Stösser Walter

(Bearbeiten)

Biografie:
Stösser (Stößer)Walter, * 12.1.1900 Pforzheim,+ 1.8.1935 Morgenhorn-Nordwand (Lawine)
(Berner Alpen)

Walter Stösser begann 1925 mit dem Klettern in seiner nahen Heimat, den Battertfelsen im Nordschwarzwald in der Nähe von Baden-Baden (Baden-Württemberg) und war Gründer und Obmann der Klettergilde Battert,ein lockerer Zusammenschluss Gleichgesinnter aus allen Schichten-aber allesamt herausragende und wagemutige Kletterer. Am Battert gelangen ihm ab 1925 einige schwierige Routen wie der Alte Pforzheimer Weg, der Neue Pforzheimer Weg, die Wespenkante und die Stößer-Kast-Verschneidung. Er hat seine ersten Bergfahrten in die Dolomiten auf Fermeda, Rosengartenspitze und Langkofel durchgeführt und entwickelte sich schnell zu einem der besten und erfolgreichsten Fels- und Eisgeher seiner Generation. Walter Stösser war mit seinen Tourenkameraden Ludwig Hall, Fritz Kast, Theo Seybold,Fred Gaiser und Fritz Schütt von der Klettergilde Battert zu den aktivsten deutschen Bergsteigern der frühen dreißiger Jahregeworden. Zwischen 1928 und 1935 konnte er zahlreiche bedeutende Erstbegehungen in den Alpen erzielen, vorwiegend in Italien und der Schweiz. Unter seinen Fahrten sind einige, die zu den großzügigsten Unternehmungen in den Alpen zählten. 1928 gelang ihm eine Erstbegehung an der Gehrenspitze-Nordwand, die später als "Battert-Riss" bekannt wurde. Im selben Jahr gelang ihm auch noch eine Erstbegehung an der Dreitorspitze-Nordkante. 1929 gelang ihm die Erstbegehung der Großen-Zinne-Nordwestkante mit anschließender Überschreitung aller Drei Zinnen und eine Erstbegehung durch die Tofana di Rozes-Südwand. 1930 erreichte er drei weitere bedeutende Erstbegehungen; Marmolata-d’Ombretta-Südwestwand, Antelao-Westkante und Drusenfluh-Südwand. 1931 folgte die Erstbegehung des Patteriol-Südostpfeilers und 1932 die Erstbegehung des schwierigen Bietschhorn-Südostgrates.
Im August 1933 versuchte er mit Gustl Kröner als Seilpartner eine Durchsteigung der Matterhorn-Nordwand, wobei jedoch Kröner durch Steinschlag ums Leben kam. 1935 sorgte er mit weiteren Erstbegehungen am Doldenstock-Westgrat und Nordwestgrat, dem Kleinen-Doldenhorn-Westgrat, der Blümlisalphorn-Westwand und der Balmhorn-Ostwand für Aufsehen. Weitere Erstbegehungen seiner Karriere umfassten die Bietschhorn-Nordwestwand, den Oeschinenhorn-Westgrat, Doldenhorn-Südgrat, Kleiner Vernel-Südwand, Mittlerer-Drusenturm-Ostwand und Großer-Drusenturm-Westgrat.
Bis 1935 waren ihm zudem zahlreiche Wiederholungen bekannter Felsfahrten gelungen, so etwa die dritte Begehung der Einser-Nordwand (Sextner Sonnenuhr) 1928, die vierte Begehung der Civetta-Nordwestwand und die Zweitbegehung der Mont-Blanc-Brenvaflanke 1929. Weiters gelangen ihm unter anderem die Monte-Pelmo-Nordwand (3. Begehung), die Dent-d'Hérens-Nordwand (4. Begehung), der Kleine-Zinne-Preußriss (3. Begehung) und die Gimpel-Nordwestkante (4. Begehung).
