Awerzger Arnold
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Biografie:
geboren in Radenthein (Östererich)
gestorben in Radenthein (Österreich)
1929 bis 1932 als Skilehrer am Arthurhaus (Hochkönig).
1931 - Erste Winterersteigung des Großen Gamsleitenkopf (Manndlwände)
1931 - Winterliche Kletterfahrten in den Manndlwänden mit Erwin Schneider (Hall in Tirol).
Erste Begehung der Nordostwand am Großen Bratschenkopf mit Richard Gerin und Roman Szalay am 6. Juli 1931.
Besteigung des Hochstellkopfes von Süden auf teilweise neuem Wege.
1936 - Zwei vergebliche Gipfelangriffe auf den Nevado Yerupaja (6634m - Cordillera Huayhuash) mit Erwin Schneider.
Quelle: Archiv Proksch (Österr. Alpenklub)
Arnold Awerzger
* 27. März 1907 - (+) 27. August 1976
Dipl.-Ing. Arnold Awerzger wurde am 27. 3. 1907 in Radenthein in Kärnten geboren. Dort ging er in die Volks- und Hauptschule, und bereits mit 16 Jahren kam er nach Mühlbach am Hochkönig, wo er im Mitterberger Kupferbergbau als Förderer, Lehrhauer, Abbauhauer und zuletzt als Markscheidergehilfe tätig war. Um diese Zeit sind wir erstmals zusammengetroffen: Ich war Praktikant im Bergbau, und als ?Baraber im Emilstollen" war ich sein Kamerad. Schon damals fiel mir bei Gesprächen sein nach innen gekehrtes Wesen auf, was er, meines Wissens, sein Leben lang behielt. Heute bezeichnet man dieses als ?introvertiert"; es waren Ausnahmen, und dann immer nur für kurze Zeit, daß er sich daraus lösen konnte. Vielleicht hatte er eine schwere Jugend ? er hat nie davon gesprochen.
Damals war Awerzger nur Schiläufer, was er, wie ich mich deutlich erinnern kann, ausgezeichnet beherrschte. Sein sauberes, technisch einwandfreies Fahren ist mir gut im Gedächtnis geblieben. Aber zum Bergsteigen und Klettern war er nicht zu bewegen, diese Art der Fortbewegung hat ihn überhaupt nicht interessiert. Einige Male habe ich vergeblich versucht, ihn als Begleiter zu gewinnen. Später hat es ihm sehr leid getan, und das war vielleicht der Grund, daß wir wieder zusammenkamen. Er hat es mir einmal in einem Brief geschrieben, das wird aber zu einer Zeit gewesen sein, wo er bereits Bergsteiger wurde.
Die Wirtschaftskrise muß ihn wohl bewogen haben, sein Glück als Schilehrer zu versuchen, jedenfalls war er von 1929 bis 1932 Schilehrer im Arturhaus am Hochkönig.
Irgendwann in dieser Zeit muß er sowohl die Schilehrer- als auch die Bergführerprüfung mit Erfolg bestanden haben. Sein technisch sehr sauberes Fahren ließ ihn bei den Schilehrerkursen auffallen, sonst hätte ihn nicht Hannes Schneider von 1932 bis 1939 als Schilehrer nach St. Christoph am Arlberg geholt. Um Ostern muß ich ihn einmal in Mitterberg, wie damals das Arturhaus hieß, besucht haben, denn ich las mit Erstaunen in seinem Aufnahmegesuch in den ÖAK vom September 1932 ? das abgelehnt wurde ?, daß Awerzger mit mir am 12. April 1931 die erste Winterersteigung des Großen Gamsleitenkopfes in der Manndlwand gemacht hat.
Seine Begleiter in dieser Zeit waren vor allem Richard Gerin, Roman Szalay und Peter Radacher. Die Berggebiete, die er, meist im Winter und als Schiführer, besuchte, waren der Hochkönig, das Dachsteingebiet, die Hohen Tauern, die Ötztaler Alpen und die Silvretta. In dieser Zeit hat er ? bezogen nur auf das Hochköniggebiet - 21 Erstersteigungen, hauptsächlich in der Manndlwand und die meisten mit Gerin und Szalay, durchgeführt. In einem Zusatzgesuch um Aufnahme in den ÖAK vom Herbst 1932 gibt er noch vier Erstersteigungen in der Glocknergruppe an ? wieder mit Gerin und, teilweise, mit Szalay ?, darunter den Großglockner über den Südwestgrat. Ich kenne nicht den Eintritt in den ÖAK, ich hoffe aber, daß dieses für die Aufnahme genügt hat.
In St. Christoph habe ich Awerzger einige Male getroffen, meist im Spätwinter. Er ließ mich bei seinen Führungstouren mitgehen. Damals gab es nur die Galzigbahn, alles übrige mußte man zu Fuß bergauf. Zürs gab es schon am Rande, Lech war weitgehend unbekannt, es waren die Zeiten, in denen Kalterberg und Valluga-Paziel als die Krönung der Arlberger Schitouren galten.
