Nordostwand

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Routen Details:
Gailtaler Polinik 2333m
Erste Ersteigung über die Nordostwand: Karl Baum (FritzMüller); 9. September 1908;
Um 6 Uhr früh von Kötschach im Gailthale bei herrlichem Wetter ab, Über Mauten in den Beginn des vermuhrten Grundes des Valentingrabens und aus diesem über den südlichen schroffen Waldhang auf schönem, bequemen Almweg (alte rote Markierung) zur Misoria-Alpe ( 3/4 8 Uhr). Von hier erblickt man südlich hoch ober einem jähen Waldhang eine Rasenkuppe mit trigonometrischem Signal. Am besten weglos zu diesem empor und nicht, wie wir dem Wege folgen, der in westlicher Richtung die jähen Hochwaldflanken - entlang einer langen Holzriese - quert. Wir mußten, nachdem sich der Weg allmählich dem Grunde des wilden Valentingrabens näherte, ungemein steil die urwalddicht bestandenen Hänge nach links (östlich) ersteigen, um endlich (9 Uhr) die erwähnte Rasenkuppe mit dem Signal zu erreichen. Frei liegt nun im Süden der regelmäßige Felsdom des Polenik vor uns, von dessen Spitze sich der schöne Nordgrat heranschwingt. Von der Rasenkuppe leitet uns ein breiter Weg ohne Steigung in einer 1/4 Stunde zu einer Halterhütte am Ende der Waldregion, am Ausgange eines Geröllkessels gelegen, dessen niedere südliche Begrenzungsfelsen eine enge Schlucht durchreißt. Durch sie gewinnt man den weiten, grünen Hochkessel, der sich zwischen Polenik (rechts) und Elferspitze (links) ausbreitet und durch den der Steig auf den Sattel zwischen diesen Gipfeln emporleitet. Nach längerer Rast durchstiegen wir die blockerfüllte Schlucht (letztes Wasser!) und folgten sofort ober ihr der Rasenschneide, die nach rechts der nahen Abstürze des Polenik zuzieht. Eine kurze Schutthalde noch und ein markanter Winkel am Fuße der Nordostwand ist um cirka 11 Uhr erreicht. zwei schroffe kaminartige Schluchten, die sich hoch droben vereinigen, durchreißen den unteren Teil der Wand; nach der Vereinigung der beiden Schluchten dreht sich die Schlucht scharf nach rechts und scheint die oberen Partien der Abstürze ganz zu durchziehen. Über eine 10m hohe, senkrechte Stufe mit kleinen Griffen in den linken Ast der Rinne und nun in ihr über glattiges Gefelse mit lose aufliegenden Steinen vorsichtig empor (Gestein sehr brüchig, wie überall!): Nach einer 1/2 Stunde ist eine kleine Schuttterrasse erreicht, wo sich die beiden Schluchten vereinigen. Südlich und westlich umschließen pralle Plattenwände die Terrasse, durchschnitten von zwei unheimlichen Kaminen. Nördlich jedoch zieht als Fortsetzung der Schlucht eine steile Plattenrinne, ebenfalls mit vielem lockerem Zeug geziert, empor. In oder rechts neben ihr unschwer aufwärts, wobei uns zur Rechten der imposante Tiefblick über die bereits tiefabstützenden Wände begleitet. Nach etwa 100 Meter biegt die Plattenkante, der entlang wir emporsteigen, nach links (westlich) um und zieht als lange, mit äußerst brüchigem Felsen gespickte Steilschneide direkt gipfelwärts; rechts begleitet diese unangenehme schneide ein wildes Couloir, das aber durch eine hohe, glatte Plattenwand abgeschlossen ist. Zirka 1 Stunde lang auf der brüchigen schneide empor, bis nach links auf eine steilabfallende große Schutterrasse ausgestiegen wird. Fester Rasen säumt dieselbe diesseits ein und über ihn steigen wir sehr steil, aber sicher empor. Am Ende der sich in die Gipfelfelsen hineinspitzenden Terrasse noch ein kleiner Schuttschinder; dann folgt kurze, leichte Kletterei und der scharfe Nordgrat ist 5 Minuten nördlich der Spitze gewonnen. Gipfel um 14 Uhr 15 min. nachmittags. Kletterei technisch nicht schwer, doch wegen des überall sehr brüchigen Gesteins bedenklich. Es wurde das langsamste Tempo eingehalten.
Quelle: Mitteilungen der Akademischen Sektion Wien 1909 (14. Jahrgang), Seite 34-35
Datum erste Besteigung:
09.09.1908
Gipfel:
Polinik Gailtaler
Erste(r) Besteiger(in):
Baum Karl
Müller Fritz