1932 gelang Walter Stößer mit Fritz Kast die Begehung des Marmolata-Südpfeilers. Unklar ist, ob es sich dabei um die Erstbegehung dieser Route handelte, da solche von der italienischen Seilschaft Luigi Michelucci/Roberto Perathoner seit 1929 beansprucht wurde. Jedoch waren aufgrund zahlreicher gescheiterter Wiederholungsversuche Zweifel an der Version der Italiener laut geworden, besonders als Perathoner selbst bei einem Wiederholungsversuch in der Wand nicht mehr weiterkam und mit Seilhilfe von oben gerettet werden musste. Stößer und Kast stellten jedoch mit ihrer erfolgreichen Begehung die Kletterbarkeit der von den Italienern angegebenen Route fest. Die Italiener gelten offiziell weiterhin als Erstbegeher.
Mit Ernst Seyfried gelang ihm die erste Begehung der "Stösserschlucht" an der Drusenfluh-Südwand.
Ebenfalls im Berner Oberland überschritten im Sommer 1935 Walter Stösser und sein Seilgefährte Theo Seibold den gesamten Westgrat des Doldenstocks bis zum Doldenhorn, bestiegen das Blümlisalphorn auf einem neuen Weg durch seine Westflanke und ebenso auf neuem Weg die Ostwand des Balmhorns. Anschließend wollten
Walter Stösser und sein Pforzheimer Seilpartner Theo Seybold am 1. August 1935 die Erstbegehung der Morgenhorn-Nordwand im Berner Oberland bestreiten. Dabei stürzte Seybold jedoch rund 200 Meter unter dem Gipfel ab und riss Walter Stößer mit in den Tod. Ihr Absturz wurde vom Hüttenwart der Gspaltenhornhütte beobachtet. Die Leichen der beiden galten mit Stand 1965 noch als vermisst.
Allerdings habe sich der Pforzheimer, der Bergsteigen als Kampf mit den Naturgewalten sah,auch schnell von der Nazi-Ideologie angesprochen gefühlt. 1923 trat er als Zeitfreiwilliger der illegalen "Schwarzen Reichswehr" bei und wurde später als überzeugter Nationalist Mitglied der NSDAP und der SS.
1940 veröffentlichte Paul Hübel das Buch "Der Bergsteiger Walter Stösser". In Pforzheim und München ist jeweils eine Straße nach ihm benannt worden in den Dolomiten gibt es einen Stösser-Turm.

1925 Beg.Große Cirspitze(Tschierspitze) "Adangkamin",IV,300 HM,2592m, (Grödner Joch,Dolomiten)
1926 Beg.Grohmannspitze-Südwand,3126m, (Langkofelgruppe,Dolomiten)
1926 Beg.Fünffingerspitze "Schmittkamin",IV+,2996m, (Langkofelgruppe)
1927 18.Beg.Cima della Madonna-Nordwestkante „Schleierkante“,IV+/A0,400 HM,2733m, (Pala)
1926 Beg.Cimone della Pala-Südwestwand,3184m, (Pala,Dolomiten)
1927 Beg.Große Tschierspitze (Cirspitze) "Adangkamin" IV,300 HM,2592m, (Grödner Joch,Dolomiten)
1927 Beg.Fünffingerspitze-Südwestgrat,2996m, (Langkofelgruppe)
1927 Beg.Innerkoflerturm,3098m, (Langkofelgruppe)
1927 Beg.Zahnkofel-Ostwand,3001m, (Langkofelgruppe)
1927 Beg.Langkofel-Nordkante "Pichlweg",3181m, (Langkofelgruppe)
1927 Beg.Marmolata-Punta-Penia-Südwand „Alte Südwand“,IV+,700HM,3343m, (Dolomiten)
1927 Beg.Campanile Basso (Guglia di Brenta)-Normalroute,IV+/A0,2883m, (Brenta)
