Gogiatti Gottfried

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Biografie:
Gottfried Gogiatti
*22. Dezember 1895 - 7. Mai 1976
An einem unfreundlichen, regnerischen Maitag des vergangenen Jahres hatten wir uns auf dem Friedhof von Gersthof zusammengefunden, um von Gottfried Gogiatti Abschied zu nehmen. In seinen Gedenkworten hob Präsident Dr. Rind hervor, daß wir mit dem Verstorbenen ein besonders treues Mitglied verloren haben, das dem Österreichischen Alpenklub durch mehr als fünfzig Jahre angehört hatte.
Gogiatti stand bei Ausbruch des ersten Weltkrieges im 19. Lebensjahr, erfüllte seine Pflicht als Soldat an der Südfront und wurde für hervorragenden persönlichen Einsatz mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Knapp vor Beendigung der Kampfhandlungen geriet er noch in italienische Gefangenschaft. Als er endlich heimkehrte, gelang es ihm in der wirtschaftlichen Notzeit nur mit größter Mühe, eine gesicherte Existenz aufzubauen. Erst dann konnte er daran denken, seine Frau ?Minki" heimzuführen, die ihm bis an sein Lebensende eine treue und fürsorgliche Gefährtin blieb.
Über die bergsteigerische Tätigkeit Gogiattis liegen nur spärliche Aufzeichnungen vor. Von ihm selbst wissen wir, daß er sich seit seiner frühesten Jugend den Bergen im besonderen Maße verbunden fühlte und ihnen während seines ganzen Lebens die Treue bewahrte. Zu seinen ersten Gefährten zählten unter anderen die Brüder Sepp und Willi Dobiasch, Otto Feutl und Ing. Kleinhans. Fast alle Gruppen der Ostalpen und einzelne Gebiete der Westalpen lernte er im Sommer und im Winter kennen. Viele, auch schwierige Bergfahrten führte er aus und war auch an mehreren Neutouren beteiligt. Mit Fred Rumpler begleitete er Ing. Fink auf die noch nicht begangene Nordkante des Madatschfingers im Kaunergrat, stieg in den Julischen Alpen mit Leo Fuchs auf neuem Weg durch die Nordwand des Jalouz, und im Hochschwabgebiet mit Hellmuth Dworak durch die Nordwestwand des Großen Giessteins. Gogiatti verstand es vorzüglich, seine Erlebnisse in den Bergen in Wort und Schrift lebendig und anschaulich zu schildern, was mehrere Aufsätze in der Österreichischen Alpenzeitung beweisen.
Ich habe Gogiatti in der Austria-Bergsteigerschaft kennengelernt. Bei einer Gemeinschaftsfahrt zu Pfingsten 1935 verband uns zum erstenmal das Seil. Wir überschritten in größerer Gesellschaft das Totenköpfel, den Reichenstein und das Sparafeld, und stiegen zur ?Märchenwiese" unterhalb des Kalblinggatterls ab, wo uns zahlreiche weitere Kameraden erwarteten. Bis spät in die Nacht saßen wir in froher Runde um ein mächtig loderndes Lagerfeuer, ehe wir uns zu kurzem Schlaf in die Zelte zurückzogen. Denn früh am nächsten Morgen ging es wieder bergwärts, dem Kalbling entgegen, dessen Gipfel wir über die Westwand und anschließend über den Südgrat erreichten. ?Gogi", wie ihn alle seine Freunde nannten, war ein verläßlicher und angenehmer Gefährte. Wir unternahmen daher immer wieder gemeinsame Bergfahrten auf den Wiener Hausbergen, im Gesäuse und im Wilden Kaiser. Zu unserer schönsten Tour vor dem Krieg wurde die fünfte Begehung des Stadlerweges durch die Nordwand des Wolayer Seekopfes.
Als ich im Jahre 1946 aus der Gefangenschaft heimkehrte, kam ich auch bald wieder mit Gogi zusammen und in die Berge. Schon im Frühjahr 1947 wanderten wir, der schlechten Verkehrsverhältnisse wegen, vom Semmering über den Orthof und das Preiner Gscheid zum Gasthaus Moasser an den Südhängen der Rax, das wir als Standort für einige wenig bekannte Klettereien in den Rax- und Kahlmäuern ausersehen hatten. Auch die Berge um den Hochschwab konnten wir bald wieder besuchen, wo uns im Herbst 1948 eine besondere Unternehmung gelang: die Südostwand des Ringkamps. Dieser Anstieg wurde von Raimund Schinko und Sepp Dobiasch erstmals begangen und zum Gedenken an Willi Dobiasch ?Williweg" genannt. Die Wiederholung gerade dieses Weges führte Gogi in der Erinnerung zurück zu den Freunden seiner Jugend, und ich lernte eine prächtige und schwierige Kletterei kennen.
Seit meinen letzten Bergfahrten mit Gogi sind fast zehn Jahre vergangen. Im Früh-sommer 1967 erreichten wir den Kaiserstein des Wiener Schneeberges über den Bürkle-pfad, der Gogi noch unbekannt geblieben war. Wohl wußte ich, daß ich mit der Erfüllung dieses Wunsches eine große Verantwortung auf mich nahm. Gogis Gesundheitszustand ließ schon sehr zu wünschen übrig ? sein Kreislauf war längst nicht mehr in Ordnung.
Aber es ging alles gut! Er freute sich des herrlichen Tages, des schönen Weges und wohl auch der ihm noch verbliebenen Leistungsfähigkeit. Das Gelingen dieser Fahrt ließ einen weiteren Wunsch in ihm wach werden. Er sah die Berge des Hochschwabgebietes seit Jahrzehnten als seine Bergheimat an, und die Südwand des Hauptgipfels war ihm besonders ans Herz gewachsen. So bat er mich, ihn noch einmal durch die Wand seiner Jugend zu führen. Am Morgen eines wunderschönen Herbsttages wanderten wir von der Voisthalerhütte, wo wir genächtigt hatten, durch die Obere Dullwitz hinauf zum Trawiessattel, über dem sich die plattige Wand aufbaut, und hinüber zum Einstieg des Doméniggweges. Wieder war Gogis Freude über die prächtige Kletterei groß! Nur die abdrängende Wandstelle, die den ersten Kaminen folgt, machte ihn kleinmütig. Er war der Meinung, daß sie rechts umgangen werden kann. Obwohl mir die Wegführung vollkommen klar war, querten wir um die Kante, wo dann auch Gogi von der Unmöglichkeit des Weiterkommens überzeugt war. Nun kamen wir ohne Schwierigkeiten höher, erreichten die Schlucht der oberen Wandhälfte, und stiegen an ihrer westlichen Begrenzungskante, den eindrucksvollen Tiefblick genießend, langsam dem Gipfel zu.
Gogis Händedruck und das frohe und glückliche Leuchten seiner hellen blauen Augen ließen mich erkennen, welch großes Geschenk ich ihm mit dieser Bergfahrt gemacht hatte! So wurde auch für mich diese Gipfelstunde auf dem Hochschwab zu einem einmaligen Erlebnis, das mir für immer in Erinnerung bleiben wird!
Deine Freunde vom Berg, lieber Gogi, werden dich nie vergessen, und der Österreichische Alpenklub wird dir stets ein ehrendes Gedenken bewahren! Berg-Heil!
N. Stärker
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1977, Jänner/Februar, Folge 1411, Seite 20-22


Geboren am:
22.12.1895
Gestorben am:
07.05.1976

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