Hoyer Richard

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Biografie:
Richard Hoyer (* 22. April 1943; ? November 1969 im Dhaulagiri Himal) war ein österreichischer Bergsteiger und Expeditionsleiter. Er verschwand beim Erstbesteigungsversuch des Dhaulagiri IV (7661 m).
Gedenkstätte am Wiener Zentralfriedhof
Der gelernte Mechaniker aus Wien begann 1961 mit dem Bergsteigen und erzielte in den Folgejahren einige beachtliche alpinistische Leistungen. Darunter zählten die Alleinbegehung von 22 Gipfeln der Gleirsch-Halltal-Kette ohne Unterbrechung, die dritte Winterüberschreitung der Haller Mauern (sechs Gipfel) im Alleingang, der Peutereygrat am Mont Blanc (längster kombinierter Gratanstieg in den Alpen), eine Grandes Jorasses-Überschreitung von Ost nach West, sowie die Erstbegehung des ?Österreichersporns? in der Pik Lenin-Ostwand.
Im Alter von nur 26 Jahren wurde er zum Leiter der Österreichischen Himalaya-Expedition 1969 zum Dhaulagiri IV ernannt, der auch noch die Österreicher Kurt Ring (36), Peter Lavi?ka (28), Peter Nemec (26) und Kurt Reha (21) angehörten. Nach Errichten des letzten Hochlagers am 9. November meldete sich Hoyer beim Basislager und gab bekannt, den Gipfelaufstieg am frühen Morgen des nächsten Tages versuchen zu wollen. Seitdem werden Hoyer, die anderen vier Österreicher und ein Sherpa vermisst.
1971 wurde eine Gedenktafel für die vermissten Bergsteiger an der Erzherzog-Johann-Hütte am Großglockner errichtet. 1972 folgte eine Gedenkstätte im Bereich der Ehrengräber im Wiener Zentralfriedhof.
Wikipedia

Hoyer Richard, Wien, + Dhaulagiri IV (Himalaya,Nepal)
1966 2.Winterbeg.Dachl-Roßkuppen-Nordverschneidung "Totesverschneidung",VI+,350 HM,
(Ennstaler Alpen,Gesäuse)
1967 Beg.Matterhorn-Nordwand "Schmidroute",V,bis 60°,1200 HM,4478m, (Walliser Alpen)
1967 Beg.Tour Ronde "Normalweg",III,3792m, (Montblancgebiet)
1967 Best.Dent du Géant "Normalweg",4013 m, (Montblancgebiet)
1967 Beg.Montblanc-Brenvaflanke "Sentinelle Rouge",IV,47°,1000 HM,4807m, (Montblancgebiet)
1967 Überschr.Grandes Jorasses von Ost nach West über Hirondellesgrat- Grandes Jorasses-Calotte de Rochefort-
Mine de Rochefort-Aiguille de Rochefort -Turinerhütte,4208m, (Montblancgebiet)
1967 Beg.Gesamter Peutereygrat. über Südgrat Aiguille Noire-Brèche-Süd-Oberen Peutereygrat-
Aiguille Blanche de Peuterey-Montblanc,V,4807m, (Montblancgebiet)
1967 Beg.Petit Dru-Südwestpfeiler "Bonattipfeiler",VI/A2,1100 HM,3733m, (Montblancgebiet)
1967 1.Beg.Pik Lenin (Kaufmann-Spitze)-Ostwand "Österreichersporn",7134m, (Pamirgebirge)
1968 1.Beg.Ringkamp-Nordostwand "Hoyer-Reha-Führe",VI/A2,400 HM,2135m, (Hochschwabgruppe)
1968 Beg.Roßkuppenkante "Hainriß",2157m, (Ennestaler Alpen)
1969 Teiln.Österreichische Manaslu-Expedition, (Himalaya,Nepal)
Beg.Cima Tosa-Nordostwand,3173m, (Brenta)
Beg.Croz dell?Altissimo-Südwestwand "Dibona-Rizzi",V+,1000 HM,2339m, (Brenta)
Beg.Fleischbank-Südostwand-Südostverschneidung "Moser-Weiß",VI/A1,300 HM,2187m, (Wilder Kaiser)
Beg.Däumling-Ostkante,V+/A1,400 HM,2322m, (Gosaukamm,Dachsteingebirge)
Beg.Kleiner Lafatscher-Nordostverschneidung,VI/A0,2635m, (Karwendel)
1.Beg.Stangenwand-Südostverschneidung,2157m, (Hochschwabgruppe)
3.Winterüberschr.(Alleinbeg.)Haller Mauern (sechs Gipfel),2244m, (Ennstaler Alpen)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu

RICHARD HOYER
(* 22. April 1943)
Expeditionsleiter, ÖAV — Sektion Edelweiß, Leiter der Hochtouristengruppe.
Du wurdest mit 23 Jahren, im Frühjahr 1966, in den Klub aufgenommen, und Du bist immer der junge, fröhliche und heitere Kamerad gewesen.
Obwohl uns eine Generation trennte, haben wir uns eine gegenseitige Zuneigung entgegengebracht. Du bist von unserem Heim aus mit unserem Klub-bruder Fritz Wiessner im Herbst 1968 zu einer schönen Fahrt — der Roßkuppen-kante — aufgebrochen, und ihr waret einander gute Seilpartner. Unser Ehrenmitglied Fritz Wiessner schrieb aus Amerika, daß er es noch nicht glauben könne, daß unser lieber Richard nie mehr unter uns sein wird.
Ein halbes Jahr nach Deinem Eintritt in den Klub erlebten wir einen wunder-baren Vortrag von Dir, über den ich in unserer Alpenzeitung schrieb: 1)
„Nach einer Tourenwoche im Wallis als Auftakt beginnt eine abenteuerliche Fahrt mit einem Roller mit Hindernissen nach Courmayeur, wo Richard Hoyer von seinem Partner Peter Nemec erwartet wird. Mit großem Gepäck geht es auf die Turinerhütte, und als Eingehtour wird der Normalweg der Tour Ronde begangen, wobei es durch Schlechtwettereinbruch beinahe ein Biwak gegeben hätte. Als zweite Fahrt wird der Dente del Gigante auf dem normalen Weg erstiegen, und die Achtung vor den Erstbesteigern geht aus den Worten des Vortragenden hervor.
Dann geht es auf große Fahrt — nach einer Nacht in der Biwakschachtel am Col de la Fourche wird die Brenvaflanke auf der Sentinelle Rouge durchstiegen. Obwohl zum größten Teil die Nacht für den Durchstieg benützt wird, schlägt im oberen Drittel der Wand ein drei Fuß großer Stein den Pickelstiel des Vortragenden entzwei, und bei einem Wettersturz wird glücklich der Gipfel des Montblanc erreicht, worauf eine schlechte Nacht in der Vallothütte folgt. Beim Abstieg nach Grands Mulets werden vom Normalweg Abgestürzte mit Kameraden aus Deutschland, Alpinisten aus Manchester und der französischen Bergrettung geborgen und glücklich zu Tal gebracht. Nach diesen aufregenden Fahrten werden entspannende Tage im Val Ferret verbracht, bevor wieder an ein großes Unternehmen geschritten wird. Es gilt der Überschreitung der Grandes Jorasses von Ost nach West bis zur Turinerhütte, wobei der Hirondellesgrat in die Fahrt miteinbezogen wird. Am frühen Morgen wird über die Gletscherspalten des Frébouziegletschers geturnt, und die Steigeisen klirren in der Stille der Nacht, wobei die beiden jungen Männer bei Sonnenaufgang am Col des Hirondelles stehen und den überwältigenden Anblick im Zeitpunkt, zu dem ein neuer Tag anbricht, erleben dürfen. Der massige Hirondellesgrat hebt sich in den Himmel, und er lodert in den Flammen der aufgehenden Sonne, ebenso wie die Nadeln von Chamonix zu brennen scheinen.
Nach der Begehung des Hirondellesgrats wird der höchste Punkt der Fahrt, die Pointe Walker, erreicht. Und weiter geht das Abenteuer. Immer wieder liegt die Welt zu Füßen der Bergsteiger. Die Pointe Whymper wird erreicht und dieses großen Bergsteigers und eines Ausspruches von ihm gedacht, wonach ,ein einziger Augenblick in den Bergen über das Glück eines ganzen Lebens entscheiden kann'.
In der Südflanke der Pointe Margherita wird ein neuerliches Biwak auf-geschlagen und am nächsten Morgen die letzten Gipfel der Jorasses, darunter die Pointe Young, überschritten. Das Wetter wird schlechter, und auf der Calotte de Rochefort gibt es noch Schwierigkeiten, obwohl sehr bald der Mine de Rochefort und die Aiguille de Rochefort erreicht werden.