1927 5.Beg.Vald di Roda Kamm:Pala San Bartolomeo-Corno Schmidt-Campanile Bettega-Campanile Adele-Campanile di Val di Roda,2791m, (Pala,Dolomiten)
1927 Beg.Crozzon di Brenta-Nordkante,3135m, (Brenta)
1927 Beg.Zahnkofel-Ostwand,400 HM,3001m, (Langkofelgruppe)
1927 Best.Adamello,3539m, (Adamello-Presanella-Gruppe)
1927 Best.Presanella,3558m, (Adamello-Presanella-Gruppe)
1927 Beg.Fleischbank-Ostwand "Dülfer-Schaarschmidt-Führe",V+,400 HM,2187m, (Wilder Kaiser)
1927 Beg.Predigtstuhl Hauptgipfel-Direkte Westwand "Dülfer-Westwandl",IV+,150 HM,2116m, (Wilder Kaiser)
1927 Beg.Totenkirchl-Westwand "Piaz-Führe",V,450 HM,2193m, (Wilder Kaiser)
1928 4.Beg.Kleinste Zinne (Preußturm)-Nordostwand "Preußriß",V,250 HM,2700m, (Sextener Dolomiten)
1928 3.Beg.Einserkofel-Zentrale Nordwand,VI-,1000 HM,2698m, (Sextener Dolomiten)
1928 1.Beg.Partenkirchner Dreitorspitze-Nordostgipfel-Nordkante,VI-,2606m, (Wetterstein)
1928 1.Beg.Gehrenspitze-Nordwand "Battertriß",VI+,2164m, (Tannheimer Berge,Allgäuer Alpen)
1928 Beg.Gimpel-Südostkante,2176m, (Tannheimer Berge,Allgäuer Alpen)
1928 Beg.Babylonischer Turm-Südwestkante,2060m, (Tannheimer Berge,Allgäuer Alpen)
1928 4.Beg.Gimpelturm-Nordostkante,2176m, (Tannheimer Berge,Allgäuer Alpen)
1928 Beg.Schüsselkarspitze-Südwand,2537m, (Wetterstein)
1928 Beg.Scharnitzspitze-Südwand,2463m, (Wetterstein)
1928 3.Beg.Musterstein-Direkte Südwand "Kubanek-Spindler",V+,2478m, (Wetterstein)
1928 1.Beg.Partenkirchner Dreitorspitze-Nordostgipfel-Nordkante,VI-,2606m, (Wetterstein)
1928 Best.Großglockner über Glocknerwand-Teufelshorn,3798m, (Hohe Tauern)
1928 Beg.Tofana di Roces-Südwand,V-,3225m, (Ampezzaner Dolomiten)
1928 Beg.Weißkugel-Ostwand,3739m, (Ötztaler Alpen)
1929 1.Beg.Badener Wand "Alter Pforzheimer Weg",IV+, (Battert,Schwarzwald)
1929 1.Beg.(Alleinbeg.)Badener Wand "Neuer Pforzheimer Weg",VI, (Battert,Schwarzwald)
1929 1.Beg. "Wespenkante",V-, (Battert,Schwarzwald)
1929 1.Beg.Tofana di Rozzes-Direkte Südwand ab Amphitheater "Stösser",VI-,3225m, (Ampezzaner Dolomiten)
1929 1.Beg.Vers.Große Zinne-Nordwand,400 HM,2999m, (Sextener Dolomiten)
1929 1.Beg.Große Zinne-Nordwestkante "Stösserkante",V, mit anschl. Überschreitung aller Drei Zinnen,2999m, (Sextener Dolomiten)
1929 1.Beg.Punta di Frida-Nordwand,2792m, (Sextener Dolomiten)
1929 1.Beg.Kleinste Zinne (Preußturm)-Nordostverschneidung,V,2700m, (Sextener Dolomiten)
1929 1.Beg.Becco di Mezzodi-Südwand "Südwandweg",2603m, (Ampezzaner Dolomiten)
1929 3.Beg.Monte Pelmo-Nordwand "Rossi-Simon",VI,880 Hm,3168m, (Ampezzaner,Dolomiten)
1929 4.Beg.Civetta-Nordwestwand "Solleder-Lettenbauer",VI,1000 HM,3218m, (Civetta,Dolomiten)
1929 Beg.Montblanc-Peutereygrat,V,4807m, (Montblancgebiet)
1929 Best.Grandes Jorasses,4208m, (Montblancgebiet)
1929 2.Beg.Montblanc-Brenvaflanke "Sentinelle Rouge",4807m, (Montblancgebiet)
1930 1.Beg.Großer Drusenturm-Nordwestkante,IV+/A1,200 HM,2827m, (Rätikon)
1930 1.Beg.Drusenfluh-Direkte Südwand "Stösser-Seifried Variante zur Strubich-Führe/Südwandschlucht",V,2827m, (Rätikon)
