Geschlecht. Francesco wuchs nicht als Hinterwäldlerbub auf, sonst hätte er nicht Lehrer werden können, und zwar in seiner Heimatgemeinde Alba, in Vigo di Fassa, in Mezzocorona im Etschtal und schließlich in St. Ulrich als Rektor für das ganze Grödner Tal. Er heiratete eine Rizzi-Tochter und wurde dadurch ein Schwager von Tita Piaz in Pera.
Der italienische Alpinchronist Bepi Pelegrinon schrieb in seinem Buch „Agnèr - Il Gigante di Pietra“: „Verglichen mit seinem berühmten Schwager war Checco Jori entschieden ausgeglichener und von einer unsagbaren Bescheidenheit, der nichts von schillernder Selbstdarstellung hielt, was ihn noch sympathischer machte. Der Kletterer Checco Jori - so urteilten seine Seilgefährten einstimmig - war Tita Piaz mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Das setzt ihn in den Olymp der stärksten Kletterer seiner Zeit mit Lochmatter, Dibona, Preuß und Dülfer. Auch als Hüttenwirt gehörte sein Herz den Bergen und der Kletterei. Als Bergführer verfügte er über den Instinkt der Bergmenschen, seine Seilgefährten konnten sich bei ihm sicher fühlen. Wo sich ein Bergsteiger in Gefahr befand, er eilte zu Hilfe. Als Meister der Freikletterei lehnte er jedes künstliche Aufstiegsmittel ab und überwand mit eigener Kraft extreme Schwierigkeiten.“ Gunther Langes lernte Francesco Jori vor dem ersten Weltkrieg an den Vajolettürmen kennen. Auch er äußerte sich vol-
ler Respekt über den Führer aus dem Fassatal: „Was mir die Art von Francesco Jori noch sympathischer machte als die von Tita Piaz war das wortkarge, ja oft schweigsame Verhalten am Berg, das in einem ziemlichen Gegensatz zu der temperamentvollen, oft lauten Persönlichkeit Titas stand. Trotz seines ungewöhnlichen Könnens, seiner Sicherheit und Überlegenheit im Fels ist Francesco Jori immer einer der bescheidensten Bergsteiger geblieben, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Er hatte einige großartige Erfolge aufzuweisen, die man wohl als Monumente eines Klettererlebens bezeichnen kann. An der Punta Fiames in den Ampezzaner Dolomiten hat er ein Meisterstück geliefert, wie es wohl wenige vor und nach ihm geschaffen haben.
Mit der deutschen Alpinistin Käthe Bröske erkletterte er 1909 die absolut senk- rechte Südkante. Sie hat im obersten Teil zwei glatte Felswände von je 20 Meter,
die man an kleinsten Griffen und in einer geradezu tollen Exposition ohne den geringsten Rast- und Ruhepunkt meistern muss. Ich habe diesen Kletterweg 20 Jahre später wiederholt, und ich sage es ehrlich, ich habe an den über 500 Dolomitengipfeln, die ich auf den verschiedensten Routen erklettert habe, kaum irgendwo die Verwegenheit des Erstersteigers so bewundern müssen wie an dieser Himmelsleiter an der Punta Fiames.“
Außer Wiederholungen klassischer Dolomitenrouten (darunter erste Alleinbegehung der Marmolada-Südwand) gelangen Francesco Jori schöne Erstbegehungen: der elegante Südanstieg zum Kleinen Vernel (mit Andreoletti), die Nordschlucht der Cima dell' Uomo, der Südostanstieg auf den Collac', die Erstersteigung des Spiz der Roa de Ciampié (mit Piaz). Eine der schönsten Dolomitenklettereien eröffnete Jori 1911 mit Tita Piaz und lrma Glaser mit der Südwestkante des Delago-Turms, heute noch eine beliebte Modetour. Aufsehen erregte, als Jori im Sommer 1912 im Wilden Kaiser auftauchte. Mit seinem Kollegen Franz Schroffenegger hatte er das Ehepaar Brock zu führen. Am 26. Juli gelang der Seilschaft die erste Durchkletterung des Schroffenegger-Kamins am Totenkirchl, zu dem der Einstieg heute noch mit V+ bewertet wird. Am nächsten Tag wagten die vier die fünfte Begehung der Fleischbank-Ostwand. Wenige Wochen nach der Erstbegehung durch Dülfer und Schaarschmidt galt diese Tour als schwierigste Kletterei. Hermine Brock war die erste Frau an dieser Wand. Anzumerken ist auch die erste Winterüberschreitung der Vajolettürme mit Planck und Zelger am 3. Februar 1914. Mit Andreoletti war Jori auch in den Belluneser Dolomiten tätig.
