Lorenz Albert
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Biografie:
gestorben in Galtür (Österreich)
Die Bergführerfamilie Lorenz in Galtür - Zum Tode von Albert Lorenz 1962.
Als Mitte Februar des Jahres 1962 nach den großen Neuschneefällen das Tiroler Paznauntal wegen Lawinengefahr gesperrt war, wurde in Galtür zu Füßen der Silvretta der am 15. Februar verstorbene Altbergführer und Führerobmann Albert Lorenz, Land- und Gastwirt vom „Paznauner Hof“ zu Galtür, in aller Stille zu Grabe getragen. Kaum daß die Trauerkunde aus dem Tal hinausdrang, geschweige denn, daß dem Toten von seinen vielen Freunden das letzte Geleite gewährt werden konnte. Denn weit über die Gemeinde Galtür und die Talschaft Paznaun hinaus waren Albert Lorenz gar viele Bergfreunde verbunden und verpflichtet, vor allem aber der Alpenverein. War Albert doch jahrzehntelang Pächter der Jamtalhütte, der ältesten AV-Hütte in der Silvretta, die jetzt von seinem Sohn Franz im gleichguten Geiste betreut wird. Und wurde doch auch die Wiesbadener Hütte von seinem viel zu früh verstorbenen Sohn Edmund bewirtschaftet, so wie sie auch nach dessen Tod weiterhin von seiner Witwe, Frau Berta Lorenz, bewirtschaftet ‚wird.
Albert Lorenz hat sich aber auch als Berg- und Skiführer einen großen Namen gemacht. Er kannte die Ost- und Westalpen und hat als Führer von Dr. W. R. Rickmers, des bekannten Asienforschers, 1906 in Turkestan eine ganze Anzahl Berge von 4000 bis 6000 m Höhe bestiegen. Noch der 82jährige Rickmers schickte 1955 „seinem lieben Albert” in alter Treue herzlichste Weihnachtswünsche. Albert war aber auch ein Skipionier der Silvrettagruppe; schon um 1900 führte er Skitouren in dieses Gebiet, wobei ihm die geführten Touristen die besten Zeugnisse ausstellten. Mit Albert ist der letzte der sechs Brüder der zweiten Führergeneration Lorenz gestorben. Es scheint daher wohl begründet, diesem angesehenen Bergführergeschlecht jetzt einige Worte des Gedenkens zu widmen.
Das walserische Geschlecht der Lorenz ist als reichverzweigte Bergführerfamilie in Galtür nunmehr in der dritten Generation bekannt, lebt aber vermutlich seit der Besiedlung Galtürs durch Walliser Neusiedler im 14. Jahrhundert an diesem Ort, der zweifellos ursprünglich durch Rätoromanen aus dem Unterengadin gegründet worden war. (Näheres über diese romanische Siedlungsgeschichte Galtürs findet der interessierte Leser in meinem „Silvrettabuch", 5. Aufl. 1951, Seite 35-47.)
Begründer der Bergführerfamilien Lorenz aber waren die Brüder Gottlieb und Ignaz, zur Unterscheidung „der Ältere" genannt, weil einer der Söhne Gottliebs auch wieder Ignaz getauft wurde. Wie alle Lorenz waren sie ursprünglich nur Bergbauern und vor allem Viehzüchter, als welche die Walser höchsten Ruf genießen. Die Lorenz, ihr Stammgeschlecht, saßen gar auf dem obersten Berghof im Paznaun, in der Galtürer Parzelle Wirl, gegenüber dem Eingang ins Kleinvermunt und am Fuß der Ballunspitze des Wahrzeichens von Galtür, weshalb der Berghof und seine Besitzer auch den treffenden und ehrenwerten Übernamen „Balluner" bis zum heutigen Tage bewahrt haben. Mit dem vermehrten Aufkommen des Bergsteigens in der klassischen Zeit des Alpinismus, also vor allem zwischen 1850 und 1900, ergab es sich ganz von selbst, daß bergkundige Bauern, Hirten und Jäger, sich als Bergführer zur Verfügung stellten und schließlich „autorisiert" wurden, d. h. die amtliche Berechtigung zur Ausübung dieses Berufes erhielten. Die beiden Balluner Gottlieb und Ignaz wurden so schon 1882, also verhältnismäßig früh, autorisiert. Sie erwarben sich bald großen Ruf als vortreffliche Führer und Alpenkenner. Die besten Führertouristen jener Zeit haben sie sogar ins Wallis und Berner Oberland, ja bis in die Dauphiné mitgenommen. Aber in erster Linie waren sie natürlich an der Erschließung der Silvretta und vornehmlich der Jamtalumrahmung maßgeblich beteiligt, wo sie zahlreiche Erstbesteigungen und Neutouren ausführten, so an den Fluchthörnern, deren erste Gesamtüberschreitung sie auch führten, ferner am Augstenberg, Dreiländerspitze, den Satzgräten usw.
