Zdarsky Matthias
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Biografie:
Matthias Zdarsky — 80. Geburtstag
Am 25. Februar 1936 jährt sich zum 80. Male der Geburtstag dieses hochverdienten Bahnbrechers des alpinen Schilaufs. Erst seit Zdarsky seine Fahrtechnik, die er auf Grund seiner scharfen Beobachtungsgabe als Einsiedler von Habernreith bei Lilienfeld entwickelte, den damals noch spärlichen Anhängern des Schilaufs gelehrt hat, gab es ein alpines Schilaufen; denn vorher kamen die einzelnen, die den Gebrauch von Schiern versuchten, zu dem Endurteil, daß dieses Sportgerät für unser Gelände in den Bergen nicht tauge. Ein echt deutscher Meinungszwiespalt führte zu leidenschaftlichen Auseinandersetzungen unter dem Kampfruf: „Hie Lilienfelder! — Hie Norweger!",
während nun die ausgleichende Zeit längst zum Vorteil der Sache eine gedeihliche Verschmelzung beider Techniken herbeigeführt hat. Dankbar sei heute des Mannes gedacht, der, gottlob!, noch immer trotz schwerer Lawinen-Kriegsverletzung eine aufrechte Persönlichkeit, uns die nordischen Bretteln zu heimischen Geräten gemacht hat, der half, den Schilauf zum Volkssport bei uns werden zu lassen. „Schiheil!" dem Vater des alpinen Turenlaufes Matthias Zdarsky! Prof. Dr. Erwin Mehl (Meidling bei Wien) wird eine Festschrift herausgeben, zu der Dr. W. R. Rickmers eine Würdigung der Verdienste Matthias Zdarskys beisteuert.
K. V.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1936, Folge 2, Seite 47
Verleihung des Ehrenbriefes des D.R.L. an Matthias Zdarsky.
Gleich nach der Machtübernahme hat der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen seine Tätigkeit in Österreich mit einer schönen Tat der Anerkennung verdienstvoller Vorkämpfer für deutsche Leibesübungen in der Ostmark eröffnet. Es wurden zwei Männer, deren Wirken gesamtdeutsche Bedeutung erlangt hat, mit der höchsten Ehrung, dem Ehrenbriefe des R. f. L., ausgezeichnet: der jetzt 79-jährige F. X. Kießling , der Schöpfer des Ariersatzes in den Leibesübungen (1886!), und der 82-jährige Matthias Zdarsky , der Hauptpionier des alpinen Schneelaufes. Gauleiter Staatssekretär Dr. Rainer, Graf Schulenburg , der Adjutant des Reichssportführers, und andere führende Persönlichkeiten überreichten dem Gefeierten Samstag, den 8. Oktober, im Rathause von Lilienfeld im Rahmen einer Feier die Ehrenurkunde und die goldene Nadel des Reichsbundes.
In seiner Ansprache hob Dr. Rainer die vielen Verdienste Zdarskys hervor: wie er vor 42 Jahren, im Jahre 1896, als der Schneelauf noch ganz in den Anfängen stak, gleich mit einem Schlag auf drei Gebieten mit vollendeten Schöpfungen hervortrat: mit der ersten alpin brauchbaren Bindung , mit einer leicht erlernbaren und ungemein sicheren Fahrweise und der ersten Lehrweise des Schneelaufes, Dinge, die die rasche Verbreitung des Alpenschneelaufes erst für weitere Kreise möglich machten und von denen die ganze weitere Entwicklung ausging. Er schrieb 1897 das erste gute Schneelaufjahrbuch der Welt
(„Alpine Skifahrtechnik"), das 18 Auflagen erlebte. Wie Zdarsky ferner dem Kampfwesen die schönste alpine Wettkampfform, den Torlauf, schon im Jahre 1905 schenkte; wie er 1900 bis 1910 im österreichischen Heer den Schneelauf durch zahlreiche Lehrgänge und durch die Abfassung der ersten Alpinvorschrift (1908) den alpinen Anforderungen anpaßte; wie er nach turnerischen Grundsätzen einen Schneelaufverein gründete, der vor dem Kriege mit 1800 Mitgliedern der größte Schneelaufverein der Welt wurde; wie er vollkommen unentgeltlich 20.000 Personen unterrichtete und auch in seinen Unterrichtsergebnissen der erfolgreichste Lehrer des Schneelaufes überhaupt wurde; wie er ferner durch die geniale Erfindung des Zdarskyzeltes zahllosen Bergsteigern in Bergnot das Leben rettete und mit diesem Schutz überhaupt erst mehrtägige Hochgebirgsunternehmungen mit Freilagern ermöglichte und wie er schließlich die Werte des Arbeitsdienstes seit Jahrzehnten nicht nur gedanklich klar erkannte, sondern noch mit 70 Jahren, im Jahre 1926, ein zweistöckiges Studentenheim in Eisenbeton mit ungelernten Studenten in wirklich „freiwilligem"; Arbeitsdienst erbauen half, ein Keim, das jetzt nahezu vollendet ist; und wie schließlich über