Hein Artur
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Biografie:
Graz
Hohe Tauern Pionier
Prof. Artur Hein
11. Feber 1904 - (+) 1. Dezember 1985
Vor mir liegen zwölf kleine Bücher. Das erste trägt die Aufschrift "1924-1927", das letzte ?1979?". Die erste Eintragung trägt das Datum 22. August 1924 (Schladminger Tauern), die letzte 17, August 1985 (Lachtal). Es sind die zwölf Tourenbücher meines lieben Freundes Artur Hein, Viele seiner Fahrten kenne ich selbst. Erinnerungen an meine Jugend werden wach: Hochschwab, Gesäuse, Dachstein, Gosaukamm, Dolomiten. Die Aufzeichnungen sind nicht vollständig, weil Turl, wie er in seinem Familien- und Freundeskreis und auch von seinen Schülern genannt wurde, schon am 3. Juli 1924 in unseren Klub aufgenommen wurde. Es müssen ihm also schon vor dieser Zeit schwierige Bergfahrten gelungen sein, über die keine Aufzeichnungen vorliegen.
Seit frühester Jugend war Turl ein begeisterter und ausgezeichneter Turner und Schiläufer. Nach seiner Matura in Linz, die er mit Auszeichnung bestand, kam er an die Universität Graz und studierte Mathematik und Darstellende Geometrie. Wie auch sein Bruder Erwin trat er dem ?Akademischen Jahnbund" bei und fand unter seinen Bundesbrüdern gleichgesinnte und ausgezeichnete Bergsteiger, unter anderen die Brüder Karl und Emil Rupilius und Karl Schreiner, mit denen er in den folgenden Jahrzehnten noch viele schwere und schwierigste Bergfahrten in den Ostund Westalpen unternahm. Es gibt kaum eine Berggruppe zwischen der Hohen Veitsch und dem Dauphiné, die er nicht kannte. Fast 2000 Gipfel sind die Ernte seines reichen und erfüllten Bergsteigerlebens. Turl war nicht nur ein ausgezeichneter Felsgeher, sondern auch im Eis hervorragend. Man muß ihn zu den besten und erfolgreichsten Bergsteigern seiner Zeit zählen. Das zeigen unter anderem seine Erstbegehungen:
Niederes-Großwandeck-Südpfeiler (1925), Dreiherrenspitze-Nordwand (1926), Große-Bischofsmütze-Südwand (1927), Brenta-alta-Nordwand (1928), Neuer Weg durch die Nordwand des Montasch (1930), Neuer Weg durch die Dent-Blanche-Südostwand (4Q31), Breithorn-Nordwandpfeiler (1931), Grießstein-Nordostgrat (1932), nicht zu vergessen eine Wegänderung im oberen Teil der Hochtor-Nordwand.
Außer diesen Erstbegehungen mögen stellvertretend für die vielen, zum Teil äußerst schwierigen Bergfahrten noch folgende Routen seine Meisterschaft in Fels und Eis unter Beweis stellen:
Steinerweg auf den Dachstein, Windlegergrat auf den Torstein, Roßkuppen-Nordwestkante, Badile-Kante, Fleischbank-Ostwand, Predigtstuhl-Westwand (Schüle-Diem), Laliderer-Nordwand, Sass Maor-Ostwand, Rosengartenspitze-Ostwand (Stegerweg), Schüsselkarspitze-Südwand (Herzog-Fichtl), Marmolata-Südwand, Große-Zinne-Nordwand (Comici-Weg), Montblanc, Pallavicini-Rinne, Dent-d'Herens-Nordwand (4. Begehung), Monte-Rosa-Ostwand (1960 mit seinem Sohn Günter).
Sein letzter Dreitausender in den Westalpen (Dauphiné) gelang ihm noch am 2. Juli 1985 mit seinem
Sohn Günter. Sein letzter Gipfel sollte der Schönberg im Lachtal sein, den er mit seinem alten Freund ?Rambo" (Prof. Erwin Rambossek) am 17. August 1985 erstieg.
