Ficker Heinrich von

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Biografie:
Ehrenvolle Berufung eines österr. Gelehrten.
Professor Heinrich Ficker, Vorstand des Meteorologisch-physikalischen Instituts der Universität Graz, hat die Berufung an die Berliner Universität als Professor der Meteorologie und Direktor des preußischen Meteorologischen Instituts angenommen. Unsere besten Wünsche begleiten den auch in unseren Kreisen wohlbekannten und hochgeschätzten Alpinisten und Gelehrten in seinen neuen Wirkungsbereich.
Quelle: Mitteilungen des DÖAV 1923, Seite 13

Prof. Heinrich von Ficker - 75 Jahre.
Der Präsident der österrei­chischen Akademie der Wissenschaften in Wien, Prof. Dr. Heinrich von Ficker - ein Sohn des großen Historikers der Innsbrucker Universität, Prof. Julius von Ficker -, vollendete am 22. November sein 75. Lebensjahr. Er wurde in München geboren, studierte in Innsbruck und Wien Meteorologie, wirkte von 1911 bis 1932 an der Grazer Universität und anschließend als Ordinarius an der Univer­sität in Berlin, wo er gleichzeitig Direktor der Preußischen Anstalt für Meteorologie war. Im Jahre 1937 übernahm er in Wien die Lei­tung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Er ist seit 1922 Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaf­ten und wurde 1946 zu deren Präsidenten gewählt. Außerdem ist er Mitglied verschiedener ausländischer Akademien und Gelehrtenver­einigungen. Er hat eine Reihe bedeutender meteorologischer, glaziologischer, klimatologischer und äronautischer Arbeiten verfaßt, die zum Großteil in der Preußischen Akademie der Wissenschaften er­ schienen sind.
Quelle: Der Bergsteiger 1956-57, Heft 04 Jänner 1957, Seite 44