1930 15.Beg.Guglia Edmondo des Amicis "Dülferweg",V,2100m, (Cristallogruppe,Ampezzaner Dolomiten)
1930 1.Beg.Torre Leo-Ostwand,2550m, (Cadin-Spitzen,Sextener Dolomiten)
1930 1.Beg.Antelao-Westkante "Stösserkante",V,3264m, (Cadorisch Dolomiten)
1930 1.Beg.Marmolata-d'Ombretta-Südwestwand "Stösser",3011m, (Dolomiten)
1930 Beg.Vers.Marmolata di Penia-Südpfeiler "Micheluzzipfeiler,La Direttissima",VI/A0,550 HM,3344m, (Dolomiten)
1930 Beg.Vers.Marmolata-Südwestkante, (Dolomiten)
1930 Best.Zinalrothorn,4221m, (Walliser Alpen)
1930 Beg.Matterhorn-Zmuttgrat,IV,1600 HM,4478m, (Walliser Alpen)
1930 4.Beg.Dent d'Herens-Nordwand "Welzenbachweg",4171m, (Walliser Alpen)
1930 Best.Mönch,4107m, (Berner Alpen)
1930 Best.Jungfrau,4158m, (Berner Alpen)
1930 Beg.Totenkirchl-Direkte-Westwand "Dülferführe",V+/A1, 450 HM,2193m, (Wilder Kaiser)
1930 3.Beg.Torre Campanile-Nordostwand "Piazweg",
1930 1.Beg.Torre Campanile-Ostwand,
1930 Best.Campanile di Val Montanaia,2173m, (Monfalconigruppe,Karnische Voralpen)
1930 7.Beg.Torre del Diavolo (Teufelsturm) "Dülfer",V,2598m, (Cadin-Spitzen,Sextener Dolomiten)
1830 3.Beg.Monte Pelmo-Nordwand "Rossi-Simon",VI,880 Hm,3168m, (Ampezzaner,Dolomiten)
1931 Skibest.Allalinhorn,4027m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Strahlhorn,4190m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Alphubel,4206m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Rimpfischhorn,4199m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Castor,4228m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Dufourspitze,4634m, (Walliser Alpen)
1931 Skibest.Breithorn,4165m, (Walliser Alpen)
1931 1.Beg.Felsmassiv Cima della Madonna "Schleierkante",V, (Battert,Baden-Württemberg)
1931 1.Beg.Fermeda "Stösser-Kast-Verschneidung",V, (Battert,Baden-Württemberg)
1931 Beg.Versuch Bietschhorn-Südostgrat,3934m, (Berner Alpen)
1931 1.Beg.Fasulwand-Westgrat,2885m, (Ferwall)
1931 1.Beg.Pateriol-Südostpfeiler "Stösser-Kast-Führe",3059m, (Ferwall)
1932 1.Beg.Kleiner Vernel-Südwand/ Südwestkante,3092m, (Marmolata,Dolomiten)
1932 2.Beg.Marmolata di Penia-Südpfeiler "Micheluzzipfeiler,La Direttissima",VI/A0,550 HM,3344m, (Dolomiten)
1932 1.Beg.Bietschhorn-Nordwestwand "Stösser",60°,700 HM,3934m, (Berner Alpen)
1932 1.Beg.Bietschhorn-Südostgrat,3934m, (Berner Alpen)
1932 1.Beg.Groß Doldenhorn-Südwand "Stösser-Karst-Route",3643m, (Berner Alpen)
1932 1.Beg.Oeschinenhorn-Südwestgrat,3486m, (Berner Alpen)
1932 1.Beg.Doldenhorn-Südgrat,3643m, (Berner Alpen)
1933 1.Beg.Gran Vernel-Südostkante,IV,3205m, (Marmolata,Dolomiten)
1933 Beg.Vers.Matterhorn-Nordwand,4478m, (Walliser Alpen)
1933 1.Beg.Schleierwand,VII-, (Battert,Schwarzwald)
1935 1.Beg.Balmhorn-Ostwand "Stösser-Führe",2698m, (Berner Alpen)
1935 1.Beg.Kleines-Doldenhorn-Westgrat,3475m, (Berner Alpen)
1935 1.Beg.Blümlisalphorn-Direkte Westwand "Stösser-Führe",3664m, (Berner Alpen)
