Gotthold Friedrich
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Biografie:
Dr. Friedrich Gotthold (+)
Die Sektion Kassel betrauert zu tiefst das plötzliche Hinscheiden ihres 1. Vorsitzenden, des Senatspräsidenten Dr. Friedrich Gotthold, der am 24. August 1962 auf dem Floitenkees der Zillertaler Alpen durch Spaltensturz tödlich verunglückte. Der Bergsteigertod Dr. Gottholds erfährt dadurch eine besondere Tragik, weil die Sektion noch im März dieses Jahres unter tatkräftiger Mitwirkung ihres 1. Vorsitzenden ihr 75jähriges Bestehen festlich begehen und einige Monate später, nur wenige Tage vor dem Unfall, das 35jährige Jubiläum ihrer Zillertaler Hütte feiern konnte. Nach einem Empfangsabend durch die Gemeinde Mayrhofen unter ihrem Bürgermeister Kröll im Gasthof „Kramerwirt", Mayrhofen, an dem Dr. Gotthold nebst Gattin, der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Dr. Lauritzen, mit Gattin, sämtlich Sektionsmitglieder, und eine stattliche Anzahl Sektionsangehöriger teilnahmen, fand die eigentliche Hüttenfeier Sonntag, den 19. August 1962, statt. Am Vormittag dieses Tages war auf der Wollbachspitze (3210m) in Gegenwart Dr. Gottholds ein Gipfelkreuz geweiht worden, wobei der Pfarrer von Brandberg, Wiro Seegers, eine heilige Messe zelebrierte.
Die harmonisch verlaufene Feier auf der Hütte der Sektion fand am Abend statt, an der neben dem 1. Vorsitzenden auch Oberbürgermeister Dr. Lauritzen teilnahm. Nach einem Aufenthalt von einigen Tagen im Hüttengebiet gelangte Dr. Gotthold mit zahlreichen Sektionsmitgliedern auf dem Kasseler Höhenweg über die Lapenscharte zur Greizer Hütte. Von hier begann am 24. August 1962 der Aufstieg über das Floitenkees zur Schwarzensteinhütte, wozu sich vier Seilschaften gebildet hatten. Alle waren gut ausgerüstet. Die erste Seilschaft bestand aus unserem bewährten und allseits im Gletschergebiet erfahrenen Jugendgruppenleiter Hans Siehndel als Führer; als zweite ging Frau Dr. Gotthold, als dritter Ludwig Knop, ein weiteres Sektionsmitglied, und als letzter unser 1. Vorsitzender. Etwa 100 Höhenmeter unter dem Trippachsattel brach
Dr. Gotthold, nachdem die vor ihm gehenden Seilkameraden die Stelle ohne Schwierigkeiten passiert hatten, durch eine Schneebrücke und stürzte etwa 3 bis 4 m tief in eine ca. 1,20 bis 1,50 m breite Spalte. Die Seilschaft verspürte kaum einen Ruck. Das Seil hielt. Nach entsprechender Sicherung nahm der Führer der Gruppe sofort Rufverbindung zum Gestürzten auf, der auch antwortete, und traf die erforderlichen Rettungsmaßnahmen. Nachdem noch unser junger Bergkamerad Horst Zillat zum Verunglückten abgeseilt worden war, konnte Dr. Gotthold in der verhältnismäßig sehr kurzen Zeit von etwa 20 Minuten aus der Spalte geborgen werden. Jetzt war er allerdings bewußtlos; es wurden sofort unter sachkundiger Anweisung Wiederbelebungsversuche angestellt, die ununterbrochen etwa 7 Stunden durchgeführt wurden. Leider blieben sie erfolglos. Der Unfall geschah gegen 11 Uhr 30. Hans Siehndel unterrichtete sofort, als die erste Veranlassung dazu bestand, die nicht mehr weit entfernt gelegene Schwarzensteinhütte (2923 m), von der der Gehilfe des Hüttenwirts in der unwahrscheinlich knappen Zeit von ca. 70 Minuten nach St. Johann im Ahrntal lief und dort gemäß schriftlichem Auftrag von Hans Siehndel fermündlich von der Flugrettung Innsbruck einen Hubschrauber anfordern ließ. Es erschien zunächst eine Pipermaschine von der Rettungsstelle Innsbruck (Pilot Inspektor Bodem). Sie konnte jedoch auf dem Gletscher nicht landen und mußte umkehren. Entsprechende Zeit später kreiste ein Hubschrauber der Flugrettung Salzburg (Pilot Inspektor Haase) über der Unfallstelle. Dr. Gotthold wurde vom Hubschrauber übernommen und sofort nach Zell am See geflogen. Der Amtsarzt konnte hier jedoch nur noch
einen Herztod infolge Erschöpfung feststellen. Äußere oder innere Verletzungen hat Dr. Gotthold entgegen anders lautenden Mitteilungen nicht gehabt.
Der tragische Tod unseres Dr. Gotthold hat in der ganzen Sektion und darüber hinaus tiefe Trauer ausgelöst. Seit 1956 leitete er als 1. Vorsitzender die Geschicke unserer Sektion. Daneben war er Vortragsreferent. Dem Alpenverein gehörte er seit 1924 und der Kasseler Sektion seit 1953 an. Er war Inhaber des silbernen Edelweiß. Auf den verschiedensten Tagungen vertrat er die Sektion, und war vor allem überall da, wo Schwierigkeiten zu meistern waren. Er war in ständiger Bereitschaft für die Hütte der Sektion und die Wege in deren Arbeitsgebiet. Die neue Materialseilbahn für die Hütte, der Anfuhrweg dazu, bauliche Erweiterungen an der Hütte und nicht zuletzt der aussichtsreiche und zum Teil hergestellte Verbindungsweg zur Edelhütte der Sektion Würzburg werden uns stets an das segensreiche Wirken unseres Dr. Gotthold erinnern. Er war uns allen aber auch ein prächtiger Bergkamerad, der zu den Tiroler Menschen diesseits und jenseits des Zillertaler Hauptkammes herzliche Beziehungen unter hielt. Er liebte das Gebiet der neuen Hütte der Sektion ebenso wie das der alten Kasseler Hütte in der Rieserfernergruppe. Wir haben in Dr. Gotthold einen 1. Vorsitzenden mit großer Begabung und hohem Idealismus verloren, der der Sektion unschätzbare Dienste geleistet hat. Wir werden seiner stets ehrend gedenken.
Dr. Schumann
Quelle: Mitteilungen des DAV 1962, Heft 12, Seite
Gestorben am:
24.08.1962