Heinrich Ficker (1881 - 1957)
Einem großen Bergsteiger und Forscher zum Gedächtnis
Ein Doppelgestim, das zu Beginn unseres Jahrhunderts am alpinen Himmel hell aufgeleuchtet und dann jahrzehntelang gestrahlt hatte ist jetzt binnen Jahresfrist erloschen.
Am 26. August 1956 starb kurz, vor ihrem 78. Geburtstag, Frau Cenzi Sild, geb. Ficker, tief betrauert, von allen Bergsteigern vor allem vom engsten Bergkameraden ihrer Jugendjahre, dem jüngeren Bruder Heinrich Ficker, der ihr nun leider allzu schnell am 29. April 1957 im, Tode nachgefolgt ist. Otto Langl widmete, Cenzi Sild, die nach.schweren Schicksalsschlägen, die sie der ganzen Familie beraubten, in den letzten Jahren sehr zurückgezogen gelebt hatte, in der Österreichischen Alpenzeitung, Folge 1290, November/Dezember 1956, einen tief empfundenen Nachruf. Ihres Bruders sei hier in der gebotenen Kürze gedacht.
Heinrich (v) Ficker geboren am 22. November 1881 in München hat sich als Bergsteiger schon in seinen Innsbrucker Studienjahren hervorgetan, indem er in der, Umgebung der Stadt zahlreiche Bergfahrten unternahm, die er auch anschaulich zu schildern verstand. Seine bergsteigerischen Erlebnisse und Kenntnisse legte er insbesondere im Buche „Aus Innsbrucks Bergwelt", (1902) nieder das er, gemeinsam mit Dr. O. Ampferer, dem nachmaligen großen Alpengeologen, zum Gedächtnis ihres abgestürzten Freundes, O. Melzer veröffentlichte, dessen Bilder das Werk schmücken. Es ist auch jetzt nach mehr als, einem halben Jahrhundert, noch lesenswert, ja gerade jetzt wieder, weil es zeigte unter welchen Anstrengungen und Entbehrungen damals selbst die Berge in der nächste Nähe, von Innsbruck erstiegen wurden; ständen doch vor dem Klettern an Graten und Wänden sechs Stunden Anstieg vom Tale her, soferne man vorher nicht in den armseligen Almhütten oder gar im Freien übernachtet hatte, und dies alles ohne, die Ausrüstung, die heute ein Biwak erträglich machen.
Schon im Jahre 1903 versuchte Heinrich Ficker, zusammen mit A. Schulze und R. Rickmérs, den Uschba-Südgipfel im Kaukasus zu bezwingen. Das Unternehmen scheiterte durch einen gefährlichen Sturz von Schulze, aber die Bergung des verletzten Kameraden aus einer gefährlichen Wand durch Ficker und Rickmers war vielleicht eine größere alpine Leistung als die Erreichung des Gipfels. In der Folgezeit zog es Ficker weiter in die asiatische Gebirgswelt hinein. Er beteiligte sich im Jahre 1913 auf eigene Kosten an der ersten großes Auslandsexpedition des Deutschen und Österreichischen Alpen-Vereins in das Pamir-Gebiet. Im Jahre 1928 konnte er zwar selbst an der wohl größten Unternehmung in einem asiatischen Hochgebirge der deutsch-russischen Alai- Pamir-Expedition nicht teilnehmen, er hat aber dafür die Pläne ausgearbeitet, die deutschen Teilnehmer ausgewählt und die diplomatischen Wege geebnet.
Immer mehr hat Ficker das Bergsteigen hinter den Aufgaben seiner Wissenschaft zurücktreten lassen müssen, wenn er auch mit.der alpinen Welt dauernd verbunden blieb, insbesondere auch, mit dem Alpenverein. Nachdem er schon in jungen Jahren längere Zeit Mitglied des Hauptausschusses und des Wissenschaftlichen Unterausschusses des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, gewesen war, stellte er sich nach dem zweiten Weltkriegs auch dem Österreichischen Alpenverein wieder im Wissenschaftlichen Unterausschuß zur Verfügung. Auf der Versammlung i' Bad Ischl wurde er 1947, zum Ersten Vorsitzenden des Österreichischen Alpenvereins gewählt. Er legte allerdings dieses ehrenvolle Ehrenamt nach einem Jahr wieder zurück.
Wie sich Heinrich Ficker schon früh als Bergsteiger auszeichnete, so nicht minder als Meteorologe. Er begann seine wissenschaftliche Laufbahn in Innsbruck mit grundlegenden Untersuchungen über den Föhn, die neben der geistigen auch eine gewaltige körperliche Leistung darstellten; hat doch Ficker bei den diesbezüglichen meteorologischen Beobachtungen fünfundfünfzigmal den Patscherkofel erstiegen, das heißt, je 77.000 Meter im An- .und.Abstieg zurückgelegt: Auch seine wagemutigen Freiluftballonfahrten dienten der Erforschung des Föhns. Durch diese Studien hat Ficker einen der bedeutendsten Beiträge zur Meteorologie des Hochgebirges geliefert. Seine folgenden Forschungen zur Kälte- und Wärmewellen im Raume von Russland und Nordasien führten Ficker schon 1911 zur Feststellung von "Fronten", lang vor B. Bjerknes durch dessen Polarfrontheorie diese Erkenntnis Allgemeingut der Meteorologie wurde. Auch Fickers Untersuchungen über die Zusammensetzung der barometrischen Luftdruckgebilde aus zwei miteinander gekoppelten Systemen, aus einer unteren und oberen Druckschwankung, stießen in wissenschaftliches Neuland vor. Durch die Beachtung der Druckänderungen in der Stratosphäre ergab sich nicht nur ein tieferes theoretisches Verständnis für das allgemeine Wettergeschehen sondern auch eine neue Grundläge für die Verbesserung der Wettervorhersage. Heinrich Ficker hatte die Gabe seine wissenschaftlichen Ergebnisse auch klar darzustellen. gerne wandte er sich in Aufsätzen und Büchern auch an weitere Kreise. Musterbeispiele dafür sind sein Aufsatz "Die Erforschung der Föhnerscheinungen in den Alpen" in der Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1912, und sein mehrmals aufgelegtes Büchlein im Springer-Verlag, Berlin "Wetter und Wetterentwicklung".
Dass der Lebensweg eines Mannes, der mit so einem schöpferischen Geist auch ein liebenswürdiges Wesen verband, steil empor führte, ist verständlich. Nach seiner Promotion an der Universität Innsbruck im Jahre 1906, arbeitete Ficker zunächst an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien. Nachdem er sich 1909, an der Universität Innsbruck habilitiert hatte wurde er schon 1911 im Alter von 30 Jahren als Professor für Physik der Erde an die Universität Graz berufen. 1923 wurde er zum ordentlichen Professor für Meteorologie an der Universität Berlin und zum Direktor des Preußischen Meteorologischen Institutes ernannt. 1937 wurde er als ordentlicher Professor für Physik der Erde und Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik nach Wien berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung wirkte. Heinrich Ficker war Mitglied mehrerer Wissenschaftlicher Akademien und Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. In den Jahren 1946— 1951 war er Präsident und anschließend bis zu seinem Tode Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Über alle äußeren Ehren hinaus hat sich Heinrich Ficker durch seine bergsteigerischen Taten und durch seine wissenschaftlichen Leistungen selbst ein bleibendes Denkmal gesetzt. In unserem Gedächtnis wird er weiterleben als eine Persönlichkeit, in deren Leben und Wirken sich Alpinismus und Wissenschaft in einer besonderen Harmonie verbunden haben.
H. Kinzl
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1957, Heft 5/6, Seite 31-32