Müde und glücklich sind die Bergsteiger, als sie auf dem silbernen First, am Dente del Gigante vorbei, zur Turinerhütte absteigen.
Und dann kommt die ganz große Fahrt. Der gesamte Peutereygrat. Der gewaltige Südgrat der Aiguille Noire wird erklettert, die berühmte Abseilfahrt über 500 m, wie sie wohl kaum noch ein zweites Mal in den Alpen anzutreffen ist, führt hinunter in die Brèche-Süd, und unter schwierigen Verhältnissen wird die Biwakschachtel erreicht. Am nächsten Tag geht es dann in einem Zug über den Oberen Peutereygrat; zuerst hinauf zur Aiguille Blanche de Peuterey, wieder hinunter ins Col de Peuterey und zum Schluß nochmals der 900 m hohe Auf-schwung zum Montblanc de Courmayeur und schließlich über einen sanften Grat zum höchsten Gipfel. Müde und abgespannt, aber voll Freude erreichen die Bergsteiger noch am gleichen Tag die Grands Mulets.
Und nun noch eine große Fahrt. Der Südwestpfeiler an der Kleinen Dru. Die schwierigste und großartigste Felsfahrt des Montblanc, die, nach einem gelungenen Durchstieg der Matterhorn-Nordwand mit Peter Nemec, diesmal mit Kamerad Hannes Neuwirth nach mehreren Eingehtouren — über die der Vortragende hinweggeht - durchgeführt wird. Sie steigen in genußvoller, ausgesetzter und schwierigster Kletterei den Sternen entgegen auf jener Route, mit der sich Walter Bonatti zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt hat.
Nach diesem Pfeiler sollte es noch zum Walkerpfeiler gehen, aber ein neuerlicher Schlechtwettereinbruch vereitelte diesen Plan. So blieben Richard wie so manchem Bergsteiger — Wünsche im Montblanc offen."
Dein allergrößter Erfolg war aber im Sommer 1967, die Erstbegehung des Österreichersporns in der Ostwand des Pik Lenin. Du hast uns darüber einen herrlichen Aufsatz geschenkt, mit dessen Schlußsätzen ich Dich nun zu Wort kommen lasse: 3)
„Ich hebe den Kopf und versuche weiterzugehen, jedoch die Windgangeln brechen immer wieder unter meinen Füßen hinweg. Sie verschwinden über die Ostwand, und ganz verzweifelt verfolge ich sie mit meinem Blick. Es wurde mir bewußt, daß ich oft um keinen Schritt höher komme. Meine Kameraden sehen diesem Spiel machtlos zu.
Der Gipfel, wo ist der Gipfel? Vielleicht schon die nächste Schneekuppe? Wir gehen unentwegt, kämpfen gegen den Wind; wieder zehn Schritte, Rast, und dann beginnt das Spiel von neuem.
Der schiefe Horizont, das Blei am Rücken
Doch da sind keine Schneeschollen mehr. Die Steigeisen greifen wie auf Samt. Der Wind scheint von unten zu kommen, hebt er die Beine? Das Seil zu meinen Gefährten ist nicht mehr gespannt, es hängt lose durch. Der Gipfel, sind wir tatsächlich dem Gipfel schon nahe? Ein heftiger Schüttelfrost geht durch meinen Körper. — Haben wir gesiegt? — Ja, wir gehen auf dem endlosen Gipfelplateau des Pik Lenin entlang! Nicht hintereinander, wir können nebeneinander gehen. Dort, eine flache Erhebung, der Gipfel? Nein, dort drüben ist noch eine Erhebung. Wir gehen, wir gehen auf dem Gipfel des Pik Lenin! Alles liegt unter uns, die endlosen Ketten des Pamir ragen aus einer blauen Dunstschichte hervor.
Weinen, lachen, sich die Hände schütteln! Unserer Gefühle brauchen wir uns nicht zu schämen, denn es waren Tage der Ungewißheit — und die liegen endlich hinter uns ..."
Mit dieser Fahrt hast Du Dich unvergänglich in die Annalen des Weltalpinismus eingetragen.
1)ÖAZ 1351, Jänner/Februar 1,967, Seite 9.
2)ÖAZ 1356, November/Dezember 1967, Seite 138
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1970, Mai/Juni, Folge 1371, Seite 67-69


Geboren am:
22.04.1943
Gestorben am:
10.11.1969

Erste Route-Begehung