Mayr Adolf
(
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Biografie:
geboren in
abgestürzt in der Eiger Nordwand (Schweiz)
Quelle: Der Bergkamerad 1961/62, Seite 102
Adolf Mayr
* 19. April 1939, (+) 28. August 1961
Am 28. August 1961 verunglückte Adi Mayr, erst 22 Jahre alt, im Alleingang an der Eiger-Nordwand. Auf der Rückreise von einer Norwegenkletterfahrt trennte er sich von seinen Kameraden in Frankfurt/M. und fuhr direkt, ohne sein Vorhaben anzudeuten, nach Grindelwald. Nur ein Schweizer Bekannter (Hofer) sowie Kaspar von Allmen auf der Kleinen Scheidegg wußten von seinem Plan, die Eigerwand im Alleingang zu versuchen.
Die Eigerwand war wohl in diesem Sommer von verschiedenen Seilschaften belagert worden, doch verhinderten die schlechten Bergverhältnisse jeden ernsteren Versuch. Erst gegen Ende August schien sich eine entscheidende Wendung anzubahnen. Sonntag, den 27. August, stieg Mayr um 3 Uhr früh bei günstigen Verhältnissen in die große Wand ein und kam sehr rasch voran, wie man beobachten konnte. Bereits am frühen Nachmittag passierte er den „Hinterstoißer-Quergang“, dann das 1. und 2. Eisfeld und traf schon um 15 Uhr am „Bügeleisen" ein. Hier richtete er sich zum Biwak ein, offensichtlich in der Überlegung, dadurch dem starken Steinschlag um diese Zeit am 3. Eisfelde auszuweichen. Das gewagte Unternehmen schien unter einem guten Stern zu stehen, und selbst Schweizer Alpinexperten gaben Mayr reelle Chancen. Durch ein vereinbartes Leuchtzeichen um 21 Uhr bekundete Mayr seinen Freunden auf der Kleinen Scheidegg, daß alles in Ordnung und er wohlauf sei.
Um 5 Uhr früh, es war ein prachtvoller Morgen, setzte Mayr den Aufstieg fort, überquerte das sehr steile 3. Eisfeld in harter Stufenarbeit und stieg in die „Rampe" ein. Damit hatte Mayr das objektiv gefährlichste Wandstück hinter sich — eine hervorragende Leistung! — , und es war zu erwarten, daß er gegen Mittag den Gipfel erreichen werde. Trotzdem Mayr offensichtlich langsamer vorankam als am Vortage, traf man auf Scheidegg bereits Vorsorgen, um ihn am Gipfel zu empfangen. Um 8 Uhr 15 mußten die Beobachter mit Entsetzen sehen, wie Mayr ausglitt und in die Tiefe stürzte. Am 3. September wurde Mayr in seinem Geburtsorte Pfarrkirchen (O. -Ö.) unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragen.
Es ist heute müßig, darüber nachzugrübeln, ob ein Schwächeanfall infolge gesundheitlicher Störung — eine nicht unbegründete Vermutung! — die Ursache des tragischen Geschickes war oder etwas anderes. Der kühne Vorstoß Mayrs als Alleingänger ist eine Parallele zu den verschiedenen Stufen der Erstbegehungsversuche, welche die Geschichte dieser berühmten Wand der Alpen schrieb. Manche Versuche kühner Alleingeher aus früheren Jahren (z. B. Hans Wörndl) sind bis zur Hinterstoißer-Traverse gediehen, doch die Zeit war damals offensichtlich noch nicht reif für ein solches Unternehmen in seiner Gesamtheit. Inzwischen bezwang allerdings ein Alleingänger (Bonatti) sogar den gewaltigen Südwestpfeiler der Aig. Petit Dru als Erstbegeher, und eine neue wagemutige Jugend sah die Eigerwand in anderer Perspektive als ihre Vorgänger. Adi Mayr wagte den Schritt, doch sein Stern verlosch im Dunkel der Wand.
