Ostwand - "Haupt/Lömpel"
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Routen Details:
Ostwand
An 700 m hoch ist der schmale Mauersturz, mit dem sich die Felsfesten des Langkofelecks gegen das obere Chiavazzestal neigen ; ohne die scharfe Prägung oder Kantenbildung eines der Grohmannspitze oder dem Innerkoflerturm ähnelnden Naturgebäudes aufzuweisen, verschwinden die Konturen in den nördlichen oder südöstlichen Pfeilern, so daß der ganze Felsbau als breite gigantische Rundmauer erscheint, die den südlichen Burghof des Langkofels deckt.
An einem Augusttag des Jahres 1009 erkämpften sich Haupt und Lömpel durch die breite, steile Mulde, die zwischen zwei gelben Pfeilern eingeschnitten ist, den Durchstieg und wurden schließlich in die Nähe des Gipfels von einem roten Felspanzer auf die Südostroute abgedrängt.
Wenn auch der Anblick dieser Felsbastei von hervorragender Schönheit ist, besitzt die an großartigen Felsbildern so reiche Ostflanke doch den bei der geringen Breitenentfaltung unumgänglichen Fehler, daß sich ihre Route in der oberen Hälfte dem Südostweg bedenklich anschmiegt und schließlich zur Einmündung gezwungen wird. Trotzdem dürfte es wohl bald auf diesen beiden Wegen ebenso lebendig werden wie jetzt im Schmittkamin oder an der Grohmannspitze, da die Überschreitung des Eckbaus nicht nur wegen der Nähe des Sellajochhauses, sondern auch wegen der genauen Einblicke, die der Kletterer während seines Aufenthaltes im Schirmhause unwillkürlich in den Felsbau nehmen muß, bald zu den bekannten Bergfahrten zählen wird. — Folgen wir nun dem Kletterer auf seiner beschwerlichen Fahrt: Vom Sellajoch folgt er getreulich den roten Farbzeichen des nach St. Christina ziehenden Weges, bis es ihm möglich ist, das abenteuerliche Gewirr klobiger Felsblöcke („Steinerne Stadt") mühelos gegen den südlichsten Schneefleck zu verlassen. Der Einstieg befindet sich südlich der Nordostroute des Langkofels, wo die Lotrechte die Mittelfalte der Ostwand treffen würde. Über Wandstufen gelangt der Felsenstürmer in eine kleine, kesselartige Mulde, auf der die himmelanstrebenden, gelben Wandschuppen der Ostwand fußen. Noch ist der Weiterweg hier gesichert. Sperren auch senkrechte Pfeiler die Felsen ringsum, so zeigen doch unscheinbare Runzeln dem erfahrenen Felsenmann, wie er die gerade über ihm drohenden schwarzen Wasserflecken erreichen kann. Höher oben aber ragt eine gelbe Barre so stolz und frei gegen Himmel, daß ihm schier der Mut vergeht, gegen dieses Hindernis emporzustürmen!
Von einem dunklen, feuchtschwarzen Felsstreifen zieht eine tiefgefurchte Rinne steil talab. Durch Kamine und Rinnen, über Rippen und Wandln geht es in anregender Kletterei zum südlichen Felsrahmen der schwarzen Zone hinauf. Knapp daneben schmiegt sich der Kletterer über einen Steilbruch vorsichtig und langsam hinan. Höher und höher steigt er an den schwindligen Abstürzen. Nur noch wenige Meter trennen ihn vom sicheren Hort, da greifen die Hände in schrofigen Stein und das Band, das schon vom Tale einen halben Kilometer über dem Einstieg verführerisch winkte, ist gewonnen! Hier muß es sich entscheiden, was der kühne Steiger nun vorzieht: Links, wo die Krone des Sockels, den das Band darstellt, sich in wildem Geklüfte verliert, schlingt sich eine eisverzierte Rinne zu einem lose gebauten Grat hinan, der sich gegen den Südostkamin auftürmt '). Ihn verfolgt derjenige, der das glasig-feuchte Element nicht scheuen muß, denn nur der Flankenumgehung scheint der Sieg zu winken. Noch aber trennen 150 m vom Gipfel, und will man die Möglichkeit, in gelben Wänden weiterzudringen, benützen, so folge man den Spuren Haupts: Nach rechts nördlich kletterte er zu einem Felskopf; ein trügerischer Spalt führt in die roten Gipfelmauern ein, drängt aber bald an seine linke, glatte Kante, der man nach Süden entrinnen muß; schon winkt dort eine steile Rinne, die im Kamin der Südostroute sich fortzusetzen scheint und Haupt, der hier das letzte Stück des alten Wegs benützte, zur schuttbedeckten Spitze brachte.
Zeitangaben der Erstersteiger fehlen. Hingegen teilen die Herren Paul Preuß und Walter Schmidkunz als Dauer ihres Abstiegs 3 St. 50 Min. mit. Selbst bei den hervorragenden Kletterleistungen unserer Zeit aber dürfte diese Richtung nie Ziel der Allgemeinheit werden und der Aufstieg dem wenig angenehmen Abwärtsklettern vorgezogen bleiben.
Quelle: Zeitschrift des DÖAV 1913, Seite 263-264
Datum erste Besteigung:
05.08.1909
Gipfel:
Langkofeleck - Spallone del Sassolungo
Erste(r) Besteiger(in):
Haupt Oswald Gabriel
Lömpel Karl