über die Südflanke des Westgrates
(
Bearbeiten)
Routen Details:
Verpailspitze (3427 m.) - Erste Ersteigung vom Plangerosferner direct über die Südwestwand und Schwabenkopf über den Südostgrat
(Erste Erst.). Am 11. August d. J. brachen wir, die Herren Emil und Carl Sommer aus München und ich, von Feuchten um 2 Uhr 30 morgens auf und erreichten durch das Verpailthal und über den Madatschferner um 7 Uhr 45 den Plangerosferner. Anstatt auf den bis jetzt zum Anstieg benützten Südostgrat loszusteuern, stiegen wir von der zwischen Südostgrat und Westgrat der Verpailspitze direct südwestlich unter dem Gipfel gelegenen Gletscherbucht aus in den Felsen ein. Dieselben waren zunächst gut gangbar, wurden aber immer steiler und waren schliesslich vereist, so dass wir gezwungen waren, ein Stück in einer sehr steilen, hartgefrorenen Schneerinne aufwärts zu steigen. Bald gestattete uns das Terrain wieder den Einstieg in die Felsen, über die wir nunmehr, wenn auch schwierig und exponiert, auf eine aus dem Gipfelmassiv gegen Südwesten vorspringende, kurze Seitenrippe gelangten. Diese verfolgten wir bis zu einem Geröllsattel und stiegen dann über kleinere Wandstufen und durch Rinnen zum Südostgrat empor; auf diesem gieng es leicht zum Gipfel (an 10 Uhr). Bei herrlichem Wetter genossen wir eine wundervolle Aussicht. Um 11 Uhr 30 begannen wir den Abstieg, wobei wir zunächst zu dem erwähnten Geröllsattel zurückkehrten, um dann über ein bequemes Schuttband den Südostgrat zu betreten. Von diesem ohne besondere Schwierigkeit zum Plangerosferner. Während Herr Carl Sommer über den völlig gefahrlosen Ferner in das Madatschthal zurückkehrte, beschlossen Herr Emil Sommer und ich, noch den Schwabenkopf, und zwar über den noch nicht begangenen Südostgrat zu versuchen. Unter dem Westgrate der Verpailspitze hintraversierend, erreichten wir um 1 Uhr 30 die zwischen Verpailspitze und Schwabenkopf gelegene Scharte (Schwabenjoch). Nach einer halbstündigen Rast betraten wir den Grat, der zunächst nach Westen zieht, bald aber eine nordwestliche Richtung annimmt. Zunächst kletterten wir mit ziemlicher Schwierigkeit bis zu dem Punkte empor, wo die Nordwestrichtung beginnt und der zum Madatschjoch ziehende Grat abzweigt. Nun meistens auf dem Grate, der wegen seiner zahlreichen Zacken nicht leicht genannt werden kann, zum südöstlichen Vorgipfel des Schwabenkopfes, der vor uns noch nicht betreten worden war. Nach Errichtung eines Steinmannes wurde dessen westlicher Abbruch südlich umgangen, und um 2 Uhr 45 war der Hauptgipfel des Schwabenkopfes erreicht (3379 m.). Wir rasteten eine halbe Stunde und stiegen dann über die Südwand direct zum Rothen-Karleferner ab, ohne, wie dies bis dahin geschehen war, auf den Westgrat auszuweichen. Der untere Theil der Wand ist sehr steil und erfordert wegen des brüchigen Gesteins grosse Vorsicht. Wir überschritten sodann den Rothen-Karleferner und erreichten um 5 Uhr 15 die Seitenmoräne des Madatschferners, woselbst uns Herr Carl Sommer erwartete. An Feuchten 7 Uhr 45. Die ausserordentlich lohnende und abwechslungsreiche Tour ist, wie alle Touren im Kaunsergrate, deshalb sehr anstrengend, weil sie von der Thalsohle aus unternommen werden muss. Dieselbe würde bedeutend erleichtert werden, wenn im Verpailthal eine Hütte stehen würde. Deren Erbauung ist für die Erschliessung des noch vielfach unbekannten Kaunsergrates ein dringendes Bedürfniss.
J. Henning, S. Algäu-Immenstadt.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1897, Seite 280
Gipfel:
Schwabenkopf (Ötztaler Alpen)