Übergang vom Angerstein Nordturm

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Routen Details:
Erlebnisbericht Weitkarturm
Erste Winterersteigung und erster Gratübergang zum Angerstein-Hauptgipfel:
Ein strahlender Februarvormittag begrüßt uns auf der Stuhlalm, wo wir uns bei einer ihrer Hütten niederlassen, fürs erste darüber beglückt, daß nun endlich die Spurerei im teilweise recht uferlosen Schnee ein Ende hat. Wir wollen morgen „irgend etwas" in diesem Bereich des Gosaukammes verbrechen, nur ist mir bereits vor der Stuhlalm im Unterbewußtsein klargeworden, daß uns die herrschenden Verhältnisse ziemlich klare Grenzen setzen würden. Also denke ich an irgendeinen der kurzen Anstiege im Gebiet der Angersteintürme. Der Weitkarturm wäre doch das ideale Ziel! Ein kühner, zum Gosausee vorgeschobener Turm, und bei Bedarf könnten wir ja auch noch den Grat zum Angerstein-Hauptgipfel hinüber begehen. Während sich Hans zu einem längeren Mittagsschlaf herrichtet, beginne ich die Hänge zur Rinne östlich des Angersteins emporzuspuren. Morgen werde ich über die vorhandene Spur recht froh sein. Im Sommer sind hier Latschenfelder, jetzt sehe ich nur eine gleichmäßige weiße Fläche, von welcher der Wind den Neuschnee zum Teil weggeblasen hat. Dann quere ich nach rechts in den Auslauf der Rinne. Lawinenknollen erleichtern den Aufstieg.
Alte Bekannte grüßen von allen Seiten, und rechts begleitet mich der teilweise mit filigranen Wächten verzierte Begrenzungsgrat. Die Bischofsmütze glänzt im Rauhreifkleid, das durch die Nähe der Gosauseen auf manchen Gipfeln des Gosaukammes besonders prächtig ausfällt. Unter den Angersteintürmen gebe ich mich für heute zufrieden und steige wieder ab.
Zeitig sind wir am nächsten Tag wieder dort und beginnen in der Scharte zwischen Angerstein-Westturm und -Mittelturm unser Tagewerk. Eine schräge Rinne bringt uns unter den abweisend erscheinenden Gipfelaufbau des Weitkarturms. Die Routenbeschreibung ist nicht sehr ausführlich, und so muß die eigene „Nase" helfen. Knapp links der rechten Kante zieht eine Verschneidung auf einen Absatz. Der Weiterweg wird sich von dort aus weisen. Kalt ist es, und ich bemühe mich, möglichst die Handschuhe nicht auszuziehen. Die Wandstelle über dem Absatz verlangt wegen der herrschenden Verhältnisse einen Mauerhaken. Dann bin ich bald auf dem Gipfel. Gegenüber glitzert die Nordwand des Angerstein-Hauptgipfels im makellosen Weiß des Rauhreifs.
Der Himmel überzieht sich ziemlich rasch, und es wird merklich wärmer. Irgendeine Form von Niederschlag — Schnee oder Regen — kündigt sich sehr schnell an. Aber da der Abbruch der Tour nicht sehr problematisch ist, wollen wir noch den Gratübergang zum Angerstein-Hauptgipfel anschließen. Deye beging ihn zum erstenmal im Sommer, und wir wollen seinem Weg möglichst folgen; wobei uns allerdings die herrschenden Verhältnisse ihren eigenen Weg aufzwingen.
Wir steigen am Aufstiegsweg zur Scharte ab und queren einen reichlich steilen Schneehang im oberen Gipfelaufbau des Hauptgipfels schräg links zu einer Kante, die den weiteren Anstieg vermittelt. Bald sind wir beim Gipfelkreuz und bestaunen zur Abwechslung den Weitkarturm im Rauhreif. Der Abstieg erfolgt durch die aus der Scharte zwischen den beiden Angersteingipfeln nach Osten hinabziehende Angersteinrinne, die im Winter vorteilhaft in ihrer ganzen Länge abgestiegen wird, da seitlich im unteren Teil die Sicherung sicher problematischer ist als in ihr. Der obere Teil ist uferloser Pulverschnee, und sämtliche Abbrüche sind verdeckt. Wenn wir mit dem größten Teil unseres Körpers im Schnee stecken, wissen wir, daß hier eigentlich ein Abbruch ist; die untersten 50 m sind eine von Lawinen glattgefegte Röhre und verlangen volle Aufmerksamkeit. Auf den vorderen Zacken der Steigeisen geht's hinunter zur Aufstiegsspur.
Peter Holl
Quelle: Der Bergsteiger 1970, Heft 2, Seite 125-126

Erste(r) Winter-Besteiger(in):
02.1970
Gipfel:
Angerstein Hauptgipfel
Erste(r) Winter-Besteiger(in)
Holl Peter