1935 1.Beg.Doldenstock-Westgrat und Nordwestgrat "Stösser-Seybold-Führe",3232m, (Berner Alpen)
1935 1.Beg.Morgenhorn-Nordwand bis 200 Meter unter den Gipfel,3623m, (Berner Alpen)
Quelle: Gerd Schauer, Isny im Allgäu


Walter Stösser (+)
Laut Zeitungsnotiz ist dieser hervorragende Pforzheimer Bergsteiger am 1. August 1935 in der Morgenhorn-Nordwand (Blümisalpgruppe) tödlich verunglückt. Amtliche Nachricht folgt.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1935, Seite 234

Walter Stösser (+)
Am 1. August 1925 traten die Berge in Walter Stössers Leben. An diesem Tag sah er den ersten Dolomitenberg, stand von St. Christina aus wuchtig der formenschöne Langkofel vor ihm. Und am 1. August 1935, genau auf den Tag, ereilte ihn im Eis der Blümlisalp der Bergtod. Liegt in dieser scharf abgegrenzten Zeitspanne etwas Schicksalhaftes? In den Raum dieser zehn Jahre ist ein großes, kühnes Bergsteigerleben eingepreßt. Walter Stösser hat mit mir seine ersten Bergfahrten durchgeführt. Es waren Dolomitenfahrten auf Fermeda, Rosengartenspitze und Langkofel. Begeisterungsfroh und voll Entdeckerglück waren wir Fünfundzwanzigjährige durch das Wunderland der Dolomiten gezogen. Schon in jenem ersten Bergsommer haben ihn die Berge ganz in ihren Bann geschlagen. Auch im nächsten Jahr war ich sein Gefährte auf froher Fahrt, diesmal in die Stubaier Berge. Walter Stösser hatte nun die alpinen Kinderschuhe ausgetreten und griff selbständig nach Größerem. Diese Selbständigkeit ist das Charakteristische seiner Bergsteigerlaufbahn. Wohl hatte er im Laufe der Jahre gleichwertige Seilkameraden, aber nie war ein Reiferer, ein Lehrmeister auf seinen großen Fahrten um ihn. So entwickelte er sich, ganz auf sich selbst angewiesen, vom Durchschnittsbergsteiger zu einem der besten und erfolgreichsten Fels- und Eisgeher der jüngeren Generation. Liebe zu den Bergen, Veranlagung, Zähigkeit und eine ungeheure Willenskraft legten den Grund zu seinen Bergerfolgen. Jahr um Jahr zog
Walter Stösser in die großen, hohen Berge, ein junger Siegfried, ein kraftvoller Stürmer und Kämpfer, auf den Lippen stets ein frohes Lachen. Aus seinem Fahrtenbuch ein kurzer Auszug:
1927: Predigtstuhl-Westwand (Dülferweg); Totenkirchl-Westwand (Piazweg); Jahnkofel-Ostwand; Langkofel-Nordkante; Marmolata-Südwand; Cima della Madonna (Schleierkante, 18. Beg.); Val-di-Roda-Kamm (5. Beg.); Guglia di Brenta; Crozzon di Brenta (Nordkante); Adamello; Presanella; Fleischbank-Ostwand.
1928: Weißkugel-Ostwand; Gimpel-Südostkante; Babylonischer Turm (Südwestkante); Gimpelturm-Nordostkante (4. Beg.); Gehrenspitze-Nordwand („Battertriß", 1. Beg.); Schüsselkarspitze-Südwand; Scharnitzspitze-Südwand; Musterstein (direkte Südwand, „Kubanek-Spindler-Weg", 3. Beg.); Partenkirchner Dreitorspitze (Nordkante, 1. Beg.); Großglockner (über Glocknerwand - Teufelshorn); Kleinste Zinne (Preußriß, 4. Beg.); Einserkofel-Nordwand (Dibonaweg, 3. Beg.); Tofana di Roces (Südwand).