allen diesen Verdiensten eine bewundernswerte Selbstlosigkeit und Güte steht, die ohne Rücksicht auf Zeit und Geld zehntausenden mit Rat und Tat geholfen hat. Trotzdem hat Zdarsky seinerzeit Anfeindungen und für uns heute ganz unverständliche Angriffe erdulden müssen. Auch das Unglück hat ihn schwer getroffen: als 10-jähriger Knabe verlor er durch einen Bubenstreich von Mitspielern sein linkes Auge, und im Jahre 1916 geriet er als sechzigjähriger Alpinreferent der 10. Armee in eine Lawine, die ihm zehn schwere Knochenbrüche (Brüche aller Halswirbel und mehrfache Beckenbrüche) und zahllose kleinere Brüche zufügte (im ganzen so viel, als er jetzt Lebensjahre zählte, über 80). Trotzdem hat das seinen Lebensmut nicht brechen können. Von seinen Schriften enthielten das „Wandern im Gebirge"; (Berlin, Mecklenburgscher Verlag, 1925), die „Beiträge zur Lawinenkunde"; (Wien 1929) und die „Falschen Lebenswahrheiten"; (Wien 1937) eine Quelle von scharfen Beobachtungen und wertvollen Anregungen für den Bergsteiger und Schneeläufer.
Der Bürgermeister von Lilienfeld, Dr. Krainer, schloß sich mit warmem Worten an. Zdarsky dankte Dr. Rainer und schilderte witzig und lebendig Episoden aus seinem Leben, die die Richtigkeit des Schopenhauerschen Wortes bezeugten: daß alles Gute zuerst ausgelacht, dann bekämpft und schließlich für selbstverständlich gehalten wird. Trotz seiner Lawinenverkrüppelung und trotz eines Beines, das Schwierigkeiten macht, ist Zdarsky noch bewunderswert frisch und schlagfertig. Möge er sich noch lange der wohlverdienten Ehrung erfreuen, die natürlich nur ein Teil des Dankes für seine selbstlose Arbeit sein kann.
Quelle: Mitteilungen des Deutschen Alpenvereins 1938/39, Deutscher Bergsteigerbund im NS. Reichsbund für Leibesübungen, Folge 2 November, Seite 44-45
Matthias Zdarsky (+)
Am 20. Juni starb nach längerem Leiden im 84. Lebensjahr auf seinem Berggut Haberreith im Traisental der als Forscher, Erfinder, Lehrer und Mensch gleich bedeutende Pionier des hochalpinen Skilaufes Matthias Zdarsky. Zdarsky, den der Reichssportführer vor zwei Jahren durch Verleihung des Großen RSRL.-Ehrenbriefes ehrte, konnte für sich das geschichtlich erwiesene Recht in Anspruch nehmen, als erster Mitteleuropäer vor der Jahrhundertwende den hochalpinen Skilauf betrieben und ihm in seiner Lilienfelder Schule eine Form gegeben zu haben, die jahrzehntelang gültig war und vereinzelt heute noch zu sehen ist. Sein erstes Lehrbuch „Alpine (Lilienfelder) Skifahrtechnik, eine Anleitung zum Selbstunterricht" ist auch heute noch die Grundläge aller späteren Lehrmethoden und Lehrbücher. Seine Technik wurde beim Militär eingeführt, und Zdarsky bildete Offiziere und Mannschaften im alpinen Skilauf aus. Daneben hielt er im In- und Ausland unzählige Kurse ab, er wird wohl zwanzigtausend Schüler gehabt haben. Im Weltkrieg war der 60jährige Zdarsky Inspekteur
bei der K. u. K. alpinen Kriegführung. Noch im Alter von 82 Jahren hat Zdarsky an einem Abfahrtsrennen der „Kanonen" teilgenommen und die Strecke kerzengerade im Schuß, mittels Bremswirkung seines unvermeidlichen Einstockes, sturzfrei durchfahren.
Quelle: Mitteilungen des Deutschen Alpenvereins, Deutscher Bergsteigerverband im NS. Reichsbund für Leibesübungen 1939-40, Heft 10, Seite 182
Gedenkstunde am Grabe Matthias Zdarsky
Am 20. Juni 1940 starb die eigenartigste und stärkste Persönlichkeit unter den Pionieren des alpinen Skifahrens, Matthias Zdarsky, in St. Pölten. Ein Eigener, wie er im Leben war, blieb er auch im Tode. Er wollte nicht eingepfercht in der Gräberreihe einer Massenbegräbnisstätte ruhen, sondern draußen in der freien Natur auf seinem Berggute Habernreit in Marktl bei Lilienfeld, das er während eines halben Jahrhunderts ganz nach seinen Gedanken ausgebaut hatte. Dieser Wunsch wurde ihm am frühen Morgen des Sonnwendtages 1940 erfüllt. Zdarsky liegt am Rande einer Bergwiese. Die schattigen Bäume über dem Grabe haben leider verständnis- und pietätlose Menschen umhauen und die gepflanzten seltenen Alpenblumen zugrunde gehen lassen. Nunmehr hat die Erbin Habernreits, Karoline Pittner, das Grab wiederherstellen und den großen Naturstein mit einer Marmortafel versehen lassen: „Matthias Zdarsky. 1856-1940“.