Alle diese Bergfahrten wurden aber übertroffen durch eine kühne Tat: Am 14. und 15. September 1921 führte Francesco Jori die bekannten italienischen Alpinisten Arturo Andreoletti und Alberto Zanutti als erste durch die 1500 Meter hohe Nordwand des Monte Agnèr, die höchste Wand der Dolomiten! Da sprach und schrieb man jahrzehntelang bei uns in Deutschland über die drei höchsten Felswände der Ostalpen am Watzmann, Hochstadl und Triglav, und die steilste und kompakteste am Monte Agnèr kannte und erwähnte man überhaupt nicht. Wer hätte auch südlich der bekannten Palaberge noch einen so gewaltigen Feisaufbau vermutet? Alfredo Paluselli, der wilde Herr des Rifugio Segantini, sagte einmal zu mir. „Civetta und Pelmo sind großartig, aber gehe ins Val di San Lucano zum Monte Agnér, du wirst vor Ergriffenheit weinen!“ Es gehörte viel Selbstvertrauen und Mut dazu, vier Jahre vor Solleders Eroberung der Civetta-Nordwestwand die Ersteigung des Agnèr von Norden zu versuchen. Bereits 1913 hatte Andreolett! seinen Freund und Führer Jori auf das Agnèr-Problem hingewiesen. Nach dem Krieg griffen die beiden den Plan wieder auf und gewannen im Herbst 1921 Alberto Zanutti als dritten Mann. Am frühen Morgen des 14. September stiegen die drei Männer mit einem Träger durch das Tal von San Lucano zum Fuß der Wand hinauf. Der Träger sollte Nagelschuhe und Proviant zur Abstiegsroute bringen. Es war 9 Uhr. Eine Reihe glatter Kamine wies den Weg nach oben, den immer wieder schwierige Überhänge sperrten. Bald zeigten sich die gigantischen Ausmaße der Wand. Ein Biwak wurde unvermeidbar. Stehend und sitzend verbrachten die drei die Nacht. Am nächsten Tag waren noch höhere technische Schwierigkeiten zu überwinden. Um 19 Uhr wurde der Gipfel erreicht, und es folgte ein langer, strapaziöser Abstieg. Endlich, um5 Uhr früh, gab es auf einer Alm Essen
Da sprach und schrieb man jahrzehntelang bei uns in Deutschland über die drei höchsten Felswände der Ostalpen am Watzmann, Hochstadl und Triglav, und die steilste und kompakteste am Monte Agnèr kannte und erwähnte man überhaupt nicht. Wer hätte auch südlich der bekannten Palaberge noch einen so gewaltigen Feisaufbau vermutet? Alfredo Paluselli, der wilde Herr des Rifugio Segantini, sagte einmal zu mir. »Civetta und Peirno sind großartig, aber gehe ins Val di San Lucano zum Monte Agnär, du wirst vor Ergriffenheit weinen!« Es gehörte viel Selbstvertrauen und Mut dazu, vier Jahre vor Solleders Eroberung der Civetta-Nordwestwand die Ersteigung des Agnär von Norden zu versuchen. Bereits 1913 hatte Andreolett! sei
und Trinken, und drei Stunden später ging in Agordo die große Bergfahrt zu Ende.