1929: Große Zinne (Nordwestkante (1. Beg.); Tofana di Roces (direkte Südwand, 1. Beg.); Punta di Frida (Nordwand, 1. Beg.); Becco di Mezzodi (Südwand, 1. Beg.); Monte-Pelmo-Nordwand (3. Beg.); Civetta-Nordwestwand (4. Beg.); Grandes Jorasses; Montblanc (Peteretgrat); Montblanc-Ostwand (Sentinelle Rouge, 2. Beg.).
1930: Mönch; Jungfrau; Großer Drusenturm (Nordwestkante, 1. Beg.); Drusenfluh-Südwand („Stösserweg", 1. Beg.); Totenkirchl-Westwand (Dülferweg); Cima di Ombretta (Südwestwand, 1. Beg.); Campanile Torre (Nordostwand, Piazweg, 3. Beg.); Campanile Torre (Ostwand, 1. Beg.); Campanile di Val Montanaia; Torre Leo (Ostwand, 1. Beg.); Torre del Diavolo (Dülferweg, 7. Beg.); Guglia de Amici (Dülferkante, 15. Beg.); Antelao-Westkante (1. Beg.); Versuch Marmolata-Südwestkante; Zinalrothorn; Matterhorn (Zmuttgrat); Dent d'Herens (Nordwand, 4. Beg.).
1931: Schifahrten auf Allalinhorn, Strahlhorn, Alphubel, Rimpfischhorn, Castor, Dufourspitze, Breithorn; Fasulwand (Westgrat, 1. Beg.); Pateriol-Südostpfeiler (1. Beg.); Versuche am Bietschhorn-Südost-grat.
1932: Bietschhorn-Nordwestflanke (1. Beg.); Bietschhorn-Südostgrat (1. Beg.); Doldenhorn-Südgrat (1. Beg.); Oeschinenhorn-Westgrat (1. Beg.); Marmolata-Südwestkante (1. Beg.); Kleiner Vernel (Südwestkante, 1. Beg.).
1933: Versuch Matterhorn-Nordwand (mit Gustl Kröner, der dabei durch Steinschlag getötet wird).
Unter diesen Fahrten sind einige, die zu den großzügigsten Unternehmungen in den Alpen überhaupt zählen. So schritt Walter Stösser durch die Berge, die Urgewalt erkennend, und doch voll kecken Mutes. Er war einer von den großen Könnern im Kreise der Bergsteiger. Auch in diesem Sommer hatte er schöne Fahrten durchgeführt. Obwohl sein Begleiter ein, junger Neuling war, hatten sie im Gebiet von Kandersteg einige Neuturen gemacht. Doldenstock-Westgrat (1. Beg.), Blümlisalphorn-Westwand (auf neuem Weg, 1. Beg.) und Balmhorn-Ostwand (1. Beg.) waren die Erfolge. Da hat ihm, mitten im Siegeslauf, der Tod zugenickt. An der Nordwand des Morgenhorns (Blümlisalpgruppe) stürzte Walter Stösser, zusammen mit seinem Bergkameraden Theo Seybold, in ein hartes Sterben. Nun liegen die beiden Freunde am Fuße der großen Wand, der ihr Werben gegolten hatte, im ewigen Eis. Einsame mächtige Berge halten die Totenwacht. Walter Stösser — der Gründer und langjährige Obmann der die tätigsten jungen badischen Bergsteiger umfassenden „Klettergilde Battert" - ist in weiten Bergsteigerkreisen durch seine Veröffentlichungen in der Fachliteratur bekannt. Auch in seinen Vorträgen, die ihn in alle Teile Deutschlands führten, hat er durch seine frische Art, wie er von den Bergen sprach, viele Freunde geworben. Hauptsächlich die Jugend hat er begeistert. In seiner Vaterstadt spricht jeder Bub von ihm. Er verkörpert für die Jungen den heldischen Bergsteiger, ist ihr alpiner Heros. Und uns hat er als Vermächtnis hinterlassen seine Freude am Berg, seinen frohen Sinn und sein kühnes Wagen! Der Kranz der Bergfahrten von Walter Stösser ist so bunt und reichgestaltig wie ein Strauß leuchtender Alpenblumen. Mir dünkt, es sei der schönste Totenkranz, unser Erinnern verflochten mit diesen Ranken aus Erleben und Tat.