Zur 10. Wiederkehr des Todestages Zdarskys fand am Sonntag, dem 25. Juni, am Grabe eine Gedenkfeier statt, bei der Prof. Dr. Erwin Mehl, der langjährige Freund und Biograph Zdarskys, das fachliche und vor allem das rein menschliche segensreiche Wirken Zdarskys würdigte. Mit einer beispiellosen Selbstlosigkeit bemühte sich Zdarsky, den Menschen Gutes zu tun, ihnen in Rat und Tat zu helfen, sie zu belehren, zu erziehen und sie auf alle Fälle froh zu stimmen. Dazu setzten ihn seine ungewöhnlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, sein Scharfsinn und vor allem sein köstlicher Humor instande. Er kannte seine gesellschaftlichen Unterschiede: ob Wäscherin, ob Baronin, ob berühmter Professor – auf Habernreit saßen alle auf einer einfachen Holzbank und jeder bekam seinen „Tee“, physisch und moralisch. So steht Zdarsky heute nicht nur als Fachmann, sondern auch als Mensch größer als je vor Augen. Der Vertreter des Österr. Skiverbandes, H. Noisternig, versprach sich dafür einzusetzen, dass der Österreichische Skiverband sich die Pflege des Andenkens Zdarskys angelegen sein lasse, damit nicht die Leistungen eines großen heimischen Pioniers erst über das Ausland bei uns anerkannt werden, wie es schon einmal mit dem von Zdarsky 1905 erfundenen, aber damals ganz unbeachtet gebliebenen, ja bespöttelten Torlauf der Fall war. Erst als 1922 dieselbe Form von den Engländern in der Schweiz ausgebildet und mit dem norwegischen Namen „Slalom“ belegt wurde, da war alles begeistert, auch bei uns. Die 50-Jahrfeier dieses ersten Torlaufes der Skigeschichte (am 19.3.1905) auf dem Muckenkogel bei Lilienfeld mit 500 Meter Höhenunterschied und 85 Toren im Jahre 1955 und der 100. Geburtstag Zdarskys am 25. Februar 1956 werden Gelegenheit geben, in entsprechenden Gedenkveranstaltungen das Verdienst des großen Ski-Pioniers der Öffentlichkeit auch außerhalb Österreichs vor Augen zu führen. Mit Dankesworten an die beiden Sprecher schloß Frl. Karoline Pittner die schlichte, aber eindrucksvolle Feier.
E.M.
Quelle: Der Bergkamerad 1950 29. Juli, Heft 43, Seite 698
Denkmal für Matthias Zdarsky.
Am 25. Februar 1856 wurde Matthias Zdarsky in Koschichowitz bei Trebitsch in der ehemaligen deutschen Sprachinsel Iglau in Südmähren als zehntes Kind eines Müllers geboren. In seiner Wahlheimat Lilienfeld wurde er seit 1896 zum bedeutenden österreichischen Skipionier (gest. am 20. Juni 1940 in St. Pölten). Die Gemeinde Lilienfeld- wird heuer dieser kräftigen und eigenartigen Persönlichkeit ein Denkmal errichten. Dieses wird zwischen den alten Stadttürmen und dem Forsthause stehen. Die Ausführung wurde der St. Pöltener Bildhauerin Iris Hahnl-Faerber übertragen. Ein dreiseitiger, 2,80 m hoher Obelisk aus Kalkstein soll an den Seiten Inschriften und ein Relief des Kopfes Zdarskys tragen, sowie Darstellungen seiner Hauptleistungen: Erfindung des Torlaufes, des lebensrettenden Zdarsky-Zeltes und Zdarsky als Bergfreund. Die Vorbereitungen treffen der Denkmalschutz in Lilienfeld und die Zdarsky-Gesellschaft (Obmann Prof. Gottfried Wolfgang, Badgastein, Geschäftsführender Obmann Univ.-Prof. Dr. Erwin Mehl, Weidling bei Wien, Felderg. 55).
Quelle: Mitteilungen der ÖAV Sektion Linz 1963, Folge 1, Seite 5
Geboren am:
25.02.1856
Gestorben am:
20.06.1940
Zdarsky Matthias - BST 1985-2.pdf