Schon mit 17 Jahren unternahm Adi Mayr im Toten Gebirge, das seiner Heimatstadt am nächsten lag, vielfach alleingehend, zahlreiche Kletterfahrten. Besonders beachtenswert ist u. a. die vollständige Überschreitung des langen Grates vom Kleinen zum Großen Priel mit Erich Krennmayr. Aber erst in Matrei/Brenner, seinem Berufsorte (Tiwag), fand er den richtigen Gefährten, Franz Hörtnagl, mit dem er nun im Zillertal und Stubai viele bedeutende Fels- und Eistouren unternahm. Es sei nur u. a. erinnert an Goldkappl-Nordwand, 4. Beg., Sonnenstein-Ostwand, 1. Beg., zugleich 1. Winterbegehung, Serles-Nordostgrat, 2. Wint.-Beg., Riepenspitze-Nordwestwand, Eisenspitze-Westwand, Hochfeiler-Nordwand, Hochferner über Grieskees, Möseler-Nordwestwand, Fußstein-Nordwestwand, Brankowski, 5. und 8. Beg. Der Wilde Kaiser, der Wetterstein und die Dolomiten ziehen Adi Mayr ebenfalls in ihren Bann, und erwähnen wir vor allem die Alleinbegehungen der Totenkirchl-Westwand, Dülferweg und Schüsselkarspitze-Südwand.
Im Bergrettungsdienst war Mayr einer der Eifrigsten, die jederzeit zur Stelle sind, wenn es gilt, Menschenleben zu retten.
Als er im Wallis keinen Begleiter fand, ging er kurz entschlossen allein auf das Matterhorn (Zmutt-Hörnligrat), ferner Zinalrothom über Rothorngrat und Weißhorn-Ostgrat. Im Berner Oberland gelang Mayr u. a. mit dem bekannten Münchner Eisgeher Werner Groß die vollständige Gratüberschreitung Schreckhorn-Lauteraarhorn und die Studerhorn-Nordwand (5. Beg.).
Das Jahr 1959 bringt Adi Mayr und Franz Hörtnagl — von der H. G. „Bergland" der Sekt. Wien entsendet — nach Norwegen zu einem mehrwöchigen Freundschaftsbesuch. Gemeinsam mit dem ausgezeichneten Felsgeher Ralph Höibakk gelangen in der großartigen Bergwelt von Innerdalen und Romsdalen mehrere hervorragende Neutouren, wie z. B. Skarfjell-Südpfeiler, Ostpfeiler („Vogelkante"), Ostwand („Olafswand"), Dalatarnet-Nordwestkante, Romsdalshom, direkte Westwand, um nur einiges zu nennen.
Der Aufbau einer neuen beruflichen Existenz, die seiner Tatkraft ein erfolgreiches Tätigkeitsfeld bot, zog Adi Mayr vorübergehend aus seiner alpinen Laufbahn.
1961 jedoch setzte sich Adi Mayr wieder bedeutende alpine Ziele und begann daher schon im Frühjahr mit Kletterfahrten im Wilden Kaiser sowie Karwendel, zum Teil in Begleitung von Toni Hiebeler und Heinz Pokorski. Dann folgten Eistouren im Alleingang, wie z. B. die Pallavicinirinne am Großglockner (nur 1 Stunde!), Gr. -Wiesbachhorn-Nordwestwand und Eiskögele-Nordwand. Mit den „Bergland" -Kameraden Almberger,
Moosbrugger und Stüklschweiger fuhr er im Sommer neuerdings nach Norwegen (Romsdalen, Lofoten), doch das schlechte Wetter machte einen Strich durch hochfliegende Pläne. Dann führte ihn sein Weg zur Eigerwand, in der sich seih Schicksal erfüllte.Der OAK wird seinem jungen Kameraden Adi Mayr ein immerwährendes Andenken bewahren.
N. B.
Quelle: Österr. Alpenzeitung 1962, Seite 44 f
Quelle: Der Bergkamerad 1961/62, Seite 14 ff
Geboren am:
19.04.1939
Gestorben am:
28.08.1961
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