Die Nördliche Cordillera Blanca in Peru hatten wir ? nach Miß Annie S. Peck 1932 wiederentdeckt. Nun wollten wir die Südliche Blanca bereisen. Zur Vorbereitung sind Awerzger und ich 1935 in die Westalpen gefahren. Die Erinnerung daran haftet vor allem an einem schweren Sturz in einer Sandkurve des Furkapasses. Awerzger fuhr damals eine schwere Scott-Colonial-Maschine, die er heiß liebte. Leider weiß ich nicht mehr alles, was wir damals gemacht haben, es waren aber sicher dabei: Palü-Bumillergrat, Lötschentaler-Breithorn-Ost-West-Überschreitung, Dom-Täschhorn, Dent Blanche, Viereselgrat, Obergabelhorn-Südost-Südwest-Grat, Zinalrothorn über den ganzen Südgrat und das Breithorn über die Nordwestwand. 1936 fuhren wir dann nach Südamerika, mit einem Tankschiff in drei Wochen, zusammen mit Hans Kinzl. Wir haben die südliche Cordillera Blanca, die südliche Cordillera Negra und die noch weiter im Süden liegende Cordillera de Huayhuash bereist und vermessen. Awerzger war durch seine Vorbildung als Markscheidergehilfe, durch seinen Verstand und durch seine rasche Auffassungsgabe ein ausgezeichneter Mitarbeiter. Von kleineren Fünftausendern abgesehen, hat Awerzger in diesen Monaten folgende reine Bergfahrten gemacht:
1: Nevado Champará, 5749 m, über den Westgrat;
2: Quitaraju, 6100 m, über Nordflanke und Westgrat;
3: Versuch am Nevado Santa Cruz, 6259 m, Nordgrat bis etwa 6000 m;
4: Versuch am Yerupajá, 6634 m, Südgrat bis etwa 6100 m;
5: Nevado Siulá, 6356 m, über den Nordgrat;
6: Nevada Yerupajá, 6634 m, Westwand der Westschulter bis kurz unter den höchsten Punkt dieser Schulter.
Was mir in Erinnerung blieb, ist die ungetrübte Zusammenarbeit durch Monate. Der Gipfel des Quitaraju, weil es der seltene Fall war, daß wir über den Wolken das ganze Gebirge sahen; der Champará, über fast unzugängliche Schluchten, der uns vorher zweimal scheitern ließ, und der Siulá, an dem wir einen großen Teil des Grates in der Randkluft zwischen festem Firn und den größten Wächten, die wir je gesehen haben, ?bergmännisch unter Tage" bewältigten. Und auch die Westwand der Yerupajá-Westschulter ist mir unvergeßlich: Bei geradezu sagenhaften Verhältnissen stiegen wir in der Nacht die steile Wand, in der nur die Steigeisenzacken griffen, ganz schnell zum Grat bis kurz unter den höchsten Punkt ? dort mußten wir aus technischen Gründen umkehren. Es war das traumhafte Erlebnis der Nacht, wo alles unwirklich schien, der Blick aus der Wand in die dunklen Täler und ganz tief unter uns, fast senkrecht, die Zelte in der Scharte ...
Im Anschluß an die Unternehmung nach Peru konnte Awerzger ? mit einer Befürwortung von H. Kinzl ? die Reifeprüfung in München ablegen. Von 1939 bis 1942 studierte er an der Montanistischen Hochschule in Leoben, mindestens aber ein Semester an der Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg. Damals erzählte er mir, daß er noch nie so gefroren hätte, wie im Winter in den Straßen der Großstadt. Den Abschluß als Diplomingenieur machte Awerzger 1942 in Leoben.
Von 1942 bis 1945 machte er die Militärausbildung, später wurde er als Sonderführer im Erdöl eingesetzt, erst in Hannover, zuletzt in Neusiedl. Ab 1945 trat er in die Dienste der ÖAMAG in seiner Heimat Radenthein, wo er sieben Jahre Bergbaubetriebsleiter auf der Millstätter Alpe war. Er wurde Oberingenieur, dann Prokurist und schließlich Bergbaubevollmächtigter für alle Bergbaubetriebe der ÖAMAG.
In dieser Zeit holte er mich einige Male für photogrammetrische Vermessungsarbeiten in seine Betriebe, da er die Güte und Schnelligkeit dieser Methode von Peru her kannte. So hat er mir die ersten Vermessungsarbeiten nach 1945 beschafft. Wir sprachen manchmal davon, zusammen wenigstens noch einmal Schifahren zu gehen, aber es ist nicht dazu gekommen. Seine Freizeit galt jetzt der Jagd und der Fischerei; ein ausgezeichneter Lichtbildner war er immer, Im Buch über die Cordillera Blanca ist z. B. das Bild ?Condor" von ihm. Er arbeitete auch als Gutachter, nicht nur in Österreich, und sein besonderes Interesse galt schönen und seltenen Mineralien. Nach 25 Jahren trat er
in den Ruhestand und wohnte weiter in Radenthein. Dort habe ich ihn bei einem kurzen Besuch das letzte Mal gesehen. Er starb am 27. August 1976 und wurde in Radenthein in seiner Heimat begraben.
Awerzger hatte ein erfülltes Leben. Er war zielstrebig, alles, was er erreichte, kam aus eigenem Antrieb und eigener Kraft, es wurde ihm wahrscheinlich nichts geschenkt. Von seinem Bergsteigerleben, das er einige Jahre sehr heftig betrieb, weiß ich fast nichts, wir haben nie darüber gesprochen, besser, er hat mir nie davon erzählt. Auch hat er nie darüber geschrieben. So sind die Daten, die sich auf das Bergsteigen in seinem Leben beziehen und die hier angeführt sind, eher zufällig. In den tropischen Hochgebirgen der Cordillera Blanca und der Cordillera de Huayhuash war er einer der ersten Bergsteiger und Entdecker. So wird der Name meines Freundes Arnold auch später noch bei der Erschließung der Weltberge aufscheinen.
Erwin Schneider
Quelle: Österreichische Alpenzeitung 1978, Juli/August, Folge 1420, Seite 69-71
Geboren am:
27.03.1907
Gestorben am:
27.08.1976
Erste Route-Begehung