Nordgrat

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Routen Details:
Kaltwandspitze (2817m), Kölnbreinspitze (2928m) (i. Erst.), Petereck (2881m) (1. Erst.).
Am 8. August vorigen Jahres verliessen M. H. Mayr und ich um 5h früh das Elendhaus (1728m) der Section Klagenfurt, um dem einsamen Hochthale des Kölnbreins einen Besuch abzustatten. Trotz eines vorher gegangenen tadellosen Tages versprach das schwere Gewölk nichts Gutes. Wir gingen den markirten Weg zur Schönau eine Strecke zurück und stiegen nordöstlich durch Krummholz empor. Der Thalboden des Vorderen Kölnbreins blieb tief unten zur Rechten liegen. Ueber Felsstufen und Geröll wurde der sehr zusammengeschwundene Gletscher an der Südseite des Weinschnabel (2750m) erreicht und dann im Nebel zu einer überfirnten Scharte östlich des genannten Gipfels vorgedrungen. Von hier gelangten wir mühelos über den Grat zur Rechten auf den unbenannten westlichen Vorgipfel der Kaltwandspitze (2817m) (Marchkarspitze der Generalstabskarte). Nun erwies sich ein Weiterkommen längs des Grates zum Hauptgipfel undurchführbar, wir mussten daher ziemlich schwierig durch einen engen Kamin wieder zum Gletscher der Südseite hinabklettern und letzteren den Fuss der Felsabstürze entlang verfolgen, bis der Sockel des Hauptgipfels erreicht war. Unschwierige Kletterei brachte uns über bröckliges Gestein um 10h 15 m auf den höchsten Punkt der Spitze, die gegen Nord über 500 Meter fast senkrecht zum Moritzenthal mit seinen drei herrlichen Seen abbricht. Im mächtigen Steinmanne fanden wir die arg verwitterte Karte Hans Wödl’s, des ersten und wahrscheinlich bisher einzigen Besteigers. Die Fernsicht war leider durch Nebel verdeckt. Um 11 h wurde aufgebrochen und theils am Grate, theils an seiner Südseite im Kar bleibend, unter stellenweise sehr anregender, aber nicht schwieriger Kletterei in St. die Kölnbreinspitze (in der Generalstabskarte Bockrücken) gewonnen. Auf diesem von Touristen noch niemals betretenen Gipfel genossen wir eine prächtige Rundsicht, da der Nebel sich grösstentheils gehoben hatte. Entzückend ist der Tiefblick auf das Moritzen- und Rothgildenthai mit ihren vier Hochseen. Wir hielten auf dem jungfräulichen Boden Mittagsrast, bauten einen Steinmann und stiegen um 1 h zum östlichen Kölnbreinkees ab. Dasselbe wurde in südlicher Richtung überschritten und über ziemlich schwierige Felsen die schneidige Spitze des Peterecks (2881m) erklettert. Um 3 h 3om langten wir auf dem schlanken Horne an, das ebenso wie die Kölnbreinspitze in enormer Wand zum Rothgildenthal abstürzt und gleichfalls kein Zeichen menschlicher Anwesenheit aufwies, wofür nun durch ein kleines Merkmal unserer Bauthätigkeit gesorgt ist. Mit dem Wetter hatte sich auch die Fernschau geklärt. Besonders herrlich war die gegenüberliegende Hochalmspitz-Gruppe und das drohend nahe Felsungethiim des östlich aufstarrenden Hafners (3o6im). Um 4h begannen wir den Rückweg anzutreten, zuerst unschwierig über den zum Lausnock (2514 m) nach West ziehenden Grat, später mit fröhlicher Abfahrt über das sanftgeneigte östliche Kölnbreinkees und daran sich schliessende lange Schneefelder. Geröllhalden führten uns in die grüne ebene Thalstufe des Kölnbreins, wo wir den Bach übersetzten, und ein undeutlicher Steig durch Krummholz und sumpfigen Grund zum Elendweg. Um 6 h abends konnten wir bereits wieder vom Unterkunftshause dankbar auf die beiden Spitzen zurückblicken, deren Besuch jedem Freunde erhabener Naturbilder hiermit ans Herz gelegt wird.
Frido Kordon
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1894, Folge 395, Seite 60-61
Datum erste Besteigung:
08.08.1893
Gipfel:
Petereck
Erste(r) Besteiger(in):
Kordon Frido
Mayr Maurilius H.