Karafiat Josef

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Biografie:
Dipl.-Ing. Josef Karafiat
In den letzten Jännertagen geleiteten wir einen meiner besten Freunde und Tourengefährten, unseren lieben Karafiat, zur letzten Ruhestätte ins Grab seiner Erstgeborenen, die in der Blüte ihrer Jahre von Eltern und Schwester scheiden mußte. Eine große Zahl von Leidtragenden bildete das Geleite auf dem Schwechater Friedhof. Unter einem Berg von Kränzen und Blumen verschwand der kleine Hügel. Dr. Paul Kaltenegger sprach für den Klub hinab ins Grab und hielt letzte Zwiesprache mit dem Toten, Herzliche Worte des Gedenkens seiner geschäftlichen Tätigkeit als Direktor der Metallhütte Liesing, Bosch an & Co., sprach einer der beiden Chefs der Firma. Die letzten 15 Jahre seines Lebens hatte der Verewigte dem Aufbau dieses Unternehmens gewidmet. Ein Herzinfarkt Ende des Jahres 1952 zwang ihn, seine aufreibende Tätigkeit einzudämmen. Was ihn noch mehr betrübte, war das Aufgeben aller bergsteigerischen Tätigkeit und auch des Rauchens. Nun trat Freund Sinek aus der engeren Runde des „Langen Tisches" an das Grab und sprach, die Stimme gebrochen von echtem Abschiedsschmerz, liebe Worte an den toten Freund, der dieser geselligen Runde schon so viele Jahre angehörte.
Eines Jahres, ich glaube, man schrieb 1931, fuhr ich ohne Begleitung und unbestimmten Zieles in die Montblancgruppe, Eine Magenverstimmung zwang mich, schon in Vorarlberg auszusteigen. Die Scesaplana war eines meiner alten, unerreichten Ziele. Als ich als Alleinwanderer zur Tilisunahütte kam, traf ich dort Ing, Karafiat in Gesellschaft seines Freundes Richard Kopecny. Rasch war Bergfreundschaft geschlossen, und gemeinsam gelangen uns viele schöne Fahrten im Rätikon. Und damit begann eine echte Kameradschaft, die durch die Freundschaft unserer beiden jüngsten Töchter, Dorli und Gerlinde, noch fester gestaltet wurde. Der Sommer 1943 zeigte uns mit unseren Töchtern die herrlichen Lienzer Dolomiten, wo uns durch eine volle Woche herrlichstes Wetter erfreute. Schöne Wanderungen und, einige nette Klettereien vermittelten uns einen nachhaltigen Eindruck des Restes. der uns verbliebenen Dolomiten. Das schönste Geschenk waren uns die stundenlangen Gipfelrasten und das Wandern auf almrausch- durchsetzten Hängen. Nach Lienz zurückgekehrt, statteten wir auch der Glocknergruppe einen kurzen Besuch ab, um unsere Töchter auf den höchsten Berg unseres klein gewordenen Vaterlandes zu führen. Bei schönstem Wetter gingen wir über die Salmhütte zur Adlersruhe und betraten leider bei Nebel unser Ziel. Von der Oberwalderhütte gelang uns dann wieder bei schönstem Wetter die lange Gipfelwanderung zum Wiesbachhorn und zum Schwaigerhaus. Es war ein wunschloses Wandern in voller Eintracht hoch über all den Tälern und eine mehrstündige Rast auf dem formschönen Abschlußgipfel unserer Wanderfahrt. Im nächsten Jahr wanderten wir von Krimml zur Warnsdorfer Hütte, und wenn auch geplante schöne Touren zu Wasser wurden, so übten wir doch an regenfreien Nachmittagen eifrig in den steilen Gletscherhängen nahe der Hütte modernes Steigeisengehen, wobei unsere Mädchen sich als sehr gelehrig entpuppten. Des Wartens müde, wanderten wir eines Tages bei Regen und Schneetreiben übers Krimmler- und Maurertörl zur Rostocker Hütte und von dort am nächsten Tag zur Johannishütte und zum Defreggerhaus. Bei dichtem Nebel kamen wir dann zur Prager Hütte. Hier trennten wir uns, da wir direkt ins Krimmltal absteigen mußten, indessen Karafiat mit seiner Tochter den Venediger und die Hohe Fürleg bei schönstem Wetter besteigen konnten.
