Suldengrat - "Kurzer Suldengrat"
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Routen Details:
Das Problem einer Begehung des Suldener Grates in seiner oberen Hälfte war durch die Expedition Meurer-Pallavicini gelöst, aber die Traversirung der Königsspitze vom Suldener Joch bis zum Königsjoch, durch Überschreitung des Grates in seiner ganzen Länge, blieb Anderen vorbehalten. Es waren dies Dr. R. Levy und A. Jörg aus Wien, welche mit dem Führer J. Grill, vulgo Kederbacher, aus Ramsau und S. Reinstadler aus Sulden als Träger die Königsspitze vorn Suldener Joch erreichten. Das Suldener Joch selbst war schon lange vorher, anlässlich seiner ersten und einzigen Überschreitung durch M. von Déchy und Dr. V. Hecht, am 12. Juli 1872 1) betreten worden. Die Genannten waren damals mit den drei Brüdern Pinggera, P. Dangl und Veit Reinstadler um 3 Uhr morgens von Sulden aufgebrochen und standen um 6 Uhr 25 am Fusse des zum Joch hinaufziehenden Hanges. Die ursprüngliche Absicht, den Zebru von hier aus durch die Felsen zu ersteigen, schien nicht ausführbar, und man entschied sich daher, an den Schneehängen emporzusteigen, und gewann nach Überwindung des zerklüfteten Gletschers um 8 Uhr 45 das Suldener Joch. Nach Errichtung eines Steinmannes und längerer Rast erfolgte der Abstieg zum Zebrugletscher um 10 Uhr 4o, und dieser wurde nach Überwindung einer 45° geneigten Stelle und einer Rutschfahrt über den Schneehang in 20 Minuten erreicht.
Levy und Jörg waren den 26. Juli 1880 um 3 Uhr morgens von der Schaubachhütte aufgebrochen und strebten dem äusserst zerklüfteten Secundärgletscher zu, welcher vom Suldener Joch gegen den gleichnamigen Gletscher herabzieht. Unter der glänzenden Führung Kederbacher's erreichten sie, ohne genöthigt zu sein, im Spaltengewirre auch nur einen Schritt zurückzumachen, durch die Séracs hindurch das Suldener Joch um 9 Uhr 30. Hier fanden sie die Karten der ersten Ersteiger, von Déchy und Hecht, und verweilten eine halbe Stunde. Sodann stiegen sie über zuerst sanftgeneigte, dann immer steiler werdende Schneehänge unter Stufenhauen zum Grat empor. Dieser selbst, vielfach von Zacken und Thürmen gekrönt, welche durch bretterdünne Schneebrücken verbunden waren, wurde grösstentheils auf seiner Kammlinie überschritten und der Gipfel um 2 U. nachmittags erreicht. Der Gang über den Grat wird als äusserst schwierig geschildert ²) und erklärte auch Kederbacher die Tour für eine der schwierigsten, welche er je ausgeführt hatte. Der Abstieg vollzog sich über das Königsjoch zur Schaubachhütte, welche 3 Stunden nach Verlassen des Gipfels erreicht wurde.
In umgekehrter Richtung, vom Königsjoch ausgehend, überschritt Dr. C. BIodig aus Graz mit dem Kaiser Führer Ch. Ranggetiner den Suldener Grat am 2. September 1884.³) In der Absicht, vom Königsjoch über die Königsspitze, den Zebru und das Hochjoch den Ortler zu erreichen, eine Tour, welche in den Kreisen der Wiener und Grazer Alpinisten viel discutiert wurde und als grossartigste Gratwanderung in den Ostalpen auch heute noch ein «Problem» ist, verliessen die Genannten schon um 0 Uhr 30 nachts die Schaubachhütte und erreichten auf dem bekannten Wege das Königsjoch um 2 Uhr 20. Im Anfange leisteten mitgenommene Pechfackeln gute Dienste, doch erloschen dieselben, sobald man auf den oberen, dem Winde ausgesetzten Theil des Suldenferners gelangte. Die beiden kamen um 4 Uhr 15 auf die Spitze und warteten trotz empfindlicher Kälte eine Stunde auf einer 25 m. unter dem Gipfel befindlichen windgeschützten Stelle, um nach Sonnenaufgang um 5 Uhr 15 den Abstieg zum Suldenjoche anzutreten. Derselbe bot, so lange es möglich war, auf dem Kamme selbst zu bleiben — und dies war etwa sieben Achtel der ganzen Strecke — keinerlei Schwierigkeiten. Um 7 Uhr 15 waren sie bereits dem Suldener Joch so nahe, dass sie hofften, es in 1/2 Stunde erreichen zu können. Der immer heftiger werdende Sturm zwang sie jedoch, den Grat zu verlassen und sich den furchtbaren Abstürzen gegen das Zebruthal zuzuwenden. Auf dem äusserst brüchigen Fels, der nur spärlich die Eiswand durchsetzte, traversirten sie unter unsäglichen Mühen und kamen erst um 12 Uhr mittags auf das Suldener Joch. Da sie von hier ihren Abstieg zum Suldenferner durch den Gletscherbruch nahmen, vergingen noch weitere 5 Stunden, bis sie den Gletscher erreichten, und so langten sie erst um 6 Uhr 30 abends in St. Gertrud an.
1) Z. A. V. Band V, 351
²) Persönliche Mittheilung von Dr. R. Levy, Wien.
³) M. A. V. 1885, 5.
Quelle: Auszug aus Eduard Richter: Erschließung der Alpen, Band II, Seite 117-
Datum erste Besteigung:
26.07.1880
Gipfel:
Königspitze (Gran Zebru)
Grafik:
Erste(r) Besteiger(in):
Grill Johann (Kederbacher)
Jörg A. (II)
Levy R.
Reinstadler S.