Rittler Leo
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Biografie:
geboren in München (Deutschland)
abgestürzt an der Grandes Jorasses Nordwand (Frankreich)
Rittler begann 1925 mit seinen schweren Klettertouren und wurde Mitglied im Kletterclub "Alpinclub Hochempor" und der Hochtouristengruppe der Alpenvereinssektion Oberland. Emil Solleder galt als sein alpiner Lehrmeister, zuerst im Münchner Nagelfluh-Klettergarten an der Isar, später in den Alpen.. Er war ein wagemutiger Draufgänger in der ?Bergvagabundenzeit?,der mit einfacher Ausrüstung große Touren durchführte. Ein großer Teil der schwierigsten Kaiserfahrten wurden von ihm wiederholt, er kannte die schwierigen Routen an Totenkirchl, Fleischbank und Predigtstuhl. Solleder und Rittler glückten mehrere Erstbgehungen. 1927 gelang ihm die zweite Begehung der ?Direkten Christaturm-Ostwand mit Alfred Drexel und der Dreitorspitze-Mittelgipfel-Nordwand mit Toni Schmid. 1929 durchstieg er die berühmte Civetta-Nordwand mit Willi Leiner als zweite Seilschaft. Seine bedeutenste Klettertour war die Erstbegehung der 1000 m hohen Cima della Busazza-Westkante mit den bekannten italienischen Spitzenkletterer Renzo Videsott und Domenico Rudatis. Ebenfalls hatte Rittler die Nordwand der Praxmarkarspitze, die Südostwand der Fleischbank, die Südwand der Schüsselkarspitze und die berühmte "Fiechtl-Weinberger-Führe" am Predigtstuhl auf seiner Tourenliste.
Im August 1931 wurden die jungen Münchner leo Rittler und Hans Brehm die ersten Opfer der Grandes Jorasses-Nordwand. Sie unternahmen bei sehr schlechten Bedingungen einen Versuch im Zentralcouloir der Nordwand und stürzen ab. Anderl Heckmair und Gustl Kröner fanden die toten Bergsteiger im Lawinenkegel am Fuße der Nordwand unterhalb des großen Couloirs. Sie wurden auf dem Friedhof von Chamonix nahe dem Grab Whympers begraben.
1925 Im Wetterstein gelangen ihm vier Erstbegehungen
1927 4.Beg.Fleischbank-Südostwand,2187m, (Wilder Kaiser)
1927 2.Beg.Christaturm-Direkte Ostwand "Schmitt-Mitterer-Führe",V+,2170m, (Wilder Kaiser)
1927 Beg.Partenkirchner Dreitorspitze-Mittelgipfel-Nordwand,2622m, (Wetterstein)
1927 3.Beg.Praxmarerkarspitze-Westgipfel-Nordwand,2641m, (Karwendel)
1927 1.Beg.Nördlicher Zundernkopf-Nordostkante "Rittler-Amann-Weg",V,2250m, (Wetterstein)
1928 1.Beg.Hoher Gaif-Südwand "Rittler-Schneider-Weg",VI,2289m, (Wetterstein)
1928 1.Beg.Nördlicher Zundernkopf-Direkte Ostwand "Rittler-Schneider-Weg",V,450 KM,2250m, (Oberreintal)
1928 1.Beg.Münchner Turm (Cima die Monachesi)-Westwand.IV+,600 KM,2750m, (Civetta,Dolomiten)
1928 2.Beg.Civetta-Nordwestwand "Solleder-Lettenbauer" mit Rittlervariante,VI,1000 HM,3218m, (Civetta,Dolomiten)
1928 1.Beg.Unterer Berggeistturm-Nordwestwand "Gelbes U",VI,2000m, (Wettersteingebirge)
1928 1.Beg.Unterer Berggeistturm-Nordwestkante,V,2000m, (Wettersteingebirge)
1928 1.Beg.Totenkirchl-Ostnordostwand "Rittlerriß",VI-,150 HM,2193m, (Wilder Kaiser)
1929 1.Beg.Torre di Babele (Babylonischer Turm)-Südgrat,IV,2310m, (Civetta,Dolomiten)
1929 1.Beg.Cima della Busazza-Westkante,V+/A1,1100 HM,2894 m, (Civetta,Dolomiten)
1929 10.Beg.Fleischbank-Südostwand "Wießner-Rossi",V+,270 HM,2187m, (Wilder Kaiser)
1929 Beg.Fleischbank-Ostwand,V+,400 HM,2187m, u. Beg.Predigtstuhl-Nordgipfel-Westwand
"Fiechtl-Weinberger-Weg",V+/A1,200 HM,2116m an einem Tag, (Wilder Kaiser)
1929 Beg.Marmolata-Punta-Penia-Südwand "Alte Südwand",IV+,700 HM,3343m, (Dolomiten)
1929 1.Beg.Cima della Busazza-Westkante,V+/A1,1100 HM,2894 m, (Civetta,Dolomiten)
1930 1.Beg.Bauernpredigtstuhl-Südwestkante "Rittlerkante",V+/A0,2119m, (Wilder Kaiser)
1930 Beg.Scharnitzspitze-Südwand,2463m, (Wetterstein)