Adolf Roth..
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1935, Seite 263-264

Walter Stösser
Vita *1. 12. 1900 in Pforzheim, + 1. 8. 1953 durch Absturz an der Morgenhorn-Nordwand (Berner Alpen). Ab 1919 Lehrer. Verheiratet, zwei Kinder.
Chronik Walter Stösser zählte mit seinen Tourenkameraden Ludwig Hall, Fritz Kast und Fritz Schütt von der Klettergilde Battert zu den aktivsten deutschen Bergsteigern der frühen dreißiger Jahre. Er begann verhältnismäßig spät mit dem ernsthaften Bergsteigen. Erste Dolomitenfahrten (Grohmannspitze-Südwand, Tschierspitze, Adang-Kamin, und Cimone-della-Pala-Südwestwand) steigerten ab 1925 die Freude am Felsklettern. 1927: Marmolada-Südwand, Schleierkante (18. Begehung), Valdi-Roda-Kamm, Guglia, Crozzon-Nordkante. 1928: Kleinste Zinne, Preuß-Riß; Einserkofel-Nordwand (Dibona-Route, 3. Begehung). 1929: Erstbegehung der Nordwestkante der Großen Zinne und mit Hall und Schütt der Direkten Südwand der Tofana di Roces. Bei der 4. Begehung der Civetta-Nordwestwand machte ein Unwetter der Seilschaft schwer zu schaffen. 1930 zwei Erstbegehungen: Marmolada-d'Ombretta-Südwestwand und Antelao-Westkante. Es gab auch einen abenteuerlichen Rückzug vom Marmolada-Südpfeiler, den Stösser 1932 mit Fritz Kast dann erklettern konnte.
Schließlich ist noch die Südwand des Kleinen Vernel zu melden. Selbstverständlich kannte Stösser auch die schwierigen Touren in den Nördlichen Kalkalpen. Es gelangen weitere Neutouren: Dreitorspitze-Nordkante, Gehrenspitze-Nordwand (Battert-Riß), im Wettersteingebirge, Drusenfluh, Direkte Südwand (Rätikon), und Patteriol-Südostpfeiler (Ferwallgruppe).
Stösser war nicht nur Felskletterer, 1929 lernte er am Montblanc Peutereygrat und Sentinelle Rouge (2. Begehung) kennen, 1934 die Dent-d'Hérens-Nordwand in den Walliser Alpen (4. Begehung). Auch in den Berner Alpen versuchte er sein Glück mit Neutouren. Sein Lieblingsberg war das Bietschhorn, an dem er die Nordwestwand und den zerklüfteten Südostgrat erstmals beging. Mit Gustl Kröner stieg er 1934 in die Matterhorn-Nordwand ein, mußte aber aufgeben, weil sein Kamerad von einem Stein erschlagen wurde. Im Sommer 1935 besuchte Stösser mit Theo Seybold wieder die Berner Alpen. Erfolge: Doldenstock-Westgrat, Kleines-Doldenhorn-Westgrat, Blümlisalphorn-Westwand und Balmhorn-Ostwand als Erstbegehungen. Die Erstbegehung der Morgenhorn-Nordwand sollte folgen. Am 1. August arbeiteten sich Stösser und Seybold bis 200 Meter unter den Gipfel empor. Es galt, gefährliche Eisabbrüche zu überwinden. Gegen 15 Uhr stürzte Seybold und riß Stösser mit in die Tiefe. 1939 gab Paul Hübel ein Buch mit Tourenschilderungen: »Der Bergsteiger Wal¬ter Stösser«, heraus.
Fritz Schmitt
Quelle: der Bergsteiger 1984, Heft 10, Seite 89-90



Geboren am:
01.12.1900
Gestorben am:
01.08.1953

Erste Route-Begehung