Ostwand

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Routen Details:
Eine völlig neue Route erschloss J. A. Specht aus Wien mit Führer F. PöII aus dem Paznaun am 17. September 1864.1) Nachdem dieselben Sulden zeitlich verlassen hatten, standen sie um 8 Uhr morgens an den Felswänden, welche die Königsspitze ostwärts gegen den Suldenferner entsendet, überstiegen sie unter grossen Beschwerden und gelangten zwischen zwei kleinen Felsköpfen auf den Ostgrat, welchen sie bis zum Gipfel verfolgten. Da viel Neuschnee lag, in dem sie fussen konnten, brauchten sie keine Stufen zu hauen, aber in der Höhe blies ein furchtbarer Nordwind, der sie zwang, kriechend ein Fortkommen zu suchen. Um 1 Uhr hatten sie endlich den Gipfel erreicht, auf dem sie eine halbe Stunde verweilten, um dann den Rückweg über das Königsjoch nach Sulden zu nehmen, wo sie um 6 Uhr 30 anlangten.
Unseres Wissens ist der Specht'sche Weg bisher nur einmal wiederholt worden. Am 6. September 1886 verliessen F. Drasch aus Salzburg und J. J urek aus Graz Sulden, erkletterten vom Suldenferner aus direct über die Felsen der Ostseite den Nordostgrat und verfolgten ihn mit geringen Abweichungen bis zum Gipfel. Die Felsen werden als nicht besonders schwierig bezeichnet, während die Eisarbeit den Ersteigern Anstrengungen verursachte. Im Ganzen erforderte die Tour, 5/4 Stunden Rasten eingerechnet, von Sulden und zurück 15 Stunden.²)
Fünfzehn Jahre später wiederholte Minnigerode mit Alois Pinggera den Specht'schen Weg; ob sich derselbe in allen Details mit der Minnigerode'schen Route deckt, lässt sich Mangels genauer Beschreibungen nicht feststellen. Unter den Bewohnern Suldens war die Specht'sche Ersteigung wohl nie bekannt geworden, wenigstens gilt bei diesen die Tour Minnigerode's als erster und einziger An¬stieg direct vom Suldenferner. Minnigerode war am 20. August 1879 von der Schaubachhütte aufgebrochen, hatte den Einstieg in die Felsen durch eine Lawinenrinne vollführt und erreichte über den Ostgrat, 5 Stunden 20 Minuten nach Verlassen der Hütte, den Gipfel der Königsspitze.2) Die Felsen waren mit Eis bedeckt, die ausserordentliche Steilheit des Abhanges erforderte in den höheren Partien, da der Schnee sehr weich war, grosse Vorsicht, bis der scharfe Grat erreicht war, welcher direct zur Spitze führte.

1) Jb. A. V. 1865, 283.
²) Fremdenbuch des Hotel Eller in Sulden
Quelle: Auszug aus Eduard Richter: Erschließung der Alpen, Band II, Seite 114-115


Datum erste Besteigung:
17.09.1864
Gipfel:
Königspitze (Gran Zebru)
Erste(r) Besteiger(in):
Pöll Franz
Specht Joseph Anton