In memoriam Dr. Heinrich von Ficker
Nach schwerem und mit großer Geduld ertragenem Leiden verschied am 29. April 1957 Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich von Ficker. Die österreichische Wissenschaft und Österreichs Bergsteigerschaft erlitten durch sein Ableben einen unersetzbaren Verlust. In seiner Person sehen wir noch einen Vertreter der klassischen Zeit des Alpinismus!
Heinrich von Ficker wurde 1881 in München geboren. Er entstammte einer hochangesehenen Gelehrtenfamilie, welche sich in Innsbruck niedergelassen hatte. Sein Vater, Dr. Julius von Ficker, war ein bekannter Rechtshistoriker aus Westfalen, seine Mutter entstammte einem alten Südtiroler Patriziergeschlecht. In seiner Jugend hat er sich in den Reihen des Akademischen Alpenklubs Innsbruck mit Eifer an der Erschließung der Tiroler Bergwelt (besonders des Karwendels und Wettersteingebirges) beteiligt. Ein Höhepunkt seiner bergsteigerischen Tätigkeit war im Jahre 1903 die Teilnahme, zusammen mit seiner Schwester Zenzi, an der Uschba-Expedition von Rickmer-Rickmers im Kaukasus. Als älterer Bruder war Heinrich von Ficker für seine Schwester Zenzi (geboren 1878, gestorben 1956, ab 1908 verheiratet mit dem bekannten Wiener Bergsteiger Dr. Hannes Sild), die damals als die kühnste Innsbrucker Kletterin galt und zu den bedeutendsten Bergsteigerinnen ihrer Zeit zählte, Berater und Führer. Ihr Tod im Jähre 1956 war für ihn ein schwerer Schlag! 1913 nahm Ficker an der Pamir-Expedition des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins teil.
Auf wissenschaftlichem Gebiet zählte Professor Ficker zu den hervorragendsten Vertretern der weltbekannten österreichischen Meteorologenschule. Seine Laufbahn begann als Assistent der Zentralanstalt für Meteorologie in Wien. Nachdem er sich 1909 in Innsbruck habilitiert hatte, wirkte er von 1911 bis 1923 als Extraordinarius für Physik der Erde an der Universität Graz, wurde dann als Ordinarius für Meteorologie nach Berlin berufen, wo er bis 1934 neben seinem Lehrstuhl an der Universität die Direktion des Preußischen Meteorologischen Institutes innehatte. 1937 übernahm er schließlich die Leitung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien und wirkte zugleich als ordentlicher Professor für Physik der Erde an der Universität unserer Heimatstadt.
Fickers Hauptforschungsgebiet war die Dynamik der Atmosphäre. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten gehören jene über die Erforschung der Föhnerscheinungen und ihrer Ursachen, zu dessen Zweck er sich auf Freiballonfahrten im Föhnsturm treiben ließ und für die Wissenschaft bedenkenlos sein Leben einsetzte. Eingehende Untersuchungen widmete er dem Transport kalter Luftmassen über die Alpen, und seine Studien über Kälte- und Wärmewellen in Rußland und Nordasien führten ihn zum Begriff der „Fronten" und schufen grundlegende Erkenntnisse auf einem der wichtigsten Gebiete der synoptischen Meteorologie, der „Lehre von den Fronten"! Seinen Arbeiten über die Depressionen und die Lebensgeschichte von Zyklonen, besonders aber auch seine neuen Erkentnisse über die Einflüsse stratosphärischer Vorgänge in der Wetterentwicklung kommen besondere Bedeutung im Hinblick auf die Wettervorhersage zu. Professor Ficker besaß die seltene und besonders wertvolle Gabe, die schwersten wissenschaftlichen Probleme in sehr klarer, leicht faßlicher und überaus lebendiger Form darzustellen. Dies machte ihn in Verbindung mit seinem großen menschlichen Verständnis, seiner Güte und der Ausgeglichenheit seines Charakters zu einem hervorragenden und von allen Schülern stets geliebten Lehrer!
Das hohe internationale Ansehen, welches Professor Ficker genoß, drückt sich in den zahlreichen Ehrungen seitens wissenschaftlicher Institutionen des In- und Auslandes zu seinen Lebzeiten aus: Er war Mitglied beziehungsweise korrespondierendes Mitglied zahlreicher Akademien der Wissenschaften (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bayrische Akademie der Wissenschaften zu München, Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz, Deutsche Akademie der Naturforscher, Leopoldina in Halle, Akademie der Wissenschaften der UdSSR), Ehrenmitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften, Ehrenpräsident des Sonnblickvereins und 1946 bis 1951 Präsident und darnach bis zu seinem Tode Vizepräsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 1948 war Professor Ficker erster Vorsitzender und Vorsitzender des Hauptausschusses des Österreichischen Alpenvereines. Dem Hauptausschuß und dem wissenschaftlichen Unterausschuß des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines hatte er auch schon in früheren Jahren angehört.
Dem Bergsteiger und hervorragenden Wissenschaftler Heinrich von Ficker wird der Österreichische Alpenverein und mit ihm die Sektion Edelweiß stets ein ehrendes Andenken bewahren!
Dr. Erik Arnberger
Quelle: Edelweiss Nachrichten 1957, 11. Jahrgang, Folge 9, Seite 60

Quelle: Mitteilungen des DAV 1957, Seite 93
Quelle: Mitteilungen des DAV 1957, Seite 108
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1958, Folge , Seite 23 f

Geboren am:
22.11.1881
Gestorben am:
29.04.1957

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