Galtenkogel

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Höhe:
2.986 m
Infos:
Erstbesteigung erfolgte über die Nordflanke

Wir hielten uns nicht lange auf, denn der unerstiegene Galtenkopf schaute sehr abweisend zu uns herüber und seine Besteigung schien viel Zeit zu erfordern. Die Überschreitung des Westgrats der Mittereckspitze wäre, wenn überhaupt möglich, sehr zeitraubend und jedenfalls sehr schwierig. Wir entschlossen uns daher, über die Nordwand abzusteigen, über jene Wand, die mir tags vorher so unmöglich erschienen war. Es war unsere Absicht, eine Felsrippe, welche eine sehr steile Eisrinne zur Rechten begrenzt, so weit als möglich zu verfolgen und dann die Wand in schräg ansteigender Richtung gegen den Fuß des Galtenkopfs hin zu queren.
Vom Grat gelangten wir über rotbraunes, wegen seiner Brüchigkeit sehr schwieriges Gestein zum Ausgang der Rinne und zum Beginn der Felsrippe. Es ging besser, als wir gedacht hatten; nur hieß es, die äußerste Vorsicht walten zulassen, denn das Gestein ist an der Seite des Bergs sehr locker. Der Abstieg war ungemein spannend, da man immer nur einen kleinen Teil des Wegs überblicken konnte, und es nicht möglich war, über die Gangbarkeit des folgenden etwas vorherzusagen. Dort, wo eine sehr schmale zweite Rinne sich mit der Hauptrinne vereinigt, überschritten wir letztere in Stufen, die für Hand und Fuß geschlagen werden mußten; ein darauffolgendes breites Band führte uns in eine Felsrinne, in der wir uns an einem Wässerlein zu einer Rast niederließen. Gerade als wir aufbrechen wollten,
sauste ein Stein herunter und streifte Hechenbleikner am Bein. Hätten wir die Gefährlichkeit des Orts rechtzeitig erkannt, so hätten wir gewiß unseren Käse nicht mit solcher Ruhe verzehrt, als dies in Wahrheit geschehen war.
Über Bänder und Schrofen, Wandln und brüchige Felsen drangen wir nun gegen den Galtenkopf vor. Man kann von hier aus an mehreren Stellen auf das Schneefeld und somit in das Tal gelangen. Durch mit Gras bewachsene Rinnen stiegen wir etwas links von der Fallinie des Gipfels leicht aufwärts. Längst schon hatten wir das Seil im Rucksack geborgen, und frei bewegte sich nun jeder auf dem Weg, der ihm am besten schien. Wir näherten uns von der Westseite her dem Gipfel und mußten uns auf einem schmalen Felsband um den letzten Aufbau herumwinden. Es war 2 Uhr, als wir die jungfräuliche Höhe betraten; der bis dahin Unerstiegene hatte uns heute am wenigsten Mühe gekostet. Da wir nicht die Absicht hatten, unsere Fahrt noch weiter fortzusetzen, verweilten wir längere Zeit auf dem Gipfel; wir freuten uns der bisherigen Tour, genossen die herrliche Aussicht und besprachen die möglichen Anstiege auf die umliegenden Berge. Dann gingen wir auf dem gleichen Wege, den wir gekommen waren, zurück, nur mit dem Unterschied, daß wir jetzt ganz auf das Schneefeld hinabstiegen. In sausender Fahrt ging es dann bis zum unteren Ende desselben. Felsen geboten uns nach links auszuweichen; über brüchige Schrofen gelangten wir tiefer; wieder kam Schnee und bald darauf standen wir an der Moräne des Mail-Froßnitzkeeses. Alte Lawinenreste erleichterten uns den Abstieg; wir überschritten auf solchen den tosenden Gletscherbach und wanden uns durch große Blöcke hindurch auf das Steiglein, das. uns schließlich durch Alpenrosenstauden ins Tal hinunterführte.

Quelle: Zeitschrift des DÖAV 1908, Seite 320-321;

Bild:
Foto gesucht!
Gebirgsgruppe:
Venediger-Gruppe
Erste(r) Besteiger(in):
Franzelin Eduard
Hechenbleikner Ingenuin
Datum erste Besteigung:
27.07.1905

Routen:
Nordwand
Nordwestgrat

(Route Neu)