Die Seilschaft hatte in der Wand vier Mauerhaken dabei, von denen der Füh- rer keinen einzigen benützte. Paul Preuß hätte an der bergsteigerischen Einstel- lung Francesco Joris seine helle Freude gehabt. Er lehnte die Verwendung aller künstlichen Hilfsmittel entschieden ab. Seine Devise lautete: »Wo ich einen Ha- ken brauche, um durchzukommen, @rdix- ich zu verzichtend
Reinhold Messner schrieb nach der er- sten Winterbegehung der Nordwand im Februar 1968 an den noch lebenden An- dreoletti: »Hut ab, vor den Erstbegehern dieser höchsten Dolomitenwand! Heute, 47 Jahre danach, möchte ich Sie be- glückwünschen zu diesem außerordent- lichen Unternehmen. Diese Kletterführe lehrt uns, daß die Alpinisten der Epoche nach dem Ersten Weltkrieg wirklich frei klettern konnten.«
Francesco Jori war vielen Bergsteigern auch ein guter Herbergsvater und Retter aus Bergnot. Zehn Jahre bewirtschaftete er die Schlernhäuser, acht Jahre die Kölner Hütte (Rif. Coronelle) und zuletzt das Rifugio Marmolada auf Fedaja. Hier wurde sein Sohn Mario sein Nachfolger. Ihm verdanke ich Übersetzungen und Fotos für diesen Beitrag. Er machte die ganze Entwicklung zum Marrnolada-Skirummel mit und erreichte einen so hohen Bekanntheitsgrad, daß er eine Postkarte aus Grönland erhielt, obwohl die Adresse nur lautete: »Mario Marmolada, Italy«.
Fritz Schmitt
Quelle: Der Bergsteiger 1985, Heft 10, Seite 41-42 mit Porträt

1909 1.Beg.Punta Fiames-Südostkante "Fiameskante",V,KM 450,2297m,
(Pomagagnonkette,Ampezzaner Dolomiten)
1910 Beg.Marmolata-Punta-Penia-Südwand "Alte Südwand" im Auf-und Abstieg,IV+,
700 HM,3343m, (Dolomiten)
1910 1.Beg.Pordoispitze (Sass Pordoi)-Südwestwand „Jori-Piaz",2952m,
(Sella,Dolomiten)
1911 1.Beg.Vajolettürme-Delagoturm-Südwestkante "Delagokante",IV-V,
120 HM,2790 m, (Rosengarten)
1911 1.Beg.Vajolettürme-Winklerturm-Nordwand „Piaz-Führe“,IV,2800m, (Rosengarten)
1911 1.Beg.Colac-Südostwand „Jori“,V+,300 HM,2715m, (Marmolata,Dolomiten)
1912 5.Beg.Fleischbank-Ostwand „Dülfer-Schaarschmidt“,V/A0,2187m, (Wilder Kaiser)
1912 1.Beg.Totenkirchl-Nordwestwand „Schroffeneggerkamin“,V+,90 HM,
2190m, (Wilder Kaiser)
1913 1.Best.Gusela del Vescova „Normalweg“,IV+,40 HM,2365m,
(Schiaragruppe,Dolomiten)
1913 1.Beg.Piz Serauta von der S'cesora-Scharte „Normalanstieg“,3035m,
(Marmolata,Dolomiten)
1913 1.Beg.Kleiner Vernel (Piccolo Vernèl)-Südwand „Jori-Andreolotti“,
3098m, (Marmolata,Dolomiten)
1921 1.Beg.Monte Agner-Nordwand „Jori“,V+,1500 HM,2871m, (Pala,Dolomiten)
1934 1.Beg.Hinterer Seelenkogel-Nordostwand,3472m, (Ötztaler Alpen)

Gerd Schauer, Isny im Allgäu

Geboren am:
16.10.1899
Gestorben am:
07.12.1960

Erste Route-Begehung