Noch einen Sommer, 1947, war es mir vergönnt, mit Vater und Tochter Karafiat in den Gletscherbergen unserer schönen Ostalpen den Urlaub zu verbringen. Gemeinsam mit Freund Walcher zogen wir in das Zillertal, und wieder war uns das Wetter günstig. Jeden Tag gab es Ausbeute. So erkletterten wir die Südwand der Keil-bachspitze auf neuem Weg und vollführten als Glanzpunkt unserer Fahrten die Überschreitung des Großen Löfflers in überraschend kurzer Zeit. Es war ein herrlicher, frischer Sonntag. Einige Führeraspiranten mit jungen Mädeln aus dem Zillertal hatten die gleiche Tour auf dem Programm. Sie gingen vor uns von der Hütte weg, und wir dachten, als Einheimische wüßten sie einen besseren Zugang zum Nordostgrat. Wir hatten aber den Anstieg tags zuvor ausgekundschaftet und folgten ihm genau. Bei unserer ersten Rast sahen wir jedoch die Karawane noch tief unten auf dem Gletscher herumwandern. Die Kletterei selbst vollzog sich auf herrlichem Urgestein, und rasch kamen wir in zwei Partien dem Gipfel näher. Den Abstieg über den zerrissenen Gletscher kannten Karafiat und ich von früheren Fahrten her. Nur die Randkluft kurz unter dem Gipfel mußte übersprungen werden. Unterwegs zeigte uns Karafiat ungefähr die Stelle, wo er in, Begleitung eines seiner ersten Tourengefährten, Pudernik, im Jahre 1911 in eine tiefe Spalte gestürzt war und sich Knöchel, Fersenbein und Wadenbein gebrochen hatte, Der mühsame Abtransport zur Hütte verlangte von beiden große Anstrengungen. Zur Nachmittagsjause saßen wir bereits in der schmucken Greizer Hütte und hielten Ausschau nach unseren Nachfolgern. Wir konnten trotz Fernglas keine Spuren von ihnen entdecken. Da die Nacht klar und ohne Mondschein blieb, verständigten wir den Hüttenwirt, damit er eine Laterne vor das Haus zur Kennzeichnung der Lage der Hütte hänge. Am nächsten Tag erfuhren wir, daß die „Einheimischen" ziemlich einige Zeit nach Mitternacht die Hütte erreicht hatten. Dies war die letzte große Fahrt mit meinem lieben Freunde und seiner Tochter und wird mir als einer der Glanzpunkte meiner ostalpinen Tätigkeit immer in Erinnerung bleiben.
Über die alpine Tätigkeit Karafiat ist zu berichten, daß er im Jahre 1906 das Bergsteigen begann. Als er noch als Wanderer auf dem Wege zur Simonyhütte und zum Schafberg Lust zum Bergsteigen bekam, kaufte er in Salzburg Bergschuhe, einen Rucksack und eine „Alpenstange" und erstieg Watzmann, Breithorn und Hochkönig. So wurde er Bergsteiger und machte mit Gefährten aus der Sektion Wien, wie Seehofer, Kopecny, Pudernik, Rössel usw., ab 1917 auch mit seiner Frau, alle üblichen Kletter-fahrten auf der Hohen Wand, der Rax, dem Schneeberg und im Gesäuse.
Als besondere Tat aus seiner Jugendzeit ist die Rettung unseres Mitgliedes Hein-ritz auf dem Großen Buchstein (1912 oder 1913) zu erwähnen, die Karafiat und Seehofer allein vollführten. Sie brachten den schwer Schädelverletzten und Bewußtlosen, teils auf dem Rücken tragend, über die Wand ins Tal und hatten so zu seiner raschen Ge¬sundung ihren kameradschaftlichen Anteil geleistet.
Neutouren suchte Karafiat nie, doch wenn sie sich auf seinen Wegen zufällig er-gaben, wich er ihnen nicht aus. So stammt eine hübsche Variante am Hochtor-Ödstein Grat (1917) von ihm, ebenso ein neuer Weg durch die Pfaffenstein-Südwand in der Hochschwabgruppe (1921). In seiner ganzen Bergsteigerlaufbahn hat er über 1200 Gipfel betreten und wurde im Jahre 1917 Mitglied des ÖAK, dem er sehr zugetan war. Nach 1945 war er auch einige Jahre im Ausschuß tätig.
Im Februar 1951 besuchte er mit seiner Tochter Dorli noch die Rudolfshütte und vollführte mit ihr im Winter 1952 seine letzten Skifahrten im Gebiete der Lizumer Hütte.
Mit Karafiat ist wieder einer vom „Langen Tisch" in jenes unbekannte Land ab-gewandert, aus welchem es keine Rückkehr gibt. Immer kleiner wird diese Gilde der Tüchtigsten aus vergangenen Zeiten. Enger rücken sie zusammen, um die schmerzliche Lücke zu schließen, In ihrem Kreise wird Karafiat unvergessen bleiben,
Ing. Eduard Meyer
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1955, Folge 1281, Seite 83-85


Gestorben am:
01.1955

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