Sojer Michael (Soyer)

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Foto gesucht!
Biografie:
(genannt Steinackerer)
Steinackerer, ein verwegener Bauernknecht aus Going, der später wahrscheinlich als behördlich
anerkannter Führer tätig war; das Führergrundbuch der Sektion enthält seinen Namen allerdings nicht. An Stelle eines Lichtbildes, das ebensowenig wie vom Hauzensteffel aufzutreiben war, setze ich eine kurze Beschreibung dieses bedeutenden Felskletterers aus der Feder von G. Merzbachers, der mir in Briefform ein köstliches Bildchen dieses Mannes schuf.
Sehr geehrter Herr Nieberl!
Mit einem Lichtbild des wackeren Steinackerers kann ich leider nicht dienen. Ich glaube kaum, daß die verwitterten Züge des alten Schaflers sich jemals in einer photographischen Linse gespiegelt haben. Das Wesentliche aus seinem einfachen Lebensgang: „Vom Schafler zum Bauernknecht" dürfte Ihnen zum Teil bekannt sein. Als Schafler hat er wohl an 20 Jahre lang, besonders beim Aufsuchen verstiegener Schutzbefohlener, die verborgendsten Winkel des „Wilden Kaisers" kennen gelernt und durchklettert, wie kaum ein anderer (NB. ohne Mauerhaken) und dieser wilden Natur war seine äußere Erscheinung angepaßt. Gedrungen von Gestalt, sehnig, ungeschlacht, mit rotblondem Haar und kleinem struppigen Schnurbart, kühner Nase und kleinen blauen, schlau blinzelnden Augen, von denen das eine halb eingedrückt war, als Folge einer der mit seinem Leben unzertrennlich verbundenen Raufereien. Auch sonst war sein Gericht von zahlreichen aus solchen Händeln stammenden Ehrenzeichen durchfurcht. Beinahe so oft ich ihn wiedersah waren sie um eines vermehrt. Er war auch in seinen jungen Jahren unter den Burschen einer der gefürchtetsten „Rackler". Diese Rackl — oder Ranggelkämpfe — spielten sich wie Ihnen bekannt sein dürfte, bei der sogenannten „Racklkapelle" oberhalb Going ab. Ein wilder Raufbold aber ist dieser unverdorbene Naturmensch sein Leben lang geblieben.
Einer seiner hervortretendsten Züge war seine Vorliebe für den Schnaps. Von Samstag an über den Sonntag war er niemals nüchtern zu treffen und da ich gewöhnlich spät am Samstag Abend in Ellmau zu einer Sonntagstour eintraf, war es nie leicht, mir seine Begleitung zu sichern. Da verfiel die gute alte Frau Kaisermann — Sie haben die liebe Frau vielleicht noch gekannt — auf ein ausgezeichnetes Mittel: sie ließ Steinackerer schon am Samstag Abend kommen, sperrte ihn mit seinem Rausch in eine Kammer ein, wo er ihn nun bis zu meinem sehr frühzeitigen Aufbruch ausschlafen konnte. Zu einer Zeit, da es noch keine Schutzhütten gab, trat man die Touren oft von Ellmau aus an. Naiv war das ganze Wesen dieses gutmütigen, braven und bescheidenen Naturmenschen. Einst, als wir — ich erinnere mich nicht mehr bei welcher Tour — im ersten Frühling auf halber Höhe eine Felswand durchqueren mußten, wo oben die Sonne anschlug und das vom Schmelzwasser herbeigebrachte in der Nacht festgefrorene Geröll auftaute, so daß beständig Gesteinssalven niedergingen, zögerte ich vor der augenscheinlichen Gefahr. Ihm aber war es zuwider, tief abzusteigen, um die Stelle zu umgehen und dann wieder hoch anzusteigen. Mir allerdings auch. — „Geh ma", sagte er, „bal's b'schlosse'n is, dass mit uns zwoa aus sein soll, kemma mir do net aus und bald unser Stündl no net g'schlag'n hat, macht's uns eh nixn". Obwohl nur wenig überzeugt von dieser fatalistischen Logik, entschloß ich mich dennoch und wir passierten die kitzliche Stelle heil. Kaum waren wir an gesichertem Platze angelangt, als auch schon ein wahrer Hagel von Steinen niederging, der einige Sekunden früher unser Beider Bergsteiger- und Erdenlaufbahn beendet hätte. Steinackerer konnte sich in seiner treuherzigen Weise nicht genug tun, mir zu versichern, daß er seiner Sache ganz sicher war. In seinen jungen Jahren scheint er auch ein kühner Verehrer der Weiblichkeit gewesen zu sein. Manchmal, wenn wir irgendwo rasteten und er besonders gut gelaunt war, ertönte durch die Stille der Berge seine helle Stimme in langgezogenen Tönen und in stark akzentuierter Weise sein Lieblingsg'stanzl:

Diandl, bal mi magst, tuast mi deut'n,
oder geist miar an Stoß mitn Knia,
Sunst winkst miar mit Augna vo weitn,
Bald glei ebbas hiab'n willst mit mia . .
Bergheil!
Ihr G. Merzbacher.