Als dann die ersten AV-Hütten in der Silvretta entstanden, übernahmen die Balluner deren Bewirtschaftung, so der schon 1882 eröffneten Jamtalhütte und später der Wiesbadener Hütte.
Der eigentliche Begründer der Bergführerfamilie aber wurde Gottlieb Lorenz, 1844-1911, der die Jamtalhütte bewirtschaftete. Von seinen sechs Söhnen, deren einer, Benedikt, im. Ersten Weltkrieg verschollen ist, haben sich vor allem drei einen großen Namen als Bergführer und Hüttenpächter des Alpenvereins in der Silvretta gemacht; Albert, Ignaz der Jüngere und Josef. Alle drei sind, zusammen mit dem Vater Gottlieb, auf dem seltenen Bild aus dem Jahre 1908 abgebildet. Albert übernahm nicht nur die Jamtalhütte von seinem Vater, sondern — seiner großen Tüchtigkeit und Vertrauenswürdigkeit wegen — auch die Wiesbadener Hütte und das Madlenerhaus, die er aber an seine Brüder Josef und Ignaz weitergab. Josef wurde später als Gastwirt und Besitzer auf dem Gasthof Zeinisjoch besonders auch durch die Skifahrer weitum bekannt. Und der Naz wirtete über 50 Jahre auf dem MadIenerhaus, das heute noch von seiner Tochter Irma und deren Mann, der Familie Niedermaier, bewirtschaftet wird. Zum Andenken an Edmund Lorenz haben wir den von ihm geschaffenen schönen Höhenweg von der Wiesbadener Hütte zum Radsattel „Edmund-Lorenz-Weg" benannt.
Die Tüchtigkeit dieser Männer wie auch der Söhne Albert, Franz und Edmund wird durch nichts besser bezeugt als durch die Tatsache, daß es in den Zeiträumen, da sie die genannten drei Silvrettahütten bewirtschafteten oder noch betreuen, niemals eine ernste oder begründete Beschwerde über die Bewirtschaftung dieser Hütten gegeben hat, obgleich deren häufige Überfüllung und ihre zeitweise Überalterung die Bewirtschaftung äußerst schwierig gestalten. Wir hoffen gerne, daß der gute Geist dieser braven Balluner auch in ihren Nachkommen fortlebt, zu Nutz und Frommen der vielen Alpenfreunde, welche diese prächtige Bergwelt gerne besuchen.Walther Flaig, Bludenz
Quelle: Der Bergsteiger 1961-62, Heft 10 Juli, Seite 681-683
Quelle: Mitteilungen des ÖAV 1962, Seite 50
1904 1.Beg.Fluchthorn Hauptgipfel-Südostgrat,II-III,3393m, (Silvretta)
1905 1.Beg.Fluchthorn-Südgipfel-Südostgrat,3399m, (Silvretta)
1910 1.Beg.Gemsspitze-Südwestgrat,3114m, (Silvretta)
Gestorben am:
15.02.1962
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