1931 Beg.Vers.Grandes Jorasses-Nordwand,4208m, (Montblancgebiet)
Beg.Schüsselkarspitze-Südwand,2538m, (Wetterstein)
Beg.Kleiner Hundstallkopf-Ostwand,2338m, (Wetterstein)
1.Beg.Plattenspitze-Nordwand,800 HM,2490m, (Karwendel)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu
Leo Rittler (+)
In vorgerückter Zeit des Sommers 1928 befand ich mich in der Coldai-Schutzhütte in dem wunderbaren Dolomitenreich der Civetta. Es fehlten nur mehr wenige Wochen zum Sommerende, und die Besucher waren schon selten geworden. Eines Nachmittags sah ich zwei deutsche Burschen einlangen. Man erkannte sofort, dass es Bergsteiger waren; der eine war sehr jung, noch nicht 21 Jahre, mehr klein, aber lebhaft und kräftig, blond, mit blauen und feurigen Augen, ein Jüngling, dessen Wachstum noch nicht beendet war. Er kam, um die Solleder-Lettenbauer-Route über die Nordwestwand der Civetta anzugehen, diese gewaltige Unternehmung, die noch nicht wiederholt worden war; er kam mit der Heiterkeit und dem Vertrauen der Jugend, die Unternehmung durchzuführen: es war Leo Rittler.
Rittler hatte ausgezeichneten erfolg. Doch nicht nur das; sondern im mittleren Teil der Wand, auf einer Strecke von mehr als 200 m, fand er eine Möglichkeit, noch weit unmittelbarer als die ersten Begeher anzusteigen. So wurde nach drei Jahren die 2. Durchkletterung der Nordwestwand der Civetta durchgeführt.
Wir wurden bald Freunde. Er erzählte mir von den Bergfahrten, die er schon ausgeführt hatte. Ein großer Teil der schwierigsten Kaiserfahrten waren von ihm schon wiederholt worden. Das Jahr zuvor, also 1927, hatte er mit K. Amann die 4. Begehung der berühmten Fleischbank-Südostwand, ferner die 3. Durchkletterung der Nordwand der Praxmarerkarspitze (Westgipfel) ausgeführt und stellte sich so, kaum 18-jährig, unter die besten Kletterer der Zeit.
Mit der 2. Durchkletterung der unmittelbaren Civetta-Nordwestwand und anderen prächtigen Bergfahrten kam Rittler in das hellste Licht des internationalen Sportfeldes. Leo Rittler war ein geborener Bergsteiger. Sein Stil auf Fels war so vollkommen und so elegant, daß das bergsteigen bei ihm ein Ausdruck seiner ganzen Natur schien. Ihm beim Klettern zuzuschauen war ein vergnügen. Im Jahre 1929 war seine alpinistische Tätigkeit zum Teil sehr bedeutend. Er wiederholte mit P. Aschenbrenner die Durchkletterung der Südostwand der Fleischbank und beging zweimal den Fiechtl-Weinberger-Weg zum Nordgipfel des Predigtstuhles. Er war somit der einzige, der zweimal diese äußerst schwierigen Touren wiederholte.
1929 kam er dann wiederin die Dolomiten und wollte mich in der Civettagruppe treffen.. In den Bergen, die ich so liebte, war ich mit meinem Freunde R. Videsott aus Trient. Wir führten dann zu dritt einige schöne Neufahrten im mittleren Teil der Gruppe durch. Das Wetter war sehr günstig; es waren Tage der Tat, der Schönheit und des Glückes. Rittler war allezeit ruhig, zufrieden un unermüdlich. Das Leben in den Bergen war sein sein eigentliches Leben. Bis jetzt habe ich nur wenige Bergsteiger kennen gelernt, deren seele so einfach und so sehr mit der Natur harmonierend war wie die Rittlers. Er freute sich über die Sonne, die Kühle der Bergwässer, über das liebliche Himmelsblau, über die schwindelndsten Wände und schien nichts anderes zum Leben zu begehren.
Die Begehung der westkante der Cima della Busazza war unsere schönste Unternehmung. Sie bleibt mir unvergeßlich, nicht bloß wegen der Lösung der bergsteigerischen Aufgabe, die Möglichkeit eines unmittelbaren Durchstieges aus der Val die Cantoni auf diesen Gipfel zu finden, sondern auch wegen der tiefen Freude, die uns vom herrlichen Gebirge in diesen Tagen geschenkt war.