Turls so erfolgreiches Bergsteigerleben war von zwei schweren Schicksalsschlägen überschattet. Im Juli 1937 war es der Bergtod seines Bruders Günther, den er in den schweren Fels eingeführt hatte und den er auch mit dem schwierigen Eis vertraut machen wollte. Zur beabsichtigten Durch¬steigung der Wiesbachhorn-Nordwestwand kam es nicht mehr, weil Günther als Opfer seines schwächeren Gefährten im Gosaukamm einem Wettersturz erlag. Turl hatte seinen liebsten Berggefährten verloren.? Am 19. Juni 1938 traf es ihn selbst. Er stürzte in der Nordwestwand des Mitter¬alpenturmes acht Meter ins Seil, weil ein Haken ausgebrochen war. Sein linker Fuß wurde zerschmettert. Das Knöchelgelenk blieb steif, und Turl mußte seitdem eine Stahlschiene tragen. Die Folge war eine viele Jahre dauernde bergsteigerische Zwangspause. Aber zäh und unbeugsam wie er war, gab er nicht auf. Am 1. September 1943 konnte er am Fledermausgrat erstmals wieder Hand an den Fels legen. Mit der ihm eigenen Beharrlichkeit und Härte gegen sich selbst hatte er die Folgen seiner schweren Verletzung gemeistert. Sie hielt ihn in den folgenden Jahren nicht von schwierigen Fels- und Eistouren ab, und die Durchsteigung der Monte-Rosa-Ostwand mit seinem Sohn Günter im August 1960 ist wohl seine größte bergsteigerische Leistung, der man nicht genug Bewunderung zollen kann, dies umso mehr, als im oberen Teil der Wand ungünstigste Verhältnisse herrschten und Vater und Sohn in eine Lawine gerieten, die nur wie durch ein Wunder nach ungefähr 50 m zum Stillstand kam. Trotz seiner schweren Verletzung meldete sich Prof. Hein, der sich von Jugend an dem gesamten Deutschen Volk verbunden fühlte, im Herbst 1944 freiwillig zum Volkssturm, wurde an der Ostfront eingesetzt und geriet als letzer Überlebender seiner Einheit in russische Kriegsgefangenschaft. Zwei Fluchtversuche scheiterten, der dritte gelang. Bei seiner Rückkehr in die Heimat fand er sein Heim bombenbeschädigt und ausgeplündert. Wie viele seiner Generation, mußte auch Prof. Hein für seine völkische Gesinnung büßen. Er verlor seine Stellung in Bruck und konnte erst nach zehnjährigem Kampf mit den Behörden, den er mit der ihm eigenen Beharrlichkeit und Unbeugsamkeit führte, seine Tätigkeit als Mittelschulprofessor wieder aufnehmen.
Der Tod seiner Frau im Jahre 1984 hat seinen Lebenswillen gebrochen. Am 1. Dezember 1985 ist er ihr nachgefolgt. Wir, die letzten Überlebenden der alten Grazer Turner-Bergsteiger, denen er seit mehr als fünf Jahrzehnten angehört hatte, trauern um unseren lieben Turl. Unsere Runde, die sich einmal im Monat trifft, ist wieder kleiner und um sehr viel ärmer geworden. Solange aber auch nur einer von uns lebt, wird er an ihn denken. Bei der Verabschiedung in der Grazer Feuerhalle hatte sich eine große Trauergemeinde eingefunden, darunter viele seiner Schüler, denen er ein strenger, aber gerechter Lehrer war. Sein alter Freund Prof. Rambossek, der ihn auf vielen Fahrten begleitet hatte, schloß seinen letzten Gruß an Turl mit den Worten:
?Viele Wege führen zu Gott, einer führt über die Berge."
Dr. Helmuth Schmid
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1987, Folge 1473, Seite 48-49
1923 1.Beg.Hochtor-Südwest (Haupt) gipfel-Nordwestwand „Hein-Schreiner-Wegänderung",2369m,
(Ennstaler Alpen,Gesäuse)
1925 1.Beg.Niederes Großwandeck-Südostgrat,2367m, (Dachsteingebirge)
1925 1.Beg.Niederes Großwandeck-Südpfeiler,2367m, (Dachsteingebirge)
1926 1.Beg.Rosskuppe-Nordwestkante "Roßkuppenkante",V,2152m, (Gesäuse)
1926 1.Beg.Westliche Simonyspitze-Nordwestgrat,3488m, (Venedigergruppe)
1926 1.Beg.Dreiherrnspitze-Nordostwand "Rechter Anstieg",3499m, (Hohe Tauern)
1927 1.Beg.Große Bischofsmütze-Südwand "Steiner-Hein",2455m, (Dachsteingebirge)
1.Beg.Glockner-Direkter Südgrat,3798m, (Hohe Tauern)
Gerd Schauer, Isny im Allgäu
Geboren am:
11.02.1904
Gestorben am:
01.12.1985
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