Schaufelwand
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Höhe:
2.014 m
Infos:
Schaufelwand (ca. 2000 m). (I. Erst.)
Die diesjährigen Osterfeiertage benützte ich in Gemeinschaft mit den Herren C. Gelbmaun, St. Hefele und F. Kräftner dazu, um unserem Hochschwabgebiete den ersten Besuch in dieser Saison abzustatten. Wir hatten es in erster Linie darauf abgesehen, der im Rufe der Jungfräulichkeit stehenden Schaufelwand ernstlich an den Leib zu rücken. Begünstigt vom besten Wetter verliessen wir am Ostersonntage den 2. April um 3 h morgens Tragöss, um zuvörderst zur Sonnschienalpe anzusteigen, die wir auf der Route durch die Klamm nach einigen Mühen, welche uns der noch reichlich vorhandene Schnee verursachte, um 7 h erreichten. Nach halbstündiger Rast setzten wir unsere Tour fort zum Schafhalssattel, liessen den Ebenstein zur Rechten und gelangten, längs der Schaufelwand ein steiles verschneites Schuttfeld querend, zum Schiefwaldsattel, der Depression zwischen dem Brandstein und unserem Berge. Hier wandten wir uns nach rechts (östlich), stiegen eine steile Geröllhalde nach aufwärts und kamen so an das Plateau der Schaufelwand, einem sanft ansteigenden, breiten, zur Zeit überschneiten Rasenboden, welcher nach Süd und Nord in senkrechten, theilweise überhängenden Wänden abfällt. Vor uns in östlicher Richtung erblickten wir den eigentlichen Culminationspunkt, einen ungemein steil ansteigenden, in seinem unteren Theile felsigen und darüber mit einem nichts weniger als einladend aussehenden Schneefelde gekrönten Gipfel, welcher mit dem Plateau durch einen schmalen felsigen Grat verbunden ist. Unsere Rucksäcke zurücklassend, betraten wir denselben um 9 h 40 m, stiegen etwas abwärts den unteren Felswandeln zu, wobei wir eine auf Platten ruhende kurze Schneezunge zu durchqueren hatten, die zur äussersten Vorsicht mahnte, um den durchweichten, zum Theile hohl liegenden Schnee nicht in das Rutschen zu bringen. Gute Griffe erleichterten uns das nun folgende kurze Stück Kletterei, und wir betraten das von unten aus viel drohender aussehende Schneefeld, an dessen oberem Ende ein ungemein luftiger, nach Norden überhängender scharfer Felsgrat ansetzt, der zum Theile reitend überwunden wurde und uns zu einem Felsthurme leitete, welcher auf schmaler Leiste und mit wenig prakticablen Griffen nach rechts umgangen werden musste. Dies ist die exponirteste Stelle der ganzen Schaufelwand, von wo aus der Blick mehrere hundert Meter tief frei auf die unten liegenden Schuttfelder schweift. Wir betraten nun ein Felsthor, gerade breit genug, einen Mann mittlerer Stärke durchzulassen, kletterten dann nach links eine Wand empor und erreichten hierauf abermals den Grat, welcher hier noch luftiger als der erste Theil, ausserdem auch aus sehr brüchigem Gestein zusammengesetzt ist, und nach wenigen Minuten standen wir Punkt 11 h auf dem Gipfel selbst. Derselbe besteht aus mehreren niedrigen Gratzacken, ist sehr schmal, und während die nördliche Breitseite überhängend ist, weist die Südseite senkrechte Wände auf, die unvermittelt auf die darunter liegenden Geröllhalden blicken lassen. Spuren einer bereits stattgefundenen Ersteigung waren nicht vorzufinden. Wir erbauten daher einen Steinmann, hinterlegten in demselben unsere Karten mit dem Datum der ersten Ersteigung, und nachdem wir überdies mittelst Farbe noch unsere Anwesenheit genügend verewigt hatten, erfolgte der Abstieg auf gleicher Route um 11 h 30 m; 12h 3om erreichten wir unsere Rucksäcke und um 2h die Sonnschienalpe. Ausserordentlich unangenehm war uns sowohl im Anstiege als auch beim Abstiege ein orkanartiger Sturmwind, gegen welchen wir öfters mit allen Kräften anzukämpfen hatten, um nicht in die Tiefe geschleudert zu werden. Von der Sonnschienalpe erfolgte der Abstieg über die Sackwiesen- und Häuselalpe zum Bodenbauer in 2 1/2 St.
Schliesslich bemerke ich noch, dass die bisherigen Ersteigungen der Schaufelwand von Seite der Jäger sich lediglich auf das grosse Plateau unter dem eigentlichen Gipfelaufbau beschränkten, was sich auch nach an Ort und Stelle eingezogenen Erkundigungen vollauf bestätigte.
Den nächsten Tag verwendeten Herr Hefele, Kräftner und ich dazu, den Festelbeilstein (IV. Erst.) zu erklimmen, dessen Gipfel wir bei wunderbarem Wetter vom Bodenbauer aus nach 4 St. betraten. Vollkommen reine Aussicht und eine anregende Kletterei lohnten unsere Mühe reichlich, dazu kam noch das Vergnügen, den Rückweg vom Vorgipfel aus zum grössten Theile abfahrend zurücklegen zu können, infolge dessen wir vom Gipfel des Festelbeilstein bereits nach 21/4 St. in St. Ilgen anlangten.
Niedere Tauern.
Math. Schettinz
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1893, Folge 373, Seite 107-108
Bild:
Gebirgsgruppe:
Hochschwab-Gruppe
Erste(r) Besteiger(in):
Gelbmann Karl
Hefele St.
Schettinz Matth.
Datum erste Besteigung:
02.04.1893
Routen:
Nordwand
Südwand
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Route Neu)