Wenn ich an Rittler denke, dann kehrt immer wieder die Erinnerung an den Zwischenfall während dieser Bergfahrt. Videsott war der erste der Seilschaft und stand etwa 20 m über mir auf brüchigem Fels. Er hatte keinen Haken geschlagen, sodaß sein eventueller Sturz über 40 m tödlich, oder vielleicht tödlich, erfolgen konnte. Ich handhabte das Seil, Rittler stand neben mir. Plötzlich brachen die Tritte unter den Füßen Videsotts aus. Schon glaubte ich ihn stürzen zu sehen, doch wunderbarerweise gelang es ihm, sich auf kleinen Griffen zu halten. Dann schlug er einen Haken, und damit war er gerettet. Mein Herz schlug furchtbar heftig; ich wandte mich zu Rittler und deutete es ihm an, indem ich die linke Faust auf das Herz preßte, wie um auszudrücken, daß der Tod jetzt nahe an uns vorbeiging. Er schaute mich mit dem lebensvollen und freimütigen Blick des Jünglings an und sagte in aller Ruhe: „In den Bergen ist es so.“
Er hatte recht. Die Berge geben das Leben um den Tod. Beide sind sie geheimnisvoll. Und tief geheimnisvoll ist der Schicksalsfaden, der sie verbindet.
D. Rudatis
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1932, Seite 192-193
Quelle: DÖAV Mitteilungen 1932, Seite 222
Quelle: Der Bergsteiger 1981, Heft 10, Seite 64
Leo Rittler
Vita *2.6.1907 in München, (+) 12.8.1931 durch Absturz in der Grandes-Jorasses-Nordwand. Lebte in der Zeit der Inflation und Arbeitslosigkeit. Alternative hierzu waren das Klettern und der Erfolg in den Bergen.
Chronik Leo Rittler war athletisch gebaut und steigerte im Klettergarten sein virtuoses Können. 1925 begann er mit Kameraden von »Hochempor« mit schwierigen Touren. Im Wetterstein gelangen ihm vier Erstbegehungen: 1927 die Nördlicher-Zundernkopf-Nordostkante (V-) mit Karl Amann, der 1934 an der Schüsselkarspitze in einem Wettersturz ums Leben kam; 1928 Hoher-Gaif-Südwand (VI-) mit Heini Schneider; mit dem gleichen Begleiter: Direkte Ostwand des Nördlichen Zundernkopfs (V); Unterer-Berggeistturm-Nordwestkante (V) mit Toni Schmid. Im Kaiser kannte er die schwierigen Routen an Totenkirchl, Fleischbank und Predigtstuhl.
1927 machte er mit Alfred Drexel, der 1934 am Nanga Parbat einer Lungenentzündung erlag, die zweite Begehung der Direkten Ostwand des Christaturms. 1928 erkletterte er mit Karl Amann den Rittler-Riß (V+) in den Nordabstürzen des Totenkirchls, von dem nie-mand Näheres weiß. 1929 bewies er mit Georg von Kraus seine Leistungsfähigkeit im Umkreis der Steinernen Rinne: vormittags Fiechtl-Weinberger-Route am Predigtstuhl, nachmittags die Fleischbank-Ostwand. 1930 gelang ihm mit Alfred Drexel eine rassige Erstbegehung am Bauernpredigtstuhl, die Südwestkante (IV bis V), allgemein als Rittler-Kante bekannt. In den Dolomiten wiederholte er drei Jahre nach Solleders Erstbegehung der Civetta-Nordwestwand diese Route. Begleiter war Willi Leiner aus Partenkirchen. 1929 lernte Rittler die Italiener Domenico Rudatis und Renzo Videsott kennen. Zu dritt begingen sie erstmals die 1100 m hohe Westkante der Cima de la Busazza (VI) mit nur sechs Haken. Eine erstaunliche Leistung für die damalige Zeit.
Obwohl ohne Eiserfahrung, radelte Rittler im Sommer 1931 mit Hans Brehm nach Zermatt, um in die Matterhorn-Nordwand einzusteigen. Die beiden kamen für die Erstbegehung zu spät. Den Brüdern Schmid war der Durchstieg bereits gelungen. Enttäuscht radelten die beiden unverzüglich ins Montblancgebiet weiter. Anderl Heckmair und Gustl Kröner kamen kurz danach auf die Leschaux-Hütte, sie fanden Rittler und Brehm tot in einem Lawinenkegel am Fuße der Grandes-Jorasses-Nordwand. Michel Vaucher und Walter Bonatti entdeckten bei ihrer Erstbegehung des Whymper-Pfeilers im Jahre 1964 500 m oberhalb der Randkluft einen alten Haken und vermuteten, daß er von der Seilschaft Rittler/Brehm stammte. Sie wurden im Friedhof von Chamonix bestattet.
-tt-
Quelle: Der Bergsteiger 1983, Heft 10, Seite 63-64
Geboren am:
02.06.1907
Gestorben am:
12.08.1931
Erste Route-Begehung