Wie mir Herr van Hees noch mitteilte, war Hansl Knecht beim Ledererbauern in Scheffau. Er erzähIte mir ferner, daß er besonders gern seine Touristen aufforderte, seinen Schädel abzutasten, wo unter dem krausen Haarfilz allerdings Gruben und Gräben von beträchtlicher Zahl und Ausdehnung zu fühlen waren. Als Führerlohn pflegte er 5 fl. für den Tag zu verlangen; 3 davon behielt er selbst, 2 mußte er dem Bauern als (Entgelt für entgangene Arbeit abliefern. Nun zu seinem Anteil an der Erschließung des Kaisers.
Am 6.6.1881 eröffnete er mit Max van Hees den heute gebräuchlichen Südanstieg auf die Ackerlspitze über Nieder- und Hochsessel.
Am 16.6.1881 raubte er dem von den kühnsten Steigern scheu gemiedenen Totenkirchl die Unnahbarkeit. Diese mit Merzbacher durchgeführte Felsfahrt hätte allein genügt, seinen Namen weithin bekanntzumachen.
Tags darauf überschritt er mit Merzbacher das erstemal das Ellmauer Tor von N. nach S., eine Bergfahrt, die sich mit der heute glänzend gangbar gemachten steinernen Rinne gar nicht vergleichen läßt, wie der Schreiber dieser selbst genau bezeugen kann.
Am 19.6.1881 führte er Merzbacher auf dem Abstiegsweg (über das Schönwetterfensterl) auf die Ackerlspitze, wobei sie auch die östl. Hochgrubachspitze betraten und stieg über die Maukspitze zur Kaisermannalm ab.
Am 29.6.1881 erstieg er mit van Hees die hintere Karlspitze vom Elfmauer Tor.
Am 29.5.1882 griff er mit Merzbacher und van Hees das Lärcheck von der Fischbachalpe an und führte das für unmöglich gehaltene Unternehmen glücklich durch.
Andern Tags, bezwang er mit Merzbacher die „zweithöchste Spitze der höchsten Törlspitze", die sog. Jochofenspitze, welche aller Wahrscheinlichkeit nichts anderes ist als die heutige Regalpwand, und einen Monat später, am 30.6., stieg er mit dem gleichen Bergsteiger der Törlspitze" selbst, worunterdie Regalpspitze zu verstehen ist, aufs Haupt.

Quelle: Festschrift 50 Jahre Sektion Kufstein (1877-1927), Seite 167-169

Gestorben. Bergführer Michael Soier in Ellmau, der mit Dr. Merzbacher die erste Ersteigung des Totenkirchls ausführte und allen Hochoturisten des Wilden Kaisers wohl bekannt war, ist am 22. Dezember im 73. Lebensjahre gestorben.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1920, Seite 9

Sojer Michael „Steinackerer“ (Soyer), Bergführer, * Going, Kitzbühel
1881 1.Best.Totenkirchl über Nordflanke bis zur 2. Terrasse „Merzbacher Weg“,III,250 HM,2193m, (Wilder Kaiser)
1881 1.Best.u.1.Beg.Ellmauer Tor durch Steinerne Rinne,1997m, (Wilder Kaiser)
1881 1.Best.Östliche Hochgrubachspitze über Ostgrat von der Ackerlspitze,2284m, (Wilder Kaiser)
1881 1.Best.Westliche Hochgrubachspitze aus dem Griesner Kar „Normalweg“,2277m, (Wilder Kaiser)
1881 1.Übergang Hochgrubachspitzen,2284m,-Regalpspitze,2227m, (Wilder Kaiser)
1881 Best.Ackerlspitze von Süden über Hochsessel „Normalweg“,2331m, (Wilder Kaiser)
1882 1.Best.Regalpspitze von Norden aus dem Griesner Kar „Normalweg“,2249m, (Wilder Kaiser)


Geboren am:
1836
Gestorben am:
22.12.1909

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