Hohenleitner Fridolin
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Biografie:
Turmhoch loderte in den Augusttagen 1914 die nationale Begeisterung. Alles atmete erleichtert auf, als endlich einmal die Entscheidung gefallen war. Angst vor dem Feinde ist dem Deutschen ja ein unbekanntes Gefühl und wir mußten uns einig mit unserem Mutterlande, dem deutschen Reiche. Nicht für Dynastenruhm und -größe zogen wir hinaus, sondern für des deutschen Volkes Ehr und Bestand. Unsere zahlreiche Klubgemeinde war wie vom Sturmwind hinweggefegt, jeder, auch der Nichtgediente, drängte zu den Waffen, und blasser Neid stand in den Augen jener, denen es nicht gelungen war, mit den Feldkompagnien abzugehen.
Der kühne Wagemut, den unsere Klübler so oft in den Bergen geprobt und gestärkt hatten, ließ keinem eher Rast noch Ruh', bis er nicht in den vordersten Reihen stand. Krasse Unfähigkeit der höheren Führung und wohl auch der Gedanke, daß der Krieg, wie weiland alle anderen, die Österreich führte, bald sein Ende finden würde, ließ die Rücksicht auf das Menschenmaterial vollständig außeracht. Schon die ersten Kämpfe schlugen uns Wunden, die nicht wieder gut zu machen waren. Hohenleitner, der damals bei Lemberg stand, blieb mit einem kleinen Häuflein unversehrt. Bei Tarnov, wo die Reste des Kaiserjägerregimentes Nr. 1 sich sammelten, saßen wir manche Stunde zusammen und tauschten, umgeben von galizischen Dreck, Gedanken an Zeiten, die wir gemeinsam auf freier, lichter Höhe verbracht hatten. Aber lange dauerten diese träumerischen Mußestunden nicht; mit frisch aufgefüllten verbänden ging's vor und zurück durch Galizien, bis in den letzten Novembertagen der Kaiserjägertod Hohenleitner in die Schranken forderte. Seit den mörderischen Kämpfen am 23. November 1914 bei Prowowice nordwestlich von Krakau blieb er verschollen. Wohl klammerten wir uns an eine Nachricht, er sei im Getümmel niedergeschlagen und gefangen abgeführt worden, aber der Fund von Fridolins Briefschaften in einem, mit Kaiserjägerleichen gefüllten Graben machte auch diese schwache Hoffnung zuschanden.
Hohenleitner war im Sommer 1904 in den Klub eingetreten. Sein reger Geist litt ihn aber nicht lange in Innsbruck; er besuchte die Hochschulen in München, Wien und Graz. woselbst er knapp vor Ausbruch des Krieges seine Studien als Bau-Ingenieur beendete. Wo immer Fridolin hin kam, befruchtete er mit seinen ehrlichen, fröhlichen Wesen seine Umgebung und bildete deren alpine Triebfeder. In einer Zeit, in der sich das alpine Seckentum und Modestürmerei schon stark bemerkbar machten, verfocht er erfolgreich die alte Auffassung über Alpinismus und war richtunggebend für jene Epoche der Klubentwicklung. frei von jeder Einseitigkeit durchstreifte er kreuz und quer, mit einer besonderen Vorliebe für gemischte Touren, und abseits der Heeresstraßen die Alpen und ward der Lehrmeister für zahlreiche Jünger der Berge. Über seine alpinen Fähigkeiten gibt es nur ein Urteil: er zählte zu den Besten. Seine Schweizer Touren und die lange Reihe von Erstersteigungen, die in Hörtnagl's Monografien als wahrscheinlich undurchführbar bezeichnet sind, bezeugen dies zur Genüge.
Einer der wertvollsten Menschen weilt nicht mehr unter uns, eine Gestalt, die das Programm des Klubs verkörperte. Aber sein Geist ist rege, der Same, den er gelegt, gedeiht. Die Ideale, die unsere Besten gefordert haben, und die Mittel, diese zu erreichen, sind tiefer in unsere Selle gebrannt. Dies ist unser Gedanke.
Fiducit!
Sepp Plattner
Quelle: Kriegsjahresbericht über die Klubjahre 1914 bis 1919 des Akademischer Alpenklub Innsbruck 1919, Seite 13-14;
Gestorben am:
23.11.1914
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