Ficker Heinz von
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Biografie:
Prof. Dr. Heinz von Ficker feierte am 22. November 1951 seinen 70. Geburtstag. Von München zog er über Innsbruck, Graz, Berlin nach Wien, wo er noch als Direktor der Anstalt für Meteorologie und Geodynamik und Präsident der österreichischen Akademie der Wissenschaften wirkt. Als Bergsteiger kam er auch über die Alpen hinaus und zog mit Rickmers 1903 in den Kaukasus und zehn Jahre später nach Asien (Pamir). Nach 1945 wurde Prof. Heinz von Ficker als 1. Vorsitzender des Österreichischen Alpenvereins gewählt.
Quelle: Mitteilungen des DAV 1951, Heft 12, Seite 187
Professor Heinz von Ficker (+)
Die Sektion Männer-Turn-Verein München trauert um ihr langjähriges, treues Mitglied Universitätsprofessor Heinz von Ficker, Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, ehemaliger Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Dr. h. c. der Hochschule für Bodenkultur in Wien, Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, der am 29. April 1957 in Wien sanft entschlafen ist. Er folgte nach acht Monaten seiner unvergeßlichen Schwester, Frau Dr. Sud, im Tode. -- Ein großer Gelehrter und Wissenschaftler, aber auch ein Bergsteiger, der seinen Namen durch große Auslandsbergfahrten in die Geschichte des Alpinismus eingetragen hat, ist mit ihm allzufrüh dahingegangen. Der Verstorbene wird im Kreise der Sektion immer als der gute
Freund und Bergkamerad weiterleben.
Heinrich Popp
Quelle: DAV Mitteilungen 1957, Heft 5, Seite 93
Heinz von Ficker zum Gedenken.
Nun ja, das Abschiednehmen ist unausbleiblich, steht man selbander schon auf dem letzten Eishang des ewigen Gipfels. Obgleich darin auch viel Tröstliches liegt, spürt man doch den schweren Schlag, wenn höhere Macht dem Gefährten die über alle Mühsal siegenden Fittiche zum letzten Aufschwung verleiht und das Band einer fünfundfünfzigjährigen Freundschaft abschneidet.
Am 29. April 1957 entriß mir eine tückische Krankheit den kurz zuvor noch so lebensfrischen Kameraden. Er hat die von uns so geliebte Schwester Cenzi Sild nicht lange überlebt. Er war der älteste Sohn des berühmten Geschichtsforschers Julius von Ficker, eines gebürtigen Westfalen, der sich in Innsbruck niederließ und dort an der Hochschule wirkte. Ich lernte ihn zuerst auf einer Versammlung des Alpenvereins kennen. Nähere Fühlung ergab sich bei den von ihm veranlaßten Skilehrgängen für Bergführer in Mutters und Igls, wobei auch Schwester Cenzi zum erstenmal in meinen Gesichtskreis trat. Von seiner Jugend weiß ich nur, daß er mit der Schwester eifrig in die Berge stieg. Soweit mir erinnerlich, ermöglichte er das Erscheinen des Melzerschen Karwendelbuchs mit den damals noch ungewöhnlich schönen Bildern. Oft waren meine Frau und ich Gäste auf der Hohenburg, dem sommerlichen Familienheim in Igls.
Es muß da ein Funke bergsteigerischer Seelenverwandtschaft übergesprungen sein; denn schon 1903 beteiligten sich Heinz und Cenzi an der denkwürdigen Kaukasusfahrt. Er war es, der in der Gipfelwand des Uschbas den stürzenden Schulze hielt, ohne aus dem unsicheren Stand gerissen zu werden, ein hervorragendes Beispiel bergsteigerischen Könnens. Wir drei wären vor Cenzis Augen verunglückt, die mit dem kaukasischen Träger Muratbi am Fuße der Wand saß. Es war das packendste Abenteuer seines und meines Lebens. Es war zu groß für einen Ärger über die Niederlage. Am Leben zu bleiben ist auch ein Sieg. Heinz hat mir oft 'bekannt, daß er dem Bergerlebnis viel zu dankbar und philosophisch gegenüberstehe, um den Gipfelsieg für das allein Entscheidende in unserm Tun zu halten. Das Hochgefühl, so sagte er, ermißt sich nicht einfach an der Höhe des Berges.
Im Jahre 1913 begleiteten mich Ficker und Klebelsberg als die wissenschaftlichen Stützen einer vom Alpenverein geförderten Kundfahrt in die Pamirgebiete. Heinzens Findigkeit bewährte sich, als er den von den Einheimischen geheimgehaltenen Sagranpaß überschritt und damit ein Rätsel der russischen Karte löste, die von einem ?angeblichen Fußübergang" sprach. Selbstverständlich brachte er eine große wetterkundliche Ausbeute heim. Seiner guten Verbindungen mit den Russen und seiner Befürwortung verdanke ich es, daß man mir 1928 die Führung der deutschen Gruppe der Deutsch-Russischen Pamir-Erkundung anvertraute.
Dieser dürftige Bericht erschöpft die äußern Umstände unserer Bergkameradschaft. Etwas anderes sind die unausgesprochenen Gefühle. Ich möchte Heinz einen weltanschaulichen Bergsteiger nennen. Mit technischem Wissen und Können verbanden sich Gescheitheit und ein kräftiger Humor, der aus dem Heinz jeweils einen Hoanz machte. Darüber hinaus war er ein außergewöhnlich hervorragender Gelehrter in seinem Fach der Wetterkunde und Erdphysik, was infolge seiner Bescheidenheit zuwenig bekannt wurde. Geistig war er den Forschern ebenbürtig, die durch Reiseerfolge Aufsehen erregten. Da mir leider nicht die Neugier des geborenen Ausfragers gegeben ward, weiß ich zuwenig von seiner wissenschaftlichen Laufbahn und von der Hochachtung, die ihm die Fachwelt zollte. Ein wenig wurde ich in seine Föhnforschung eingeweiht; denn oft begleitete ich ihn auf den Patscherkofel, als er die Streifen der selbstschreibenden Wettergeräte auswechselte. Den Doktorgrad erwarb er 1906 in Innsbruck. Bei der Notlandung seines Erkundungsballons geriet er 1915 in russische Gefangenschaft, wurde aber ausgetauscht.
Ich besuchte ihn in Berlin, als er die erste hohe Stufe errungen hatte, nämlich als Direktor des Preußischen Meteorologischen Instituts. Dann berief man ihn nach Wien zum Leiter der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Die Akademie der Wissenschaften ernannte ihn zum Präsidenten, Hohes Ansehen genoß er in Rußland, wo man ihn gern in ein seiner würdiges Amt eingesetzt hätte. Er war Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. Auch war er Mitglied der Internationalen Studiengesellschaft zur Erforschung der Arktis mit dem Luftschiff. Eine Aufnahme zeigt ihn neben Nansen, Wegener, Penck und anderen Größen. Ich beklage die Kürze dieser Würdigung. Mir fehlen die Worte; der Schlag kam zu plötzlich. Möge man mir ein vielsagendes Schweigen zugestehen.
W. R. Rickmers.
Quelle: DAV Mitteilungen 1957, Heft 6, Seite 108
Geboren am:
22.11.1881
Gestorben am:
29.04.1957
Ficker Heinz von - ÖAZ 1957-1293, Seite 89.pdf
Heinz_Ficker_-_BuH_1